Dezember 2012 Blog

EuGH zur Haftung von eBay bei Markenverletzungen

eBay verletzt Markenrechte, wenn Marken als AdWord benutzt und zur Eigenwerbung für eBay verwendet werden, und ebenso, wenn eBay-Verkäufern beim Verkauf markenverletzender Ware geholfen wird. In Markenverletzungsfällen muss eBay nicht nur die konkrete Verletzung abstellen, sondern in gewissem Umfang auch dafür sorgen, dass sonstige nicht begangen werden. Das hat der Europäische Gerichtshof am 12. Juli entschieden.

Auf eBay wird in erheblichem Umfang markenverletzende Ware angeboten. eBay unternimmt Einiges, um dem vorzubeugen. Zu wenig, finden die betroffenen Markeninhaber. L'Oréal klagte in England, der High Court legte dem EuGH verschiedene Fragen vor, weil die Auslegung der Markenrichtlinie, der E-Commerce-Richtlinie und derjenigen zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums betroffen war. Das höchste Gericht der Europäischen Gemeinschaft hat die Vorlagefragen nun beantwortet und dabei die Grenze zwischen Recht und Unrecht etwas zugunsten der Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums verschoben.

eBay darf, wie die Verwender von AdWords sonst, nicht fremde Marken benutzen, um Kaufinteressenten, die z.B. mit Google nach entsprechenden Markenprodukten suchen, auf die eBay-Webseite zu locken, wenn dabei nicht klargestellt wird, dass eBay mit – z.B. – L'Oréal nichts zu tun hat. Wenn ein Verkäufer auf eBay Markenprodukte anbietet, die tatsächlich gefälscht sind oder bei denen es sich um unbefugt reimportierte Ware handelt, begeht eBay selbst dadurch keine Markenverletzung, obwohl die Marke auf der eBay-Plattform angezeigt wird. In diesem Fall, so der EuGH, benutzt nicht eBay die Marke, sondern nur der Verkäufer. Hingegen kann eBay, auch ohne selbst eine Markenverletzung zu begehen, auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn eBay dem Verkäufer Hilfestellung leistet und dadurch eine Markenverletzung durch diesen erst möglich macht. Außerdem muss eBay auf Antrag betroffener Rechteinhaber, ggf. auf eine gerichtliche Anordnung hin, „wirksame und abschreckende" Maßnahmen treffen, um Rechtsverletzungen zu verhindern. Allerdings müssen die Maßnahmen verhältnismäßig sein, und darf der rechtmäßige Handel nicht behindert werden. Soweit eBay danach auf Unterlassung haftet, muss eBay also nicht nur das konkrete Angebot beseitigen, sondern sich in zumutbarem Umfang auch darum kümmern, dass zukünftig keine Markenverletzungen dieser Art mehr begangen werden. Dabei muss eBay u.U. den Anbieter von der weiteren Teilnahme ausschließen, jedenfalls aber dem Markeninhaber die Identität des betroffenen Anbieters offenbaren, wenn der gewerblich handelt.

Nebenbei stellt der EuGH auch fest, dass der Verkauf von Parfüm – für andere Produkte gilt im Grundsatz nichts anderes – in geänderter Verpackung oder ohne eine solche unter bestimmten Umständen eine Verletzung der Marke bedeutet, unter der das Produkt vom Markeninhaber in Verkehr gebracht worden war. Die Erschöpfungswirkung, wonach der Inhaber die Verwendung der Marke auf dem einmal in Verkehr gebrachten Produkt nicht mehr verbieten darf, greift dann nicht.
Das Urteil hat über das Markenrecht hinaus Bedeutung auch für andere Schutzrechte, nämlich Designrecht, Patent- und Urheberrecht. Der EuGH hat dabei kein Neuland beschritten, sondern die ihm vorgelegten Fragen in einer Weise beantwortet, die man erwarten konnte. Die Details der Haftung – der Verantwortlichkeit, wie der EuGH sagt – sind Sache des nationalen Rechts. Der Bundesgerichtshof hat sich mit der Haftung von eBay für Schutzrechtsverletzungen eingehend befasst. „Klare Rechtsverletzungen“ muss eBay danach, wenn entsprechende bereits geschehen sind, unterbinden. Wenn der EuGH den Rechteinhaber so gestellt sehen möchte, dass er von eBay – für andere Online-Plattformen gilt im Grundsatz nichts anderes – „wirksame und abschreckende Maßnahmen" zur Verhinderung von weiteren Schutzrechtsverletzungen verlangen kann, kann dies für das deutsche Recht bedeuten, dass sich der Umfang dessen, was eBay u.a. tun muss, um Rechtsverletzungen vorzubeugen, deutlich gegenüber dem bisher Verlangten erweitern wird. Denn auf die „klare Rechtsverletzung im Einzelfall" stellt der EuGH nicht ab, vielmehr auf eine allgemeine Präventivwirkung.

(EuGH Urt. v. 12.7.2011, Rechtssache C-324/09)

Dr. Kristofer Bott, Rechtsanwalt/Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

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