Änderungen im chinesischen Gesellschaftsrecht und ihre Auswirkungen auf Unternehmen mit ausländischen Gesellschaftern
Am 1. März 2014 ist die neueste Gesetzesnovelle zum chinesischen Gesellschaftsrecht in Kraft getreten, die neben branchenspezifischen Spezialregelungen (z. B. betreffend Finanzinstitute, Wertpapierunternehmen, Versicherungsunternehmen) erhebliche Erleichterungen für Unternehmensgründungen mit sich bringt.
Im Folgenden werden die wesentlichen Änderungen der Novelle im Überblick dargestellt:
- Das Erfordernis eines Mindeststammkapitals für Gesellschaften (30.000 Yuan bei einer GmbH, 100.000 Yuan bei einer Einmann-GmbH und 5 Mio. Yuan bei einer Aktiengesellschaft) wurde aufgehoben, so dass Gesellschafter nun frei die Höhe des Stammkapitals bestimmen können.
- Abgeschafft ist auch das Erfordernis einer Mindestersteinzahlung in Höhe von 20% des Stammkapitals nach Ausstellung der Geschäftslizenz.
- Nicht mehr erforderlich ist zudem, mindestens 30% des registrierten Stammkapitals in Bargeld einzubringen. Insgesamt besteht dadurch mehr Flexibilität, so dass nun vermehrt die Einbringung von immateriellen Rechten und Sacheinlagen in Betracht kommen dürfte.
- Weggefallen ist schließlich auch das frühere Erfordernis, das gesamte Stammkapital innerhalb von zwei Jahren (bei Kapitalanlagegesellschaft innerhalb von fünf Jahren) einzuzahlen.
Für chinesische Gesellschaften mit ausländischen Gesellschaftern greifen neben dem allgemeinem Gesellschaftsgesetz auch eine Reihe von Spezialgesetzen wie z.B. Law of the People’s Republic of China on Chinese-Foreign Equity Joint Ventures, Law on Wholly Foreign-Owned Enterprises und Law of the People’s Republic of China on Chinese-Foreign Contractual Joint Ventures. Diese Spezialgesetze stehen zum Teil im Widerspruch zu den Neuregelungen der Novelle, insbesondere im Hinblick auf die Höhe des Stammkapitals und der Art der Erbringung des Stammkapitals. Ob die Novellenregelungen nun auch für Gesellschaften mit ausländischen Gesellschaftern gelten, ist im Einzelnen noch offen.
Eine vergleichbare Situation bestand bereits bei den vorangegangenen Änderungen des Gesellschaftsgesetzes, die im Jahr 2005 erlassen wurden und am 1. Januar 2006 in Kraft getreten waren. Das Problem wurde damals dadurch gelöst, dass die staatliche Behörde für Industrie & Handel (SAIC), das Handelsministerium (MOFCOM), die Generale Zollverwaltung (GAC) und die staatliche Devisenverwaltung (SAFE) im April 2006 eine gemeinsame Richtlinie zur Klärung der Widersprüche erlassen hatten. Es ist zu erwarten, dass nun wieder dieser Weg eingeschlagen wird.
Obwohl der Gesetzgeber die spezielleren Vorschriften für Gesellschaften mit ausländischen Gesellschaftern noch nicht an die jüngsten Änderungen des allgemeinen Gesellschaftsgesetz angepasst hat, ist davon auszugehen, dass das geänderte allgemeine Gesellschaftsgesetz auf diese ausländischen Gesellschaften Anwendung findet, so dass auch deren Gründung merklich erleichtert werden sollte. Im Einzelnen dürfte die Anwendbarkeit der neuen Regelungen bis auf Weiteres aber noch von den Umständen des Einzelfalls wie Investitionssumme, Unternehmensgegenstand und Gründungsort der ausländischen Tochter abhängig sein und sollte mit den Genehmigungsbehörden vorab besprochen werden.
Dr. Jia Ding, LL.M. (Tübingen), Juristische Mitarbeiterin, China Desk