Die vergaberechtliche Bestimmung des Beschaffungsgegenstands: Große Entscheidungsfreiheiten für Auftraggeber
Öffentlich Auftraggeber nutzen – insbesondere bei komplexeren IT-Beschaffungen – immer häufiger das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb, mit der Argumentation, dass nur ein Auftragnehmer für die Leistungserbringung in Frage komme. In seiner Entscheidung vom 22. Mai 2013 (Verg 42/09) macht das OLG Düsseldorf die Begründung für eine solche Direktvergabe bemerkenswert einfach.
Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung zugrunde:
Eine Fachhochschule (FH) des Landes Nordrhein-Westfalen beabsichtigt die Beschaffung einer neuen Verwaltungssoftware. An dem durchgeführten Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb beteiligt sie ausschließlich der Entwickler der bisher verwendeten Software – ein konkurrierender Softwareentwickler stellt daraufhin einen Nachprüfungsantrag.
Das OLG Düsseldorf stellt mit dem Beschluss vom 22.05.2013 fest, dass der Antrag unbegründet ist und hält das durchgeführte Verfahren für zulässig. In der Begründung heißt es, unter Bezugnahme auf die §§ 3 EG Abs. 4, 8 EG Abs. 7 VOL/A, dass die Beschaffungsentscheidung des Auftraggebers dem Vergabeverfahren vorgelagert sei, lediglich die Art und Weise der Beschaffung werde von den durch das Vergaberecht gesetzten Grenzen bestimmt. Die Beschaffungsentscheidung für ein bestimmtes Produkt müsse sachlich gerechtfertigt sein, der Auftraggeber müsse auftragsbezogene und sachliche Gründe hierfür angeben können, welche auch tatsächlich vorlägen und andere Wirtschaftsteilnehmer dürften durch die Bestimmung nicht diskriminiert werden. Die FH hatte hier insbesondere auf die Kompatibilität mit der bisherigen Software, ein geringeres Fehlfunktionsrisiko und einen niedrigeren Aufwand bei der Umstellung abgestellt. Das OLG Düsseldorf hielt diese – im Nachprüfungsverfahren erstmalig vorgetragene – Begründung für ausreichend, um die zuvor aufgezeigten vergaberechtlichen Grenzen einzuhalten und eine Direktvergabe zu rechtfertigen.
Der Beschluss besitzt erhebliche Bedeutung für das öffentliche Auftragswesen, da er die vergaberechtlichen Grenzen für die Zulässigkeit eines Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb deutlich ausweitet. Insbesondere bei Softwarebeschaffungen sollte zukünftig eine solche Direktvergabe an den ursprünglichen Entwickler problemlos möglich sein.
Ein aktueller Beschluss der VK Arnsberg vom 05. August 2013 (VK 12/12) – dem ein fast identischer Sachverhalt zugrunde lag – widerspricht dem OLG Düsseldorf jedoch in wesentlichen Punkten. Die VK Arnsberg untersagt die Direktvergabe. Sie weist den Auftraggeber darauf hin, dass die Zulässigkeit der Festlegung auf einen bestimmten Beschaffungsgegenstand beweis- und überprüfbar sein und bereits im Vorfeld der Beschaffung eine hinreichende Dokumentation zum Vorliegen der Voraussetzungen einer Direktvergabe erstellt werden müsse.
Da der durch die Entscheidung der VK Arnsberg benachteiligte Auftraggeber Beschwerde eingelegt hat, wird der Sachverhalt wiederum durch das OLG Düsseldorf entschieden. Die mündliche Verhandlung hierzu findet am 12. Dezember 2013 statt. Wir werden berichten.
(OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Mai 2013 - Verg 42/09)
Nils-Alexander Weng, Rechtsanwalt