Februar 2016 Blog

Relevanz von Flächenabweichungen bei Mieterhöhungen nach § 558 BGB

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat seine bisherige Rechtsprechung geändert und stellt bei Mieterhöhungsverlangen des Vermieters nach § 558 BGB nun auf die tatsächliche Größe der Wohnung ab. Ggf. abweichende Vereinbarungen im Mietvertrag über die Größe der Flächen haben in diesem Zusammenhang grundsätzlich keine rechtliche Bedeutung.

Sachverhalt

Die streitenden Parteien hatten einen Mietvertrag über eine Wohnung abgeschlossen und in diesem auch eine Vereinbarung über die Größe der Wohnung getroffen. Ein nach Vertragsabschluss erstelltes Flächenaufmaß ergab, dass die Fläche der gemieteten Wohnung tatsächlich ca. 54 qm größer war als im Vertrag angegeben. Der Vermieter verlangte daher vom Mieter dessen Zustimmung zur Erhöhung der Miete: zum einen wegen der Überschreitung der vertraglich vereinbarten Wohnfläche und zum anderen auf Grundlage von § 558 BGB, der dem Vermieter Mieterhöhungen bis zur ortüblichen Vergleichsmiete erlaubt, wenn die Miete bis dahin 15 Monate unverändert geblieben ist.

Die Entscheidung

Der BGH entschied, dass eine Mieterhöhung nur unter Anwendung des § 558 BGB (Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete) erfolgen könne. Dabei sei aber nicht die vertraglich vereinbarte Größe, sondern die tatsächliche Größe des Mietobjekts zugrunde zu legen, wenn diese abweicht. Gleichzeitig gelte bei der Anpassung auch die gesetzlich vorgeschriebene Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 BGB, die sich zwischen 15 % und 20 % bewegt. Dieser müsse die vertraglich zu Beginn des Vergleichszeitraums vereinbarte Miete zugrunde gelegt werden.

Der BGH ändert mit dieser Entscheidung ausdrücklich seine bisherige Rechtsprechung, wonach bei Mieterhöhungen nach § 558 BGB Abweichungen von der vertraglich vereinbarten Fläche von bis zu 10 % unbeachtlich waren. Das Gericht begründet seine Entscheidung damit, dass nach dem Willen des Gesetzgebers allein der objektive Wohnwert für eine Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete, die ihrerseits ebenfalls nach objektiven Maßstäben wie Lage, Größe, Ausstattung oder Beschaffenheit bestimmt werde, maßgebend sein könne. Auf der anderen Seite könne dem Mieter kein schutzwürdiges Vertrauen zuzugestehen sein, dass ihm der Vorteil eines unter der ortüblichen Vergleichsmiete liegenden Mietzinses dauerhaft verbliebe. Zudem sei der Mieter durch die Voraussetzungen, die § 558 BGB für eine Mieterhöhung vorsieht, zusätzlich und damit ausreichend geschützt.

Hinweise für die Praxis:

In vorherigen Entscheidungen hatte der BGH es als zulässig erachtet, dass Mieterhöhungsverlangen auf die im Mietvertrag vereinbarte Größe der Wohnung gestützt werden, wenn sich die Flächenabweichungen in einem Rahmen von 10 % - sowohl „nach oben“ als auch „nach unten“ - bewegten. Nach seiner neuen Rechtsprechung ist nun die tatsächliche Größe der Wohnung zugrunde zu legen. Anzupassen ist dabei der vertraglich vereinbarte, und nicht der aufgrund der Flächenabweichung eigentlich geschuldete Mietzins, während zur Bestimmung der Kappungsgrenze auf die vertraglich vereinbarte Miete zurückzugreifen ist. Der BGH hält jedoch an seiner Rechtsprechung fest, wonach der Mieter ab einer Flächenunterschreitung von 10% zu Mietminderungen berechtigt ist, da es sich bei der Vereinbarung einer bestimmten Größe des Mietobjekts regelmäßig um eine Beschaffenheitsvereinbarung handele.

(BGH, Urt. v. 18.11.2015, Az. VIII ZR 266/14)

Shari Fabienne Kind, Rechtsanwältin
Frankfurt

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