Corona beschleunigt AWG-Novelle – Strenge Prüfung ausländischer Investitionen
Im Lichte der Corona-Krise hat das Deutsche Bundeskabinett am Mittwoch, dem 8. April 2020, früher als ursprünglich geplant einen von Bundeswirtschaftsminister Altmaier vorgelegten Gesetzesentwurf zur Novellierung des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) beschlossen und damit den Weg für das parlamentarische Verfahren freigemacht. Die Prüfung ausländischer Direktinvestitionen soll damit noch strenger und effektiver gemacht werden. Vor allem Abflüsse von Informationen, Gütern oder Technologie (wie zum Beispiel medizinischer Ausrüstung und Impfstoffe), die gravierende Folgen für die öffentliche Ordnung und Sicherheit Deutschlands haben könnten, sollen künftig besser verhindert werden können.
Anpassung an EU-Screening-Verordnung
Die geplante Novelle passt die Regelungen des AWG insbesondere an die im April 2019 in Kraft getretene EU-Verordnung zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union (sog. EU-Screening-Verordnung) an, die erstmals auf europäischer Ebene Vorgaben zur Investitionsprüfung macht. Konkret wird nach dem Entwurf bei ausländischen Investitionen künftig geprüft, ob die öffentliche Ordnung oder Sicherheit „voraussichtlich beeinträchtigt“ ist, statt wie bislang eine „tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung“ vorauszusetzen. Mit dem Maßstab der „voraussichtlichen Beeinträchtigung“ der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit würden die Prüfungsbefugnisse der Bundesregierung im Hinblick auf kritische Unternehmenserwerbe erweitert. Neben den Auswirkungen eines Erwerbs in Deutschland sollen künftig auch Auswirkungen auf andere EU-Mitgliedstaaten sowie auf EU-Programme und -Projekte stärker in den Fokus der Prüfung rücken.
Erwerb während Prüfung „schwebend unwirksam“
Darüber hinaus wird nach dem vorgelegten Entwurf zukünftig jeder meldepflichtige Erwerb für die Dauer der Prüfung schwebend unwirksam sein. Die neu eingeführten strafbewehrten Handlungsverbote verhindern, dass die Erwerbsbeteiligten während der laufenden Prüfung vollendete Tatsachen schaffen und damit die Ziele der Investitionsprüfung unterlaufen. Nach Auffassung des Bundeskabinetts haben gerade die vergangenen Wochen (Stichwort: Corona-Krise) gezeigt, dass die Versorgung der deutschen Bevölkerung mit lebenswichtigen Gütern wie z.B. Impfstoffen manchmal von einem einzigen Unternehmen abhängen kann. Abflüsse von Informationen oder Technologie, und damit ein rechtlicher oder faktischer Vollzug eines Erwerbs während der noch laufenden Prüfung, sollen daher verhindert werden. Bisher ist dies nur in einigen wenigen Fallkonstellationen, etwa im Rüstungssektor, der Fall. Eine Regelungs- und Verfolgungslücke würde damit geschlossen.
Weitere Anpassungen
Zudem sieht der Entwurf vor, dass im BMWi eine „Nationale Kontaktstelle“ für den durch die EU-Screening-Verordnung geschaffenen Kooperationsmechanismus eingerichtet werden soll. Der europaweite Austausch von Informationen und die koordinierte Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission sollen die Transparenz erhöhen und einen besseren Schutz vor kritischen Firmenübernahmen gewährleisten. Daneben passt die Novelle das Außenwirtschaftsgesetz an die neunummerierte EU-Anti-Folter-Verordnung an und integriert die bislang im Satellitendatensicherheitsgesetz geregelte Erwerbsprüfung in die Investitionsprüfung nach Außenwirtschaftsgesetz und Außenwirtschaftsverordnung.
Ausblick
Die Novellierung des AWG ist der erste Schritt zur Verschärfung des deutschen Investitionsprüfungsrechts. Das BMWi plant darüber hinaus. in Kürze ergänzende Vorschläge zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung vorzulegen. Der aktuelle Gesetzesentwurf kann auf der Webseite des BMWi eingesehen werden. Zu diesem kann nun zunächst der Bundesrat Stellung nehmen, bevor der Entwurf in dem Bundestag zugeleitet wird.
Weitere Beiträge zum Thema Investitionskontrolle im Lichte der Corona-Krise finden Sie hier: