Rüstungsexportgenehmigungen: Erweiterung der Informationsrechte der Bundestagsabgeordneten
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Urteil vom 21.10.2014 umfangreich zu den Beteiligungsrechten des Deutschen Bundestages bei Ausfuhrgenehmigungen nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz (KWKG) entschieden. Auch wenn die Verfassungsrichter die bisherige Genehmigungspraxis für grundgesetzkonform befanden, haben sie doch die Frage- und Informationsrechte der Abgeordneten erheblich gestärkt, indem sie diesen über die – künftig halbjährlich erscheinenden – Rüstungsexportberichte der Bundesregierung hinaus ein Informationsrecht über einzelne, verbindlich erteilte Genehmigungen zugestanden haben.
Hintergrund der Entscheidung
Im Juli 2011 berichteten verschiedene Zeitschriften über angeblich durch den Bundessicherheitsrat genehmigte Rüstungsexportgeschäfte, u.a. von 200 „Leopard“-Panzern nach Saudi-Arabien. Dieses Gremium aus Vertretern des Bundeskanzleramtes und der beteiligten Ministerien trifft in der Praxis die abschließende Genehmigungsentscheidung, die dann vom nach dem KWKG formal zuständigen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie erlassen wird. Es entscheidet außerdem über sogenannte „Voranfragen“, mit denen exportwilligen Unternehmen bereits in der Anbahnungsphase eine Genehmigung in Aussicht gestellt werden kann. Die Bundesregierung verweigerte die Antwort auf die Fragen der Beschwerdeführer, dreier Grünen-Abgeordneter, unter Hinweis auf die Geheimhaltung der Entscheidungen des Bundessicherheitsrates. Hiergegen wandten sich die Verfassungsbeschwerden.
Die Entscheidung im Einzelnen
Nach der Entscheidung des BVerfG muss die Bundesregierung den Abgeordneten auf Anfrage mitteilen, ob sie „ein bestimmtes, das heißt hinsichtlich des Rüstungsguts, des Auftragsvolumens und des Empfängerlandes konkretisiertes Kriegswaffenexportgeschäft“ abschließend genehmigt hat. Auch müssen Angaben über Art und Anzahl der Waffen, das Empfängerland, die beteiligten Unternehmen und das Gesamtvolumen, nicht aber über die Einzelpreise, gemacht werden. Über eine rechtlich unverbindliche Auskunft auf eine Voranfrage muss die Regierung hingegen ebenso wenig Auskunft geben wie über die Gründe einer Genehmigungsentscheidung oder die Beratungen im Bundessicherheitsrat.
Einem Informationsanspruch über Voranfragen stehe der Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung der Bundesregierung entgegen. Bei einer Information des Parlaments vor der endgültigen Entscheidung könnte es faktisch in diesen Bereich hineinregieren. Darüber hinaus stünden in diesem Stadium die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der betroffenen Unternehmen entgegen. Sei das Genehmigungsverfahren dagegen abgeschlossen, bestehe die Gefahr eines faktischen Mitregierens nicht mehr. Auch träten die Geheimhaltungsinteressen der Unternehmen dann hinter dem Informationsrecht der Abgeordneten zurück.
Fazit und Ausblick
Die Entscheidung des BVerfG bekräftigt das Alleinentscheidungsrecht der Bundesregierung über die Genehmigung und den Schutz der exportierenden Unternehmen während des Genehmigungsverfahrens. Zugleich wird erstmals ein auf konkret bezeichnete, abschließend genehmigte Rüstungsexporte bezogenes parlamentarisches Auskunftsrecht anerkannt. Offen bleibt, wie konkret die Abgeordneten das Geschäft bezeichnen müssen, insbesondere im Hinblick auf das Rüstungsgut und das Auftragsvolumen. Für die betroffenen Unternehmen ist damit zu rechnen, dass künftig jeder Medienbericht über Rüstungsexporte eine parlamentarische Anfrage nach sich ziehen wird. Auch Abfragen „ins Blaue hinein“ scheinen vorstellbar. Vor dem Hintergrund einer zunehmend für Rüstungsexporte sensibilisierten Öffentlichkeit könnte die Entscheidung also den öffentlichen Druck auf die Unternehmen weiter erhöhen.
(BVerfG, Urteil v. 21. Oktober .2014 – 2 BvE 5/11)