Dezember 2017 Blog

Schönheitsreparaturklauseln bald generell unwirksam?

Schönheitsreparaturklauseln in formularmäßigen Wohnraummietverträgen sind nach Auffassung des LG Berlin weitestgehend unwirksam, egal ob die Mietsache dem Mieter bei Vertragsbeginn renoviert überlassen wird oder nicht.

Sachverhalt
In einem formularmäßigen Wohnraummietvertrag waren – wie üblich - die Kosten der Schönheitsreparaturen auf den Mieter übergewälzt worden.
Nach Auffassung des LG Berlin ist die formularmäßige Überwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Wohnraummieter generell unwirksam, egal ob der Mieter zur Vornahme oder zur Kostenübernahme verpflichtet wird. In beiden Fällen liege eine für den Mieter unangemessen benachteiligende Abweichung vom gesetzlichen Leitbild vor. Die Entscheidungsgründe lassen sich auch auf sonstige, den Wohnungsmieter zu Instandhaltung bzw. Instandsetzung verpflichtenden Klauseln übertragen.
Zwar könne die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen als Teilentgelt des Mieters für die Gebrauchsüberlassung vereinbart werden (sog. Entgeltabrede). Eine solche „Entgeltabrede“ müsse aber zweifelsfrei aus dem Mietvertrag hervorgehen, dann könne die betreffende Klausel wirksam bleiben.

Entscheidung
Die Entscheidung des LG Berlin dürfte jeden Mieter in Jubelstimmung versetzen. Freilich entsprach die Vermietung von Wohnraum dem gesetzlichen Leitbild noch nie wirklich. In eher vorauseilendem Gehorsam urteilt nun das LG Berlin jedoch, die formularmäßige Überwälzung von Schönheitsreparaturen und Kleinreparaturen auf den Mieter sei generell grob unangemessen benachteiligend und deshalb unwirksam, und zwar unabhängig davon, ob der Wohnraum dem Mieter bei Mietbeginn renoviert oder nicht renoviert (mit entsprechender Kompensation) überlassen werde. Denn in beiden Fälle weiche die Überwälzung der Schönheitsreparaturen vom gesetzlichen Leitbild des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB unangemessen ab, wonach die Erhaltung der Mietsache in gebrauchstauglichem Zustand dem Vermieter obliege. Auch bei der Überlassung renovierten Wohnraums liege der Aufwand von Schönheitsreparaturen nämlich in der Regel bereits weit über einer kompensationspflichtigen Anfangsrenovierung, weil diese während der Mietzeit regelmäßig nicht nur einmal, sondern mehrfach erforderlich würden.

Die damit verbundene tatsächliche und wirtschaftliche Belastung des Mieters gebiete entweder eine kostenmäßige Begrenzung oder die Gewähr eines angemessenen wirtschaftlichen Ausgleichs seitens des Vermieters. Es sei auch unerheblich, ob die formularmäßige Reparaturpflicht auf die Beseitigung der Gebrauchsspuren beschränkt sei, die auf dem Gebrauch des Mieters beruhen.

Praxishinweis
Die Urteilsgründe beziehen sich nicht auf Individualmietverträge, sondern nur auf Formularverträge, welche aber den im Alltag häufigsten Fall darstellen dürften.
Aus Sicht des Praktikers dürfte es in Formularverträgen im Lichte dieser neuen Rechtsprechung empfehlenswert sein, auch die Verpflichtung des Mieters zur Durchführung von Schönheitsreparaturen betragsmäßig klar zu begrenzen, wie dies gemäß den Anforderungen der Rechtsprechung auch bei Kleinreparaturklauseln geschieht. Damit dürften sowohl Mieter als auch Vermieter gut leben können und der „Fall Out“ der Entscheidung dürfte sich dann in engen Grenzen halten.

Das LG Berlin scheint zwischen den Zeilen aber einen anderen Weg zu liebäugeln. Der Mieter könne die dem Vermieter nach § 535 Abs. 1 S. 2 BGB obliegende Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht als Teil seines Entgelts für die Gebrauchsüberlassung übernehmen. Der Wille zu einer solchen „Entgeltabrede“ zur Vermeidung einer ansonsten höher kalkulierten Inklusivmiete müsse dem Mietvertrag aber klar und zweifelsfrei zu entnehmen sein. Der Vermieter sei hierfür darlegungs- und beweispflichtig.

Dieser sog. „Entgeltthese“ zu folgen dürfte aber weder für Mieter noch für Vermieter komfortabel sein. Der Vermieter müsste dauerhaft einen niedrigeren Cash Flow akzeptieren. Ob der Mieter selbst Schönheitsreparaturen durchführt oder nicht, interessiert den Vermieter selten. Stattdessen wird der Vermieter also eine höhere Grundmiete vereinbaren, um die Kosten fälliger Schönheitsreparaturen decken zu können. Aus Sicht des Mieters darf bezweifelt werden, ob die Entscheidung segensreich ist. Der Mieter muss dann zwar selbst keine Schönheitsreparaturen mehr durchführen, aber er muss eine deutlich höhere Inklusivmiete zahlen. Wieviel der Vermieter daraus tatsächlich für Schönheitsreparaturen aufwendet, entzieht sich seiner Kontrolle und übrigens auch der gerichtlichen Überprüfung. Unberührt bleibt natürlich die Mietpreisbremse, sofern diese im Einzelfall tatsächlich eingreift und die maßgebliche ortsübliche Vergleichsmiete verifizierbar ist.

(LG Berlin, Urteil vom 09.03.2017- 67 S 7/17)

Dr. Magnus Dorweiler, Rechtsanwalt
GvW Frankfurt

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