November 2013 Blog

Haftungsrisiken bei fehlerhafter Bezeichnung des eigenen Unternehmens

Geschäftsleiter, die im Rechtsverkehr für eine nicht existente Gesellschaft auftreten, haften persönlich für Gesellschaftsschulden. So entschied das Oberlandesgericht Stuttgart im September dieses Jahres.

Das Problem

Im Kern der Entscheidung geht es um ein in der Praxis häufig anzutreffendes Problem: Bei Vertragsschlüssen werden oftmals die beteiligten Unternehmen nicht korrekt bezeichnet – sei es aus Unwissenheit oder aus Unachtsamkeit. Die häufigsten Fehler sind: Weglassen von Firmenbestandteilen, Verwendung von früheren Unternehmensnamen und die Falschbezeichnung der Rechtsform. In all diesen Fällen stellt sich aus juristischer Sicht die Frage, welcher Rechtsträger durch die geschlossenen Verträge gebunden ist.

Zur Beantwortung dieser Frage behelfen sich die deutschen Gerichte meist mit den sog. Grundsätzen des unternehmensbezogenen Geschäftes. Hierbei handelt es sich um eine Auslegungsregel, die durch den Bundesgerichtshof (BGH) in langjähriger Rechtsprechung entwickelt wurde. Nach dieser Regel gilt, dass nach dem Willen der Geschäftspartner -unabhängig von einer falschen Bezeichnung - stets der wahre Inhaber des Unternehmens Vertragspartner werden soll und nicht derjenige, der persönlich in den Vertragsverhandlungen auftritt. Die Rechtsprechung will mit dieser Auslegung die Wirksamkeit von Verträgen begünstigen und dem wahren Willen der Vertragspartner zur Geltung verhelfen. Schließlich liegt es nicht im wirtschaftlichen Interesse, sich bei jedem getätigten Geschäft darüber zu streiten, ob nun etwa der Geschäftsführer selbst oder das Unternehmen für das er aufgetreten ist einen Lieferanspruch aus einem Vertrag erlangt hat. Aus diesen Gründen zeigte sich der BGH eher großzügig bei der Annahme eines unternehmensbezogenen Rechtsgeschäfts.

Die Entscheidung

In seiner Entscheidung vom 30. September 2013 (Az.: 5 U 50/13) bringt das Oberlandesgericht Stuttgart restriktive Tendenzen zum Ausdruck. Der Stuttgarter Zivilsenat verneinte die typische Annahme, dass das Unternehmen vertreten worden sei und sprach sich stattdessen für eine persönliche Haftung des vermeintlichen Vorstands aus.

In der besprochenen Entscheidung war der beklagte Geschäftsführer einer (tatsächlich existierenden) GmbH und gab sich gleichzeitig als Vorstand einer (nicht existierenden) Schweizer Aktiengesellschaft aus. Über viele Jahre hinweg verwendete er gegenüber seinen Vertragspartnern Briefpapier und Stempel der nicht existenten AG. Daneben zeichnete er Wechsel für die AG und ließ diese auch in Verzeichnissen und Anzeigen im Internet aufführen. Er schloss sogar einen Arbeitsvertrag im Namen der AG und schrieb im Internet einen Praktikantenplatz für einen BWL-Studenten aus.

Auf Grund dieser Sachlage sah das Oberlandesgericht keine Notwendigkeit von einem unternehmensbezogenen Rechtsgeschäft auszugehen. Der vermeintliche Vorstand habe durch sein dauerhaftes und eindeutiges Handeln klar zum Ausdruck gebracht, dass er für die nicht existierende AG tätig sein wolle und nicht für die tatsächlich vorhandene GmbH. Da die AG tatsächlich nicht existiert, führe dies zu einer persönlichen Haftung des Vorstands. Schließlich habe er das berechtigte Vertrauen der Geschäftspartner erweckt, sie hätten es mit einem internationalen Konzern zu tun und müsse diesen auch die entstandenen Kosten ersetzen, so die Stuttgarter Richter.

Fazit

Die Entscheidung des OLG Stuttgart erweitert die Möglichkeiten, Geschäftsführer und Vorstände unmittelbar auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, wenn diese nicht eindeutig erkennen lassen, für wen sie auftreten wollen. Für die Praxis gilt daher: Im Geschäftsverkehr muss mehr denn je auf eine korrekte Bezeichnung der Vertretungsverhältnisse und des Vertragspartners geachtet werden, um eine persönliche Inanspruchnahme zu verhindern.

(OLG Stuttgart, Urteil vom 30. September 2013 – 5 U 50/13)

Benjamin Schwarzfischer, Rechtsanwalt

David Hofmann, Rechtsreferendar

 

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