Keine Aufklärungspflicht über die abstrakte Gefährdung des Anlagekonzepts durch Pflichtverletzungen
Anleger müssen vor ihrem Beitritt regelmäßig nicht darüber aufgeklärt werden, dass etwaige Pflichtwidrigkeiten maßgebender Personen das Anlagekonzept gefährden oder vereiteln können.
Der Kläger hatte sich an einer später notleidend gewordenen Anlagegesellschaft beteiligt und verlangte Schadenersatz wegen Aufklärungsverletzungen beim Erwerb. Insbesondere hatte er geltend gemacht, er sei nicht hinreichend darüber informiert worden, dass das Anlagekonzept auch infolge von Pflichtverletzungen solcher Personen scheitern könne, welche im Rahmen der Anlagegesellschaft maßgebliche Aufgaben wahrnehmen. Sein Schadenersatzbegehren blieb auch in dritter Instanz erfolglos.
Der Bundesgerichtshof (BGH) verwies in seiner Zurückweisung der Revision darauf, dass es sich hierbei regelmäßig bereits nicht um ein spezifisches Risiko der Kapitalanlage selbst handele: „Das allgemeine (abstrakte) Risiko, dass die Verwirklichung des Anlagekonzepts bei Pflichtwidrigkeiten der Personen, in deren Händen die Geschicke der Anlagegesellschaft liegen, gefährdet ist, kann als dem Anleger bekannt vorausgesetzt werden und bedarf grundsätzlich keiner besonderen Aufklärung. Pflichtverletzungen sind regelmäßig kein spezifisches Risiko der Kapitalanlage. Anders kann es liegen, wenn bestimmte Pflichtverletzungen aus strukturellen Gründen sehr naheliegend sind.“
Der BGH verwies insoweit auf eine als gefestigt anzusehende Rechtsprechung und war einmal mehr nicht gezwungen darzulegen, in welchen Fällen davon auszugehen wäre, dass die Voraussetzungen der angedeuteten Ausnahme vorliegen. Möglicherweise hat er dabei weiterhin Fälle wie denjenigen im Auge, dass der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH einer Fondsgesellschaft wegen mehrfacher Untreue und Urkundsdelikten einschlägig vorbestraft war. In einem solchen Fall hatte der BGH eine Aufklärungspflicht eines Treuhandkommanditisten bejaht (BGH, Urteil vom 9. 7. 2013 – II ZR 9/12).
(BGH, Beschluss vom 11.11.2019 - II ZR 409/18)
Stephen-Oliver Nündel, Rechtsanwalt
Frankfurt am Main