Dezember 2012 Blog

Können Äußerungen auf Facebook eine Kündigung rechtfertigen?


Wer einen Vorgesetzten beleidigt, indem er auf seiner Facebook-Pinnwand herabsetzende Äußerungen "postet", der kann ohne vorherige Abmahnung verhaltensbedingt ordentlich gekündigt werden. Das hat das Arbeitsgericht Hagen in einem jetzt veröffentlichten Urteil vom 16. Mai 2012 (Aktenzeichen 3 Ca 2597/11) entschieden. Social Media wie Facebook oder Twitter geraten mehr und mehr in den Fokus der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung. Das ist kein Wunder, wenn man bedenkt, dass durch die globale Vernetzung sich die berufliche und die private Sphäre mehr und mehr vermischen. Und konnte man früher noch darauf vertrauen, dass Äußerungen im privaten Gespräch nicht allgemein bekannt werden, dann ist das heute im Zeitalter der virtuellen Vernetzung im Internet natürlich nicht mehr so, weil Äußerungen dort für die Öffentlichkeit oder jedenfalls für eine Teil-Öffentlichkeit einsehbar werden. Genau das war auch das Argument des Arbeitsgerichts Hagen: Der Gekündigte hatte seinen Vorgesetzten auf seiner Facebook-Pinnwand mit groben Schimpfwörtern massiv beleidigt.

Das Arbeitsgericht stellte zunächst in Fortführung der ständigen Rechtsprechung fest, dass die grobe Beleidigung eines Vorgesetzten (ebenso wie auch andere Straftaten zu Lasten des Arbeitgebers) an sich sogar geeignet wäre, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Da der Betroffene jedoch bereits eine sehr lange Betriebszugehörigkeit vorzuweisen hatte, führte eine Interessenabwägung des Gerichts im konkreten Fall dazu, dass die fristlose Kündigung im Ergebnis doch nicht hielt. Die fristgemäße verhaltensbedingte Kündigung hielt das Gericht jedoch für wirksam.

Entscheidend war, dass der Kläger seine Äußerungen auf der Facebook-Pinnwand gepostet hatte. Regelmäßig darf ein Arbeitnehmer zwar annehmen, dass Äußerungen in einem vertraulichen Gespräch mit Kollegen nicht weitergegeben werden. Wenn er aber die Äußerungen auf der Facebook-Pinnwand quasi ans "Schwarze Brett" hängt, dann gibt der Arbeitnehmer diese Vertraulichkeit bewusst auf und ist insofern auch nicht mehr schutzwürdig. Die Facebook-Pinnwand des Gekündigten war für alle Facebook-Freunde einzusehen, unter denen sich auch zahlreiche Arbeitskollegen befanden.

Etwas anderes hätte möglicherweise gegolten, hätte sich der Kläger mit Facebook-Freunden im sog. "Chat-Modus" direkt unterhalten, ohne seine Äußerungen quasi betriebsöffentlich zu machen. In den letzten Monaten tauchen verstärkt Urteile der Arbeitsgerichte zu der Frage auf, ob eine Kündigung wegen beleidigender Äußerungen auf Facebook gerechtfertigt ist oder nicht.

Einheitlich ist die Rechtsprechung in dieser Frage zwar noch nicht, die Tendenz geht aber durchaus dahin, dass Arbeitgeber im Falle einer Kündigung wegen beleidigender Postings auf Facebook gute Erfolgsaussichten haben: Das Arbeitsgericht Bochum hat am 29.03.2012 entschieden, dass auch schwere Beleidigungen über Facebook die fristlose Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses nicht rechtfertigen können. Die Frage der ordentlichen Kündigung stellte sich hier nicht, weil Ausbildungsverhältnisse nach der Probezeit nicht mehr ordentlich kündbar sind.

Das LAG Hamm hob dieses Urteil in zweiter Instanz auf und hielt die fristlose Kündigung des Ausbildungsverhältnisses für wirksam. Ganz aktuell hat das Arbeitsgericht Duisburg am 23.10.2012 entschieden, dass grobe Beleidigungen des Arbeitgebers oder von Kollegen in sozialen Netzwerken wie Facebook eine Kündigung prinzipiell auch ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen. Im konkreten Fall scheiterte die fristlose Kündigung dann aber daran, dass der gekündigte Arbeitnehmer im Affekt gehandelt hatte: Er hatte den fraglichen Facebook-Eintrag verfasst, kurz nachdem er erfahren hatte, dass Kollegen ihn zu Unrecht bei seinem Arbeitgeber denunziert hatten.

(Arbeitsgericht Hagen, Urteil v. 16. Mai 2012 - 3 Ca 2597/11)
Christoph J. Hauptvogel, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

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