Oktober 2019 Blog

Käufer kann überhöhte Ablöse für Einbauküche zurückverlangen

Der Käufer eines Einfamilienhauses, welcher von der Verkäuferseite über den Wert der darin verbauten Einbauküche getäuscht wurde, kann gegen den Verkäufer einen Anspruch wegen Überzahlung geltend machen.

Sachverhalt

Der Entscheidung zugrunde lag ein Fall, in welchem aufgrund der entsprechenden Angaben des Verkäufers gegenüber dem Makler in das Makler-Exposé als Anschaffungspreis der mitverkauften Einbauküche ein „Mondpreis“ in Höhe von EUR 25.000,00 angegeben wurde. In dem notariellen Grundstückskaufvertrag wurde der (ursprüngliche) Anschaffungspreis der Einbauküche nicht thematisiert. Es wurde ein Kaufpreis in Höhe von insgesamt EUR 500.000,00 vereinbart, von welchem EUR 15.000,00 auf die mitverkaufte Einbauküche entfielen. Nach erfolgter  Schlüsselübergabe des Hauses fand der Käufer in der Küche die Originalrechnung, ausweislich welcher der Verkäufer seinerseits für die Küche aber nur EUR 12.200,00 gezahlt hatte. Wegen der Diskrepanz zwischen diesem Betrag und dem im Makler-Exposé genannten Wert von EUR 25.000,00 verklagte der Käufer den Verkäufer auf teilweise Rückzahlung des Kaufpreises bzw. Schadensersatz.

Entscheidung

Das OLG München sprach dem Käufer einen Schadensersatzanspruch in Höhe von EUR 7.320,00 (nebst Zinsen) zu. Bei der Begründung differenzierte das OLG München zwischen dem Mängelgewährleistungsrecht gemäß §§ 434 ff. BGB einerseits und einem Schadensersatzanspruch wegen vorvertraglichem Verschulden gemäß §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB andererseits.

Mängelgewährleistungsrecht

Eine Minderung des Kaufpreises gemäß §§ 437 Nr. 2, 441 BGB verneinte das Gericht, weil der (ursprüngliche) Anschaffungspreis der Küche (mangels Thematisierung im notariellen Grundstückskaufvertrag) keine vereinbarte Beschaffenheit i.S.v. 434 Abs. 1 Satz 1 BGB darstellte und auch keine der Küche anhaftende Eigenschaft i.S.v. § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB war. Damit fehlte es an einem Sachmangel i.S.v. § 434 BGB.

Schadensersatzanspruch wegen vorvertraglichem Verschulden

Das OLG München bejahte jedoch einen Schadensersatzanspruch des Käufers gegen den Verkäufer wegen vorvertraglichem Verschulden gemäß § 241 Abs. 2, 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB, weil der Käufer durch die Angabe des „Mondpreises“ im Makler-Exposé über den (ursprünglichen) Anschaffungspreis der Küche getäuscht wurde. Diese Täuschung sei dem Verkäufer auch zuzurechnen; der Verkäufer habe durch seine falschen Angaben gegenüber dem Makler sogar vorsätzlich gehandelt. Als Rechtsfolge konnte der Käufer den Ersatz des sogenannten Vertrauensschadens verlangen.

Bei der Bestimmung dieses Vertrauensschadens nahm das OLG München unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung des BGH eine zweistufige Prüfung vor: Im ersten Schritt hat der Geschädigte die Möglichkeit, sich von dem Vertrag zu lösen (was im vorliegenden Fall allerdings vom Käufer nicht gewünscht war, da der Käufer das Haus prinzipiell behalten wollte). Im zweiten Schritt steht dem Geschädigten dann, wenn er an dem für ihn ungünstigen Vertrag festhält, ein Schadensersatzanspruch zu, der sich so berechnet, als wäre es dem Geschädigten bei Kenntnis der wahren Sachlage gelungen, den Vertrag zu einem niedrigeren Preis abzuschließen.

Im vorliegenden Fall war im notariellen Grundstückskaufvertrag vorgesehen, dass der Käufer für die Einbauküche EUR 15.000,00 zahlen sollte, was 60% des (im Makler-Exposé genannten) angeblichen ursprünglichen Anschaffungspreises in Höhe von EUR 25.000,00 darstellte. In dieser Relation sprach das Gericht dem Käufer daher (ausgehend von dem tatsächlichen Anschaffungspreis der Küche) einen Schadensersatzanspruch gegen den Verkäufer zu, woraus sich der Anspruch in Höhe von EUR 7.320,00 (nebst Zinsen) ergab.

Praxisfolgen

Die Differenzierung des OLG München zwischen dem Mängelgewährleistungsrecht einerseits und dem Schadensersatzanspruch wegen vorvertraglichem Verschulden andererseits ist nicht bloß dogmatischer Natur. In der Praxis unterscheiden sich diese beiden Ansprüche grundlegend dadurch, dass der letztgenannte Schadensersatzanspruch (anders als das Mängelgewährleistungsrecht) ein Verschulden des Verkäufers voraussetzt. Dieses wird gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet; dem Verkäufer obliegt es, sich zu exkulpieren. Dies gelang dem Verkäufer im vorliegenden Fall nicht, weil er dem Makler trotz dessen Nachfragen nur den „Mondpreis“ in Höhe von EUR 25.000,00 genannt hatte, welchen dieser daraufhin in das Makler-Exposé aufnahm.

Verkäufer sollten in der Praxis deswegen (über den Inhalt des notariellen Grundstückskaufvertrags hinaus) aufpassen, dass sie keine unwahren Angaben gegenüber den (potentiellen) Käufern machen. Andere Fälle aus der Rechtsprechung, in welchen die Haftung des Verkäufers wegen vorvertraglichem Verschulden bejaht wurde, betrafen z.B. das wahrheitswidrige Verneinen der Käuferfrage nach sichtbehindernden Umbauplänen der Nachbarn (BGH, Urteil vom 14.01.1993 – IX ZR 206/91), das Verschweigen eines längerfristigen Mietvertrags, welchen der Verkäufer kurz vor der Beurkundung über den Kaufgegenstand abgeschlossen hatte (BGH, Urteil vom 11.06.2010 – V ZR 144/09) oder das Überstreichen von feuchten Kellerwänden vor der Hausbesichtigung mit weißer Farbe (sogenannte „Verkaufslackierung“; BGH, Urteil vom 19.01.2018 – V ZR 256/16).

(OLG München, Urteil vom 09.10.2019 – 20 U 556/19)

Dr. Daniel Komo, LL.M. (Bristol), Rechtsanwalt und Notar
Frankfurt am Main

Anmeldung zum GvW Newsletter

Melden Sie sich hier zu unserem GvW Newsletter an - und wir halten Sie über die aktuellen Rechtsentwicklungen informiert!