April 2019 Blog

In­sol­venz­an­fecht­bar­keit ei­ner an­fäng­lich­en Si­cher­heit für den Dar­lehens­rück­zah­lungs­an­spruch eines Gesell­schaf­ters: Kein Bar­ge­schäfts­privileg

Das Bargeschäftsprivileg nach § 142 Abs. 1 InsO findet keine Anwendung auf die Anfechtung der anfänglichen Besicherung von Gesellschafterdarlehen nach § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Das hat der BGH in einem aktuellen Urteil entschieden. 

Hintergrund

Die Behandlung von Gesellschaftersicherheiten erhält im Fall der Insolvenz der Gesellschaft besondere Brisanz. § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO sieht vor, dass die Bestellung von Sicherheiten für ein Gesellschafterdarlehen anfechtbar ist, soweit sie binnen zehn Jahren vor Antragsstellung vorgenommen wurde. Bisher war umstritten war, ob die Bestellung anfänglicher Sicherheiten für Gesellschafterdarlehen nach § 142 Abs. 1 InsO auf Grund des sog. Bargeschäftsprivilegs von der Anfechtung ausgeschlossen sein kann. Dies lehnt der BHG in seiner aktuellen Entscheidung ab.

Die Entscheidung des BGH

Im Streitfall machte der Insolvenzverwalter (Kläger) gegen eine Gesellschafterin der Insolvenzschuldnerin (Beklagte) Insolvenzanfechtungsansprüche geltend. Die Beklagte war seit 2006 mit 39,2% an der Insolvenzschuldnerin beteiligt. Ende 2006 erwarb die Beklagte eine Inhaber-Teilschuldverschreibung der Insolvenzschuldnerin, die durch von einer Treuhänderin für alle Anleihegläubiger gehaltene Grundpfandrechte besichert war. Die Grundpfandrechte waren im Außenverhältnis zugunsten der Treuhänderin mit der Maßgabe bestellt, dass die Treuhänderin die Grundpfandrechte im Innenverhältnis ausschließlich zugunsten der Inhaber der Schuldverschreibungen verwaltet. Die Anleihegläubiger sollten eine „Bruchteilsgemeinschaft bezüglich der Grundpfandrechte“ bilden. 2010 geriet die Insolvenzschuldnerin in die Krise, im September 2012 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger vertrat die Auffassung, die Schuldverschreibungsforderungen der Beklagten seien nachrangig gem. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO; er focht die Sicherheitenbestellung in Form des Anteils des Gesellschafters an der Bruchteilsgemeinschaft der Anleihegläubiger gem. § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO an.

Der BGH bejahte die Anfechtbarkeit der anfänglichen Sicherheitenbestellung nach § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO n.F. Die Forderungen der Beklagten aus den Inhaberschuldverschreibungen seien Forderungen i.S.v. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO wirtschaftlich gleich zu stellen. Die anteilige Beteiligung an der gegenüber der Treuhänderin bestehenden Bruchteilsgemeinschaft dienten der Besicherung dieser darlehensgleichen Forderungen. In diesem Zusammenhang stellte sich die bislang ungeklärte und in der Literatur höchst umstrittene Frage, ob die Anfechtung anfänglicher Sicherheiten nach § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO durch das Bargeschäftsprivileg nach § 142 Abs. 1 InsO ausgeschlossen sein kann. Der BGH kam zu dem Ergebnis, dass die Anfechtbarkeit der Besicherung nicht durch das Bargeschäftsprivileg nach § 142 Abs. 1 InsO ausgeschlossen wird. Dies widerspreche dem Sinn und Zweck der Vorschriften zum Recht der Gesellschafterdarlehen. Der Gesellschafter dürfe sich durch eine bargeschäftliche Ausgestaltung der Sicherheitengewährung seiner Finanzierungsfolgenverantwortung nicht entziehen. Zudem widerspreche eine mangelnde Anfechtbarkeit auch dem Sinn und Zweck des Bargeschäftsprivilegs. Die Besicherung eines Gesellschafterdarlehens sei regelmäßig kein übliches Umsatzgeschäft des allgemeinen Geschäftsverkehrs i.S.v. § 142 Abs. 1 InsO, da es – so der BGH – zum Abfluss letzter, womöglich noch werthaltiger Sicherheiten kommen könne, ohne dass das operative Geschäft unmittelbar befördert werde.

Auswirkungen für die Praxis

Die Entscheidung des BGH fällt zu Gunsten der Insolvenzmasse aus. Gesellschafter können ihre Darlehensrückzahlungsansprüche nicht unanfechtbar durch anfängliche, den Anforderungen an das Bargeschäftsprivileg des § 142 Abs. 1 InsO gerecht werdende Besicherungen vor der Insolvenz absichern. Das dürfte künftig auch für den Eigentumsvorbehalt eines Gesellschafters gelten, soweit die Bezahlung der Ware vom Verkehrsüblichen abweicht und daher insofern eine gesellschafterdarlehensähnliche Finanzierung vorliegt. Abzuwarten bleibt, ob sich mit der Entscheidung des BGH das Risiko erhöht hat, dass die mangelnde Anwendbarkeit des Bargeschäftsprivilegs über die Bestellung anfänglicher Sicherheiten hinaus Geltung beansprucht, bspw. im Rahmen der Verrechnung von Zahlungen im Cash Pool.

(Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.02.2019 – IX ZR 149/16)

Dr. Wolfram Desch, Rechtsanwalt 
Lena Biendl, Rechtsanwältin
beide München
 

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