Dezember 2012 Blog

Geschäfte mit Gesellschafter-Geschäftsführern trotz Unterkapitalisierung

Auch bei bilanzieller Unterkapitalisierung der GmbH stellen Geschäfte mit Gesellschaftern nicht per se einen Verstoß gegen das Auszahlungsverbot aus § 30 Abs. 1 GmbHG dar, wenn sie durch betriebliche Gründe gerechtfertigt sind. Dies gilt insbesondere auch für Zahlungen zur Vergütung der Leistungen eines Gesellschafters als Geschäftsführer. Dies hat das OLG Düsseldorf am 2. Dezember 2011 entschieden.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin war Gesellschafterin einer sich in Liquidation befindlichen GmbH. Sie begehrte von ihrer Mitgesellschafterin, die zugleich Alleingeschäftsführerin der GmbH war, die Rückerstattung von Gewinntantiemen für die Jahre 2003 bis 2007. Diese hatte sich die Geschäftsführerin aufgrund ihres Anstellungsvertrags selbst ausgezahlt. Aus den Jahresabschlüssen für die Jahre 2003 und 2004 ergab sich jeweils eine bilanzielle Unterkapitalisierung der Gesellschaft. Nachdem das LG Wuppertal die Klage abgewiesen hatte, blieb auch die dagegen gerichtete Berufung erfolglos.

Das OLG Düsseldorf hat klargestellt, dass Geschäfte mit Gesellschaftern selbst bei einer bilanziellen Unterkapitalisierung der Gesellschaft nicht per se verboten sind, sofern sie durch betriebliche Gründe gerechtfertigt sind und dem Drittvergleich standhalten. Demzufolge stelle es, so das Gericht, keine verbotene Auszahlung nach § 30 Abs. 1 GmbHG dar, wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer während einer bilanziellen Unterkapitalisierung Bezüge erhalte, deren Höhe den marktgerechten Bezügen eines Fremdgeschäftsführers entspricht. Für die Annahme einer nach § 30 Abs. 1 GmbHG verbotenen Auszahlung sei erforderlich, dass diese ihre Grundlage im Gesellschaftsverhältnis habe. Im vorliegenden Fall beruhte die Leistung an die Geschäftsführerin auf Ihrem Anstellungsvertrag, so dass zunächst der Anschein eines Drittgeschäfts bestehe. Eine verbotene Zahlung könne deshalb auch unter Berücksichtigung des § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG nur vorliegen, falls die Vergütung unter Berücksichtigung der Marktverhältnisse in einem Missverhältnis zu der erbrachten Leistung stehe. Hierbei sei zudem zu beachten, dass den Gesellschaftern ein der Überprüfung durch das Gericht entzogener Ermessensspielraum hinsichtlich der Höhe der Vergütung verbleibe. Nach alledem sei eine verbotene Auszahlung im vorliegenden Fall nicht festzustellen.

Aus der Zulässigkeit der Zahlung nach § 30 Abs. 1 GmbHG folge überdies grundsätzlich auch, dass keine Pflichtverletzung im Sinne von § 43 Abs. 1 GmbHG vorliege. Eine solche könne sich allerdings in eng umgrenzten Ausnahmefällen aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht ergeben. Diese könne den Gesellschafter-Geschäftsführer dazu anhalten, auf eine Herabsetzung seiner Bezüge hinzuwirken. Ein solcher Ausnahmefall liege allerdings erst vor, wenn sich die Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft zu einer wirtschaftlichen Krise ausgeweitet habe. Im vorliegenden Fall wurde ein Verlust für die Jahre 2003 und 2004 erwirtschaftet, die Jahresabschlüsse der drei folgenden Jahre wiesen dagegen jeweils einen Überschuss auf. In diesem Zusammenhang erläuterte das Gericht, dass sich aus einzelnen negativen Jahresabschlüssen noch keine wirtschaftliche Krise ableiten lasse.

Die Entscheidung bestätigt die grundsätzliche Zulässigkeit von Zahlungen an Gesellschafter auch in Phasen der bilanziellen Unterkapitalisierung und stellt klar, dass die hierzu anerkannten Grundsätze auch auf Zahlungen an Gesellschafter-Geschäftsführer Anwendung finden. Zu beachten ist jedoch, dass nach den Ausführungen des OLG Düsseldorf Fälle denkbar sind, in denen der Gesellschafter-Geschäftsführer verpflichtet sein kann, von sich aus auf eine Herabsetzung seiner Bezüge hinzuwirken. Dies muss während der wirtschaftlichen Krise einer Gesellschaft beachtet werden, wenn eine Haftung aufgrund überhöhter Zahlungen vermieden werden soll.

(OLG Düsseldorf, Urt. V. 2.12.2011 - Az.: I-16 U 19/10 - rechtskräftig)

Florian Puschmann, Rechtsanwalt; Ricarda Braun, Wissenschaftliche Mitarbeiterin

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