März 2021 Blog

Wie vergütet man einen zeit­lichen Mehr­auf­wand bei zu­sätzlich­en Leis­tungen?

Das OLG Köln stellt in einer ganz aktuellen Entscheidung fest, dass die Mehr- und Minderkosten einer geänderter bzw. einer zusätzlichen Leistung auch die Kosten für den Stillstand von Baugeräten beinhalten, wenn diese Geräte für andere Leistungspositionen erforderlich sind und ihre Ausführung wegen der geänderten oder zusätzlichen Leistung verschoben wird.

Wie die Anpassung der dem Auftragnehmer dann zustehenden Vergütung zu regeln ist, wenn die Parteien hierzu im Vorwege keine Einigung getroffen haben, ist durch ergänzende Vertragsauslegung zu ermitteln.

Hintergrund

Der klagende Auftragnehmer begehrte in dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall den Ersatz von Vorhaltekosten wegen eines Baustillstands. Der Auftragnehmer war zur Schadstoffsanierung und für Abbrucharbeiten bei dem Teilrückbau einer Justizvollzugsanstalt beauftragt. Die Arbeiten verzögerten sich mehrmals wegen Asbestbelastungen in verschiedenen Bereichen der Anstalt, womit auch ein zeitlicher Mehraufwand für den Auftragnehmer verbunden war. Der Auftragnehmer erstellte hieraufhin Nachtragsangebote für die anfallenden Vorhaltekosten von zwei für die Abbrucharbeiten benötigte Kettenbagger, da diese für zwei Wochen stillstanden. Die in den Nachtragsangeboten enthaltenen Vorhaltekosten wurden vom Auftraggeber abgelehnt und nicht bezahlt.

Der beklagte Auftraggeber zahlte den Schlussrechnungsbetrag, bis auf die in den Nachträgen enthaltenen Vorhaltekosten, wodurch sich eine Restforderung von 118.816,57 EUR brutto für das Vorhalten der zwei Kettenbagger ergab. Diese Forderung war Gegenstand des hiesigen Berufungsverfahrens vor dem OLG Köln.

Anspruch des Auftragnehmers auf Vergütung für zusätzliche Leistung

Die Kosten für die zusätzliche Vorhaltung der Geräte können vom Auftragnehmer jedenfalls gemäß §§ 2 Abs. 5, 6 VOB/B verlangt werden. Es handelt sich um Kosten, die der Klägerin aufgrund der Änderungsanordnung des Auftraggebers entstanden sind.

Das OLG spricht der Klägerin gerade keinen Anspruch aus § 6 Abs. 6 VOB/B zu. Allerdings bejaht das Gericht einen Vergütungsanspruch aus § 2 Abs. 5 bzw. Abs. 6 VOB/B, der dem Auftragnehmer bei einer Änderungsanordnung durch den Auftraggeber zusteht. Dieser Anspruch beinhaltet nach der Entscheidung des OLG Köln gerade auch Mehrkosten, die sich aus den Auswirkungen der geänderten oder zusätzlichen Leistung auf die Bauzeit ergeben. Führt eine Anordnung des Auftraggebers von geänderten oder zusätzlichen Leistungen zu einem zeitlichen Mehraufwand, kann der Auftragnehmer die hierdurch verursachten Kosten als Vergütungsanspruch also geltend machen.

Maßgeblich für die Ermittlung der Vergütung nach § 2 Abs. 5/6 VOB/B sind Kosten, die kausal auf die Verzögerung der Bauzeit zurückgeführt werden können und damit die Differenz der tatsächlichen Kosten und der Kosten, die bei Einhaltung der Bauzeit gemäß Ausschreibung entstanden wären.

Fehlende Einigung über Vergütung

Fehlt es darüber hinaus – was regelmäßig anzunehmen ist - an einer vorherigen Einigung und einem übereinstimmenden Verständnis in Bezug auf die Berechnungsmethode des Vergütungsanspruches für diese Kosten, bedarf es nach dem OLG Köln einer ergänzenden Vertragsauslegung. Dabei werden die tatsächlichen Kosten mit angemessenen Zuschlägen als eine den Interessen beider Parteien gerechte Lösung angesehen. Diese Herleitung ergibt sich u.a. aus dem Sinn und Zweck der Regelung, die wechselseitigen Interessen bestmöglich auszugleichen und durch eine Veränderung der Leistungen keine Besser- oder Schlechterstellung der Parteien zu erzeugen.

Praxishinweis

Auch in diesem Urteil wird im Zusammenhang mit einer Leistungsänderung also wieder auf die tatsächlichen Kosten zzgl. angemessener Zuschläge abgestellt.

Zu beachten ist bei dieser Entscheidung, dass durch den BGH für die aktuellen Fälle noch nicht entschieden ist, nach welchen Rechtsgrundätzen der Mehraufwand durch eine Änderungsanordnung zu vergüten ist – vorkalkulatorisch oder auf Grundlage der tatsächlichen Mehrkosten. Zudem bleibt unsicher, ob bei einem Mehrvergütungsanspruch nur der unmittelbare oder auch der mittelbare Mehraufwand, wie hier die Stillstandskosten, auch nach dem BGH erfasst sein dürfte. Die Revision ist vom OLG Köln zugelassen worden. Es bleibt daher spannend, wie sich der BGH in dieser Frage positionieren wird.

Moritz Koch, Rechtsanwalt
Hamburg

 

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