Umschreibung und Zustellung von Vollstreckungstiteln in Insolvenzverfahren mit Auslandsbezug
Ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 3.2.2011 befasst sich mit der Umschreibung des Vollstreckungtitels auf den ausländischen Insolvenzverwalter und die Zustellung des Titels an ihn im Zwangsversteigerungsverfahren.
Der BGH stellt zum einen klar, dass sich die Befugnisse des Insolvenzverwalters nach dem Recht des Staates richten, in welchem das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Zum anderen macht der BGH deutlich, dass nach Eröffnung des englischen Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines deutschen Schuldners die Zwangsversteigerung eines zur Masse gehörenden, in Deutschland belegenen Grundstücks nur angeordnet werden darf, wenn zuvor die vollstreckbare Ausfertigung des Vollstreckungstitels auf den englischen Insolvenzverwalter umgeschrieben und diesem zugestellt worden ist.
Dies hat seinen Grund in dem durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens stattfindenden Wechsel der Verfügungsbefugnis nach § 80 InsO über das Vermögen des Schuldners, welcher auch für den ausländischen Insolvenzverwalter gelte. Zwar könne das Erfordernis der Umschreibung auf den englischen Insolvenzverwalter und der Zustellung an diesen nicht auf § 80 Abs. 1 InsO gestützt werden, da die Stellung des Insolvenzverwalters sich nach englischem Recht beurteilt. Der BGH gelangt jedoch über die Anwendung des sec. 306 (2) des englischen Insolvency Act 1986 zu dem Ergebnis, dass das englische Insolvenzrecht dem Insolvenzverwalter sogar eine Rechtsposition verschafft, die über die in § 80 InsO begründete Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach deutschem Recht hinausgeht. So geht nach sec. 306 (2) des englischen Insolvency Act 1986 in der Insolvenz des Schuldners dessen Eigentum auf den Insolvenzverwalter über, ohne dass es eines besonderen Übertragungsaktes bedarf. Der Verwalter tritt im Zeitpunkt seiner Bestellung hinsichtlich des gesamten beweglichen und unbeweglichen Vermögens in die Rechtsfolge des Schuldners ein.
Ob die Rechtswirkung des sec. 306 tatsächlich auf in Deutschland belegenes Schuldnervermögen anwendbar ist, da dem deutschen Recht ein Eigentumsübergang kraft Insolvenzeröffnung fremd ist, hat der BGH offen gelassen, weil jedenfalls auch nach dem deutschen Recht die Verfügungsbefugnis auf den Verwalter übergeht.
An der Notwendigkeit der Umschreibung des Titels auf den englischen Insolvenzverwalter und dessen Zustellung an diesen ändert auch die Anwendung des Art. 5 EuInsVO nichts. Nach dieser Vorschrift wird das dingliche Recht eines Gläubigers an einem Gegenstand des Schuldners, der sich zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Gebiet eines von dem Eröffnungsstaat verschiedenen Mitgliedstaats befindet, von der Eröffnung des Verfahrens nicht berührt.
Die Notwendigkeit der Umschreibung des Titels und dessen Zustellung an den englischen Insolvenzverwalter ergibt sich allein aus den vollstreckungsrechtlichen Folgen der Befugnis des Insolvenzverwalters, über das Vermögen des Schuldners zu verfügen. Art. 5 Abs. 1 EuInsVO enthält hierzu keine Regelung. Dieser stellt lediglich sicher, dass der Gläubiger eines dinglichen Sicherungsrechts auch dann von seinem Recht Gebrauch machen kann, wenn über das Vermögen des Sicherungsgebers in einem anderen EU-Land das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Geschützt wird somit das Vertrauen des Sicherungsnehmers auf die ihm gewährte Sicherheit. Dieser Schutz betrifft jedoch nur den Inhalt des Rechts, nicht dagegen die vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen, unter denen es geltend zu machen ist.
(BGH, Beschluss vom 3. Februar 2011 - V ZB 54/10)
Rechtsanwältin Shahzadi Firdous