Januar 2019 Blog

Brexit – Steu­er­recht­liche As­pek­te!

Die Ablehnung des sogenannten „Brexit-Deals“ durch das britische Unterhaus und die erste Weigerung der Europäischen Union den „Brexit-Deal“ nach zu verhandeln, lassen einen „harten Brexit“ am 29. März 2019 wahrscheinlich werden. Dann würde das Vereinigte Königreich ohne multilaterale Übergangsvereinbarungen aus der Europäischen Union ausscheiden.

Ausgewählte unternehmenssteuerrechtliche Aspekte eines „harten Brexits“

Ein Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union ohne eine multilaterale Übergangsvereinbarung würde eine Vielzahl von steuerrechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen, da das Vereinigte Königreich dann Drittstaat wäre. Damit wären insbesondere die Richtlinien der Europäischen Union, wie etwa die Fusions-Richtlinie (90/434/EWG) oder die Mutter-Tochter-Richtlinie (2011/96/EU), und die in dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union („AEUV“) niedergelegten Grundfreiheiten nicht mehr anwendbar. Die Bundesrepublik Deutschland hat daher ein Gesetzesentwurf (Brexit-Steuerbegleitgesetz – Brexit-StBG) vorgelegt, um steuerliche Folgen, die aus einem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union resultieren, abzumildern. Das Gesetz sieht z.B. einen neuen § 4g Abs. 6 EStG vor, der bestimmt, dass steuerliche Ausgleichsposten nach § 4g EStG infolge eines Brexits nicht sofort gewinnerhöhend aufzulösen sind. Im Ergebnis bleiben aber eine ganze Reihe von steuerlich negativen Konsequenzen und Unklarheiten bestehen, die durch das Brexit-StBG nicht klargestellt wurden, wie z.B. umwandlungssteuerliche Fallstricke im Rahmen von bereits durchgeführten Umstrukturierungsmaßnahmen.

Vorliegend wird die Darstellung sinnvollerweise auf wesentliche Aspekte beschränkt. Aus unternehmenssteuerrechtlicher Sicht sind vor diesem Hintergrund vor allem zwei Aspekte hervorzuheben: (i) Dividendenzahlungen wären bei einem Brexit nicht mehr nach § 43b EStG von der Quellensteuer befreit und (ii) britische Kapitalgesellschaften mit Verwaltungssitz in Deutschland würden nicht mehr gesellschaftsrechtlich anerkannt, mit der Folge der rechtlichen Umqualifizierung zu einer Personen(handels)gesellschaft.

Quellensteuer und Dividendenzahlungen

Die Mutter-Tochter-Richtlinie und § 43b EStG wären infolge des Brexits nicht mehr auf Dividendenzahlungen einer deutschen Tochtergesellschaft an ihre britische Muttergesellschaft anwendbar. Die Besteuerung der Dividenden würde den allgemeinen Regeln folgen, die für Drittstaaten gelten. Das deutsch-britische Doppelbesteuerungsabkommen („DBA GB“) sieht in Art. 10 Abs. 2 lit. a) eine Reduktion der Quellensteuer für Dividendenzahlungen auf 5% des Bruttobetrages vor. Voraussetzung für die Quellensteuerreduktion ist nach Art. 10 Abs. 2 lit. a) DBA GB, dass mindestens eine Beteiligung an der deutschen Tochtergesellschaft in Höhe von 10% des Stammkapitals besteht. Die Reduktion auf 5% erfolgt im Wege des Erstattungsverfahrens bei dem die Voraussetzungen des § 50d Abs. 3 EStG zu beachten sind, mithin die Substanzanforderungen an die Muttergesellschaft erfüllt werden müssen (EuGH , Beschluss v. 14. Juni 2018, Rs. C-440/17, ist grundsätzlich nicht auf Gesellschaften mit Sitz in einem Drittstaat anwendbar, vgl. GvW Newsletter August 2018). Für britische Holdingstrukturen besteht damit ein steuerplanerischer Bedarf, damit mindestens eine Quellensteuerreduktion auf 5% erzielt werden kann.

Bei Dividendenzahlungen von einer britischen Tochtergesellschaft an ihre deutsche Muttergesellschaft würden ab dem Brexit strengere Anforderungen hinsichtlich einer Freistellung von der Gewerbesteuer gelten, da die Aktivitätsklauseln des Art. 23 Abs. 1 lit. c) DBA GB und des § 9 Nr. 7 GewStG zu beachten wären. Darüber hinaus verlangt § 9 Nr. 7 GewStG auch eine Beteiligung an der britischen Tochtergesellschaft in Höhe von 15% des Stammkapitals. Somit kann auch bei deutschen Holdingstrukturen mit britischen Tochtergesellschaften Bedarf für steuergestalterische Maßnahmen bestehen.

Britische Kapitalgesellschaften mit Verwaltungssitz in Deutschland

Für britische Kapitalgesellschaften mit Verwaltungssitz in der Bundesrepublik Deutschland, wie die private limited company by shares und die public limited company, gilt nach einem Brexit wieder die sogenannte Sitztheorie (anstatt der sogenannten Gründungstheorie), da die Grundsätze der europäischen Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV nicht mehr für britische Gesellschaften gelten. D.h., maßgeblich für das anwendbare Gesellschaftsrecht in Deutschland ist dann das Recht des Sitzstaats Deutschland, mit der Folge, dass die britischen Kapitalgesellschaften gesellschaftsrechtlich als Personen(handels)gesellschaften bzw. Einzelunternehmen gelten. Steuerrechtlich ist zwar zweifelhaft, ob der BFH dem Gesellschaftsrecht folgen würde und das Vorliegen einer Mitunternehmerschaft (falls gewerblich) annehmen würde, da der BFH grundsätzlich einen Rechtstypenvergleich ausländischer Gesellschaften vornimmt. Jedoch würden auf jeden Fall haftungsrechtliche Risiken der Gesellschafter bestehen, weil diese dann rechtlich unbeschränkt haften würden. Daher sollte in diesem Fall verschiedenen Maßnahmen in Betracht gezogen werden, um die Haftung wieder zu beschränken. Der Gesetzgeber hat vor diesem Hintergrund grenzüberschreitende umwandlungsrechtliche Maßnahmen vereinfacht, um möglichst vielen britischen Kapitalgesellschaften mit Verwaltungssitz in Deutschland eine grenzüberschreitende Umwandlung zu ermöglichen. In Betracht kommt der grenzüberschreitende Formwechsel, der steuerlich am attraktivsten ist, aber mangels gesetzlicher Kodifikation einige umwandlungsrechtliche Unsicherheiten mit sich bringt. Daneben kommt eine grenzüberschreitende Verschmelzung auf eine deutsche Kapital- oder Personengesellschaft in Betracht, wobei steuerliche Fallstricke zu beachten sind.

Fazit

Noch bestehen Möglichkeiten, um negative steuerliche Folgen des Brexit abzumildern. Diese Möglichkeiten sollten nun zügig genutzt werden. Dabei ist auch an indirekte Steuern wie z.B. die Umsatzsteuer zu denken und zu prüfen, ob eine (noch rechtzeitige) Umstrukturierung ökonomisch sinnvoll ist.

Dr. Michael Engel, Rechtsanwalt/Steuerberater
Frankfurt a. M.

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