Juni 2016 Blog

Kein Zustandekommen einer Beschaffenheitsvereinbarung beim Grundstückskauf außerhalb der notariellen Urkunde

Haben Angaben des Verkäufers über ein Grundstück oder ein Gebäude, die dieser vor Abschluss eines Grundstückskaufvertrages gemacht hat, keine ausdrückliche Erwähnung im notariellen Kaufvertrag gefunden, so ist nach einer aktuellen Entscheidung des BGH eine Beschaffenheitsvereinbarung im Hinblick auf diese Angaben in aller Regel nicht getroffen worden.

Sachverhalt

Die Käufer und der Verkäufer schlossen im Dezember 2009 einen notariellen Kaufvertrag über ein mit einem Wohnhaus bebauten Grundstück ab. Das Kaufobjekt wurde im Vorfeld des Vertragsschlusses vom Verkäufer auf einer Internetseite zum Kauf angeboten. In einem dazu veröffentlichten Exposé war eine bestimmte Wohnfläche zzgl. Nutzfläche angegeben. Auf ihre ausdrückliche Nachfrage hin erhielten die Käufer zudem eine Grundrisszeichnung ausgehändigt, der sich eine Gesamtfläche entnehmen ließ, die der im Exposé angegebenen Fläche entsprach. Bei einer späteren Vermessung des Wohnhauses wurde jedoch eine nicht unwesentlich kleinere Wohnfläche ermittelt. Das Berufungsgericht nahm an, dass die Parteien des Kaufvertrages zwar nicht durch die Angaben in den Inseraten, aber durch die Aushändigung der Grundrisszeichnungen konkludent eine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen hätten.

Entscheidung

Nach Ansicht des BGH fehlt es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts an einer Beschaffenheitsvereinbarung, welche durch eine Beschreibung von Eigenschaften des Kaufgegenstandes vor Vertragsschluss zustande gekommen ist; denn diese seitens des Verkäufers im Vorfeld übermittelten Angaben hätten in der notariellen Urkunde selbst keinen Niederschlag gefunden. Bei einem beurkundungsbedürftigen Geschäft müssten alle Erklärungen mit Regelungsgehalt, also auch Vereinbarungen über die Beschaffenheit des Kaufgegenstandes, in den Vertrag aufgenommen werden. Es sei in aller Regel davon auszugehen, dass ansonsten eine Bindung, wie sie eine Beschaffenheitsvereinbarung bewirke, seitens der Vertragsparteien nicht gewünscht sei. Auch der Auslegungsgrundsatz, wonach derjenigen Auslegung der Vorzug zu geben ist, die die Nichtigkeit eines Vertrages vermeidet, gebiete diese Interpretation; denn eine Vereinbarung über die Beschaffenheit vor Abschluss des notariellen Vertrages bedeute einen Formverstoß, der die Nichtigkeit des Vertrages zur Folge hätte. Zudem wäre sowohl die Warn- und Schutzfunktion einer jeden Beurkundung, als auch der weitere Zweck der Beratung und Belehrung in Frage gestellt, wenn man dies zuließe.

Praxishinweis

Der BGH betont in dieser Entscheidung die Bedeutung der notariellen Urkunde und macht deutlich, dass eine vorvertragliche Beschreibung des Kaufobjekts außerhalb des Grundstückskaufvertrages in aller Regel nicht als formunwirksame Beschaffenheitsvereinbarung anzusehen ist, welche später durch Auflassung und Eintragung geheilt werden könnte. Eine Haftung des Verkäufers wegen unzutreffender Angaben kommt dann im Grunde nur in Betracht, wenn er die Unrichtigkeit positiv kannte oder er trotz Bestehens einer Aufklärungspflicht eine Aufklärung unterlassen hat.

(BGH, Urteil vom 6. November 2015 – V ZR 78/14)

Dr. Bettina Buddenberg, Rechtsanwältin
Frankfurt am Main

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