Keine Verjährungshemmung bei nichtindividualisierten Güteanträgen
Die Anspruchsverjährung kann grundsätzlich durch Veranlassung der Bekanntgabe eines Güteantrages gehemmt werden. Allerdings muss ein solcher Güteantrag hierzu gewisse Voraussetzungen erfüllen, insbesondere muss der darin geltend gemachte prozessuale Anspruch hinreichend individualisiert werden. Nunmehr wurden die diesbezüglichen Anforderungen, jedenfalls im Rahmen von Anlageberatungsfällen, erneut verschärft.
Sachverhalt
Der Kläger machte gegen die beklagte Anlageberaterin Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit einem (fremdfinanzierten) Erwerb von Gesellschaftsbeteiligungen an zwei geschlossenen Immobilienfonds geltend. Der Kläger behauptete zahlreiche Beratungsfehler. Die Beklagte berief sich u.a. auf den Eintritt der Verjährung, insbesondere habe die vom Kläger veranlasste Bekanntgabe des Güteantrages keine Hemmungswirkung entfalten können. In dem Güteantrag des Klägers wurde der geltend gemachte Schadensersatzanspruch jeweils lediglich pauschal umrissen. Dort hieß es, dass der Kläger so zu stellen sei, wie er gestanden hätte, wenn er die Beteiligungen nicht erworben hätte. Zudem sei ein „entgangener Gewinn“ zu ersetzen, da die Zeichnungssumme, welche in dem Güteantrag jeweils beziffert war, jederzeit festverzinslich zu einem Zinssatz von mindestens 4 % hätte angelegt werden können. Erhaltene Ausschüttungen und Steuervorteile seinen bei der Berechnung des Schadens in Abzug zu bringen.
Die Entscheidung
Unter Verweis auf seine bisherige Rechtsprechung bestätigte nunmehr der 3. Zivilsenat des BGH, dass ein Güteantrag für den Schuldner erkennen lassen muss, welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht werden soll, damit er prüfen kann, ob eine Verteidigung erfolgversprechend ist und ob er in das Güteverfahren eintreten möchte. In Anlageberatungsfällen sei demnach erforderlich, dass die konkrete Kapitalanlage, die Zeichnungssumme sowie der (ungefähren) Beratungszeitraum benannt und der Hergang der Beratung mindestens im Groben umrissen wird. Ferner müsse das angestrebte Verfahrensziel zumindest so weit umschrieben werden, dass dem Gegner (und der Gütestelle!) ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich ist. Gerade in Bezug auf dieses Verfahrensziel hielt der BGH den Güteantrag des Klägers für nicht ausreichend. Diesem sei nicht zu entnehmen gewesen, ob das eingebrachte Beteiligungskapital fremdfinanziert war, sodass ein etwaiger Schaden auch oder gerade in den aufgebrachten Zins- und Tilgungsleistungen liegen könnte. Zudem würden sich u.a. die mit der Klage geltend gemachten Zahlungsansprüche der Größenordnung nach nicht in dem Güteantrag widerspiegeln. Dort seien, anders als in der Klage, die abzuziehenden Ausschüttungen lediglich erwähnt, ohne dass konkrete Angaben zu ihrer Höhe getätigt wurden.
Die Verjährungseinrede der Beklagten erwies sich somit, mangels Hemmungswirkung aufgrund unzureichender Individualisierung des Güteantrages, als gerechtfertigt.
Ausblick
Der 3. Zivilsenat des BGH stellt, jedenfalls im Rahmen von Anlageberatungsfällen, bemerkenswert hohe Anforderungen an die inhaltliche Ausgestaltung von Güteverträgen. Diesen dürften zahlreiche in der Vergangenheit gestellte Güteanträge von Kapitalanlegern nicht genügen, zumal bislang vielfach vorformulierte Mustergüteanträge verwendet wurden, die zum Teil zuvor von „Anlegerkanzleien“ öffentlich ins Internet eingestellt worden sind. Gerade dieser Praxis scheint der 3. Zivilsenat des BGH mit seiner diesbezüglichen Rechtsprechung eine Absage erteilen zu wollen.
(BGH, Urteil vom 20.08.2015 – III ZR 373/14)
Tobias Mackenthun, Rechtsanwalt