März 2019 Blog

Kein Er­ho­lungs­ur­laub (mehr) für Son­der­ur­laub

Ein Arbeitnehmer, der mit seinem Arbeitgeber Sonderurlaub vereinbart hat, erwirbt während dieser beschäftigungsfreien Zeit keinen Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat damit seine bisherige, für viele Arbeitgeber unverständliche Rechtsprechung aufgegeben.

Bislang entstand der Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub grundsätzlich für die gesamte Dauer des bestehenden Beschäftigungsverhältnisses, und zwar unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer tatsächlich arbeitete oder nicht. Noch vor 5 Jahren argumentierte das BAG, dass der 4-wöchige jährliche Mindesturlaub gemäß § 13 Abs. 1 S. 1 BUrlG zwingend sei. Einzige Ausnahme war die Möglichkeit des Arbeitgebers, durch Erklärung den Jahresurlaub gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 BEEG für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um 1/12 zu kürzen.

In dem nun vom BAG entschiedenen Fall gewährte die beklagte Stadt einer Arbeitnehmerin auf deren Antrag von September 2013 bis August 2015 unbezahlten Sonderurlaub. Nach ihrer Rückkehr aus dem Sonderurlaub verlangte die Arbeitnehmerin auch für die 24-monatige Dauer des ruhenden Arbeitsverhältnisses weitere 90 Tage bezahlten Erholungsurlaub. Das BAG hat sich auf die Seite der Arbeitgeberin gestellt.

Ihre Entscheidung begründen die Erfurter Richter ausweislich der Pressemitteilung so: Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch beträgt pro Jahr 4 Wochen. Dies sind bei 6 Arbeitstagen in der Woche 24 Urlaubstage, bei einer 5-Tage-Woche 20 Urlaubstage, bei einer 4-Tage-Woche 16 Urlaubstage usw. Während eines Sonderurlaubs sind die Hauptleistungspflichten der Arbeitsvertragsparteien vorübergehend vollständig ausgesetzt. Demnach erlangt ein Arbeitnehmer für solche Zeiten auch keinen Urlaubsanspruch.

Dieses nachvollziehbare Ergebnis steht im Einklang mit einer aktuellen Entscheidung des Gerichtshof der EU zum Urlaub nach Kurzarbeit. Die Entstehung des gesetzlichen bezahlten jährlichen Mindesturlaubs setze voraus, dass der Arbeitnehmer tatsächlich gearbeitet habe. Denn nur dann rechtfertige der Schutz der Sicherheit und Gesundheit, dass ein Arbeitnehmer „über einen Zeitaum der Erholung, der Entspannung und der Freizeit verfügt“ (EuGH, Urteil vom 13.12.2018, Rs. C-385/17).

Praxishinweis

Eine Sorge weniger für Unternehmen, die mit ihren Mitarbeitern Sonderurlaub vereinbaren, etwa durch Ermöglichung eines Sabatticals. Für solche Zeiten, in denen das Arbeitsverhältnis ruht, braucht der Arbeitgeber keinen bezahlten Erholungsurlaub mehr zu gewähren. Zur Vermeidung von späteren Auseinandersetzungen sollten Personalabteilungen bei der Vereinbarung von längerem Sonderurlaub eine Bestimmung aufnehmen, wonach für die Dauer des Sonderurlaubs kein Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub entsteht.

Die Urteilsbegründung könnte auch spannend für die Frage sein, ob sich eine Langzeiterkrankung auf den Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub auswirkt. Immerhin erbringt der Arbeitnehmer auch während Zeiten der Arbeitsunfähigkeit keine Arbeitsleistung.

(BAG, Urteil vom 19.03.2019, Az. 9 AZR 315/17)

Karsten Kujath, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
Frankfurt am Main

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