April 2017 Blog

Nachhaftung bei der harten Patronatserklärung

Mit einer harten Patronatserklärung übernimmt der Patron entweder im Innenverhältnis zu seiner Tochtergesellschaft (interne Patronatserklärung) oder – wie hier – im Außenverhältnis gegenüber deren Gläubigern (externe Patronatserklärung) die Verpflichtung, die Tochtergesellschaft in der Weise auszustatten, dass sie stets in der Lage ist, ihren finanziellen Verbindlichkeiten nachzukommen. Dieses Sicherungsmittel birgt in der Insolvenz das Risiko einer Doppelzahlung, wie der BGH nun klargestellt hat. Hieran ändert auch eine zeitliche Befristung der Erklärung nichts.

Sachverhalt

Die hiesige Klägerin belieferte eine Tochtergesellschaft (S-GmbH)  der Beklagten mit Gas. Die Beklagte gab für die S-GmbH eine Patronatserklärung ab, die auszugsweise folgenden Inhalt hatte: „Wir, die alleinige Gesellschafterin der S-GmbH, verpflichten uns hiermit, der S-GmbH die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen, dass sie ihrerseits den vertraglichen Verpflichtungen gemäß mit ihrem Haus vereinbarten Zahlungsplan einhalten kann. Die vorliegende Patronatserklärung ist zeitlich bis zum 15.8.2007 befristet“. Nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Tochtergesellschaft und Anfechtung der von ihr bewirkten Zahlungen, zahlte die Klägerin im Vergleichswege einen Betrag von zwei Millionen Euro an den Insolvenzverwalter. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch, weil sie die vereinbarte Patronatserklärung nicht erfüllt habe. Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klage in weiten Teilen stattgegeben.

Entscheidung

Der BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde der beklagten Patronin zurückgewiesen. Diese hatte argumentiert, dass die Klägerin die Patronatserklärung während der Laufzeit der zeitlich begrenzen Ausstattungspflicht nicht gezogen hatte. Darüber hinaus sei die Tochtergesellschaft offensichtlich ausreichend mit Liquidität ausgestattet gewesen, anderenfalls hätte sie keine Zahlungen leisten können.

Der BGH hat dieser Argumentation eine Absage erteilt. Zunächst stellt er klar, dass bei einer externen Patronatserklärung der Patron seine Verpflichtung dann nicht ausreichend erfüllt, wenn er die Mittel nur intern der Tochtergesellschaft zur Verfügung stellt. Auch auf die zeitliche Befristung kann sich der Patron nicht berufen. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine zeitlich unbefristete Patronatserklärung für die Zukunft gekündigt werden kann, wenn die Parteien nach den Umständen des Einzelfalles ein entsprechendes Kündigungsrecht vereinbart haben. Da eine solche Kündigung nur für die Zukunft wirkt, hat der Patron für die bis zum Wirksamwerden der Kündigung begründeten Verbindlichkeiten weiter einzustehen und wird nur im Blick auf künftige Verbindlichkeiten von seiner Haftung befreit. Somit hat der Patron für sämtliche Verbindlichkeiten einzustehen, die im zeitlichen Geltungsbereich der Patronatserklärung entstanden sind. Die zeitliche Befristung bedeutet hingegen nicht, dass der Patron nur in dieser Zeit eine ausreichende Mittelzufuhr sicherzustellen hat. Im Falle der Insolvenzanfechtung lebt die Patronatserklärung jedenfalls als Sicherungsmittel wieder auf, analog der Rechtslage zur Bürgschaft. Der Patron ist dann im Rahmen eines Schadensersatzanspruches verpflichtet, weil sich die Forderung des Gläubigers in Höhe der Insolvenzanfechtung als uneinbringlich erweist.

Praxishinweis

Die externe Patronatserklärung birgt somit ein erhebliches Risiko der Doppelzahlung, da im Regelfall der begünstigte Dritte gerade wegen der von ihm erkannten eingetretenen Zahlungsunfähigkeit einer Gesellschaft eine solche Patronatserklärung verlangt. Dann aber wird im Insolvenzfall eine Anfechtung und damit verbunden die Doppelzahlung des Patrons die zwingende Folge sein. Sofern der Gläubiger vom Insolvenzverwalter in Anspruch genommen wird, sollte er aber daran denken, den Patron durch Streitverkündung rechtzeitig am Rechtsstreit zu beteiligen, zum einen, um die Verjährung des Anspruches zu verhindern, zum anderen, um ihm den Einwand der fehlerhaften Prozessführung abzuschneiden. 

(BGH, Beschluss vom 12. Januar 2017 – IX ZR 95/16)

Ansgar Hain, Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter
Berlin

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