12 Januar 2022 Blog

Diver­genzen in der Recht­sprechung

Ein ordentliches Rechtssystem lässt Berufungen und Revisionen zu. Es soll vermieden werden, dass ein Fehler eines Richters zulasten einer Partei wirkt. Die Berufung dient dazu, auch einen Sachverhalt noch einmal zu überprüfen, eine Revision insbesondere zum BGH allerdings konzentriert sich auf Rechtsfragen, nicht mehr Sachfragen.

Trotzdem ergeben sich manchmal Konsequenzen, die auch den Juristen kopfschüttelnd zurücklassen:

Ein Oberlandesgericht musste aufgrund bestimmter Schadensbilder in einem Lager darüber entscheiden, ob der Kläger, der Schadensersatz verlangte, ausreichende Anhaltspunkte für den Schadensbetrag präsentiert und nachgewiesen hatte. Grundsätzlich erlaubt das deutsche Recht, dass ein Richter, wenn er ausreichende Anhaltspunkte hat, einen Schadenbetrag schätzen kann. In diesem Falle kam das Oberlandesgericht zu der Meinung, dass aufgrund der vorliegenden Tatsachen der Senat den Schadenbetrag nicht schätzen konnte. Der Kläger hatte danach also die Schadenhöhe nicht ausreichend bewiesen.

Der BGH warf dem Oberlandesgericht die Verletzung rechtlichen Gehörs vor, weil selbstverständlich man aufgrund der vorgegebenen Tatsachen den Schaden schätzen konnte. Unabhängig davon, ob der BGH in dieser Konstellation überhaupt berechtigt war, diese Frage in dieser Form zu entscheiden, zeigt dies die Unsicherheit, die gerichtliche Verfahren mit sich bringen: Dass Gerichte in Nuancen des Sachverhaltes oder auch in Rechtsfragen unterschiedlicher Meinung sind, ist nachvollziehbar. Dass ein Sachverhalt diametral unterschiedlich bewertet wird, ist den Parteien, zum Teil auch den für sie handelnden Rechtsanwälten, nur schwer zu vermitteln.

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