August 2022 Blog

Neues zur beschränkten Steuer­pflicht von Vergü­tungen für die zeitlich befristete Über­lassung von Rechten („Registerfälle“)

Es gibt nach wie vor viel Bewegung bei der Besteuerung von Vergütungen für die Überlassung von Rechten, die in einem inländischen Register eingetragen sind (z.B. Patente oder sonstige gewerbliche Schutzrechte), den sogenannten Registerfällen. 

Hintergrund

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) vertritt seit 2020 überraschend die Auffassung, dass die Einkünfte aus solchen Vergütungen auch dann der Besteuerung in Deutschland unterliegen, wenn kein weiterer Inlandsbezug besteht. Zuvor war Voraussetzung der Steuerpflicht stets eine eigene Geschäftstätigkeit oder die Ansässigkeit des Vergütungsschuldners in Deutschland. 

Die geänderte Rechtsauffassung findet auch rückwirkend Anwendung. Eine Befreiung von den hiermit verbundenen Pflichten ist nach den allgemeinen Regeln zum Quellensteuerabzug möglich, setzt aber die Erteilung einer Freistellungsbescheinigung voraus, die grundsätzlich nicht rückwirkend erteilt werden kann.

Folgen der beschränkten Steuerpflicht

Als Folge der beschränkten Steuerpflicht muss der Lizenznehmer von Lizenzzahlungen Quellensteuer in Höhe von insgesamt 15,825% einbehalten, beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) anmelden und abführen. Veräußerungserlöse aus der Veräußerung in Deutschland eingetragener Rechte sind anzumelden und in Deutschland zu versteuern. 

Die Steuer bemisst sich anhand der Bruttovergütung für die Überlassung des in Deutschland registrierten Rechts. Problematisch und im Einzelnen nicht geklärt ist die Bemessung, wenn nach der vertraglichen Vereinbarung keine konkrete Vergütung für das in Deutschland eingetragene Recht vorgesehen ist. Die Finanzverwaltung verfolgt insoweit einen „Top-Down-Ansatz“, wonach eine sachgerechte Aufteilung der Gesamtvergütung unter Berücksichtigung des Veranlassungsprinzips vorgenommen werden soll. Auch dessen Anwendung ist im Einzelfall aber unklar und demnach mit erheblichen Rechtsunsicherheiten verbunden.

Von den Verpflichtungen kann grundsätzlich nur abgesehen werden, wenn das deutsche Besteuerungsrecht nach einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit dem Ansässigkeitsstaat des Lizenzgebers bzw. Verkäufers ausgeschlossen ist, die Voraussetzungen des DBA erfüllt sind und zum Zeitpunkt der Lizenzzahlung bzw. Veräußerung eine Freistellungsbescheinigung vorliegt. Eine Freistellungsbescheinigung kann aber grundsätzlich nicht rückwirkend erteilt werden.

Vereinfachungsregelung des BMF

Um die erhebliche Änderung für die Betroffenen handhabbar zu machen, hat das BMF Übergangs-
regelungen und Erleichterungen vorgesehen:
Nach den vom BMF erlassenen Vereinfachungsregelungen (siehe BMF-Schreiben vom 11.02.2021 sowie vom 14.7.2021) reicht es für die Befreiung von den o.g. Pflichten aus, dass ein Antrag auf Freistellung gestellt worden ist. Die Freistellung muss noch nicht bewilligt sein und ist insbesondere auch für Zahlungen in der Vergangenheit möglich. Die Frist für das vereinfachte Verfahren wurde zuletzt bis zum 30.06.2023 verlängert und gilt demnach auch (rückwirkend) für alle Lizenzzahlungen und Veräußerungen bis einschließlich 30. Juni 2023, wobei die Freistellung auch über diesen Zeitraum hinaus gewährt werden kann. 

Für alle Einkünfte, die nach dem 30.06.2023 zufließen, gelten die allgemeinen Regeln. Allerdings sieht der Entwurf des Jahressteuergesetzes 2022 (JStG 2022) eine weitgehende Abschaffung der Steuerpflicht für die Registerfälle ab dem 01.01.2023 vor. Demnach wären nur noch Zahlungen zwischen verbundenen Unternehmen bzw. im Zusammenhang mit sog. Steueroasen erfasst – in allen anderen Fällen soll die Steuerpflicht entfallen, wenn kein weiterer Inlandsbezug (z.B. durch Verwertung im Inland) besteht. Damit würde im Wesentlichen die Rechtslage vor der geänderten Rechtsauffassung des BMF hergestellt.

Handlungsempfehlung

Betroffene Unternehmen sollten zunächst eine Bestandsaufnahme vornehmen, ob im Rahmen der eigenen Vertragsbeziehungen in Deutschland eingetragene gewerbliche Schutzrechte lizenziert wurden oder veräußert worden sind bzw. dies in der Zukunft geplant ist. Hierbei ist zu bedenken, dass dies insbesondere auch der Fall sein kann, wenn nicht ausdrücklich in Deutschland eingetragene Rechte erfasst sind bzw. auch wenn hierfür keine gesonderte Vergütung erfolgt. 

Auch wenn die Frist noch in weiter Ferne scheint, besteht alleine aufgrund der Rückwirkung und des damit verbundenen Aufwands für die Ermittlung der betroffenen Vorgänge und die entsprechende Antragstellung bereits jetzt Handlungsbedarf. Zudem hat das BMF angekündigt, dass aufgrund der sehr hohen Auslastung des für die Anträge zuständigen BZSt frühzeitig ein Antrag gestellt werden sollte, um rechtzeitig (d.h. bis 30.06.2023) eine Freistellungbescheinigung zu erhalten. 

Sollte das JStG 2022 dem Entwurf entsprechend verabschiedet werden, sollte eine Freistellungsbescheinigung ab dem 01.01.2023 allerdings in den meisten Fällen entbehrlich sein.

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