Alles auf Anfang? – Bundestag verabschiedet neue Regelungen zur Besteuerung von Sanierungserträgen
Mit Beschluss vom 28. November 2016 kippte der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) die im sogenannten Sanierungserlass des Bundesfinanzministeriums (BMF) vorgesehene Steuerbegünstigung von Sanierungsgewinnen. Der Gesetzgeber hat zügig auf den Aufruf der Sanierungspraxis nach einer gesetzlichen Klarstellung reagiert und neue Regelungen für die Besteuerung von Sanierungsgewinnen verabschiedet.
1. Hintergrund
Der Beschluss des BFH sorgte für Unmut in der Sanierungspraxis. Es stand zu befürchten, dass durch die Besteuerung von Sanierungsgewinnen der Forderungsverzicht als Instrument einer Unternehmenssanierung verloren geht und damit Sanierungen von notleidenden Unternehmen erheblich erschwert werden würden. Der Gesetzgeber hat die Sorge der Praxis aufgegriffen und in seinen Entwurf eines Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassung Regelungen zur Besteuerung von Sanierungsgewinnen integriert.
2. Die wesentlichen Inhalte des Gesetzesentwurfs
Das Gesetz schafft in § 3a EStG neue Regelungen zur Besteuerung von Sanierungserträgen. Nach § 3a Abs. 1 EStG n.F. sind Betriebsvermögensmehrungen oder Betriebseinnahmen aus einem Schuldenerlass zum Zwecke einer unternehmensbezogenen Sanierung steuerfrei. Eine unternehmensbezogene Sanierung liegt nach § 3a Abs. 2 EStG n.F. vor, wenn der Steuerpflichtige für den Zeitraum des Schuldenerlasses die Sanierungsbedürftigkeit und die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, die Sanierungseignung des betrieblich begründeten Schuldenerlasses und die Sanierungsabsicht der Gläubiger nachweist. Damit greift der Gesetzgeber grundsätzlich auf die Voraussetzungen zurück, nach denen bereits nach dem sogenannten Sanierungserlass des BMF eine steuerliche Privilegierung von Sanierungserträgen zu gewähren war. Die Steuerbefreiung wird jedoch an die weiteren Voraussetzungen geknüpft, dass der Schuldenerlass aus betrieblichen Gründen gewährt wird und der Steuerpflichtige im Sanierungsjahr und im Folgejahr die bestehenden steuerlichen Wahlrechte steuermindernd ausübt. Zudem enthält die Regelung Einschränkungen hinsichtlich der Verlustnutzung. Insbesondere sollen alle nicht genutzten und verbleibenden Verlustvorträge entfallen. Für die Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer sehen die § 9 KStG n.F. und § 7b GewStG n.F. eine entsprechende Anwendung des § 3a EStG n.F. vor.
Die neuen Regelungen sind nach § 52 Abs. 4a EStG n.F. erstmals auf Fälle anzuwenden, in denen die Schulden ganz oder teilweise nach dem 08. Februar 2017 (Tag der Veröffentlichung der Entscheidung des BFH) erlassen wurden. Für Fälle, in denen der Schuldenerlass bereits vor diesem Datum erfolgte, soll nach einem Schreiben des BMF vom 27. April 2017 der Sanierungserlass aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin anwendbar bleiben.
Wegen der Gefahr eines Verstoßes gegen Europarecht, treten die neuen Regelungen zur Besteuerung von Sanierungserträgen erst in Kraft, wenn die Europäische Kommission durch Beschluss feststellt, dass die Regelungen entweder keine staatliche Beihilfe oder mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilfen im Sinne des Unionsrechts darstellen.
3. Auswirkungen für die Praxis
Der Gesetzgeber gießt die bis zur Entscheidung des BFH bestehende Verwaltungspraxis zur Besteuerung von Sanierungsgewinnen, wie sie der Sanierungserlass des BMF vorgab, in Gesetzesform. Er erhöht die Rechtssicherheit für Unternehmen in Sanierungsprozessen, da die Steuerbefreiung ohne Ermessensspielraum seitens der Finanzverwaltung zu gewähren ist. In Unternehmenskrisen bleibt der Forderungserlass von Gläubigern damit ein attraktives Instrument zur Sanierung des Unternehmens.
(Entwurf eines Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassung)
(BMF-Schreiben vom 27.04.2017 – IV C 6 – S 2140/13/10003)
Uli Schmidt, Rechtsanwalt
München
Lars-Olaf Leskovar, LL.M., Rechtsanwalt
Frankfurt am Main