Dezember 2012 Blog

Änderungen im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung (Zeitarbeit)

Der Bundestag hat am 24. März 2011 einen Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) beschlossen. Mit dieser Gesetzesänderung wird die Europäische Richtlinie zur Leiharbeit (2008/104/EG) in deutsches Recht umgesetzt. Zudem soll ein missbräuchlicher Einsatz der Arbeitnehmerüberlassung unterbunden werden.
Von den verschiedenen Änderungen des AÜG sind die folgenden hervorzuheben:

  • Das AÜG findet zukünftig schon dann Anwendung, wenn die Arbeitnehmerüberlassung „im Rahmen der wirtschaftlichen Tätigkeit" des Verleihers erfolgt. Voraussetzung ist hingegen nicht mehr, dass der Verleiher „gewerbsmäßig" handelt. So gilt das AÜG nach seiner Änderung auch für Arbeitgeber, die mit der Arbeitnehmerüberlassung keinen Erwerbszweck verfolgen. Damit erweitert sich der Kreis der Arbeitgeber, die eine behördliche Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung benötigen. Eine Ausnahme gilt allerdings dann, wenn die Arbeitnehmerüberlassung nur gelegentlich erfolgt und der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird. Damit soll es auch zukünftig ohne Erlaubnis zulässig bleiben, Arbeitnehmer kurzfristig an Dritte zu überlassen. Noch ist allerdings nicht abzusehen, wie der Begriff des „gelegentlichen" Überlassens von den Gerichten ausgelegt werden wird.

  • Ein Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung soll durch die sog. „Drehtürklausel" verhindert werden. In der Vergangenheit haben Fallgestaltungen für öffentliches Aufsehen gesorgt, in denen Mitarbeiter zunächst entlassen und unmittelbar im Anschluss von Zeitarbeitsfirmen zu schlechteren Konditionen angestellt wurden. Diese Zeitarbeitsunternehmen haben die Mitarbeiter dann wieder an ihren früheren Arbeitgeber verliehen. Diese Vorgehensweise wird deutlich erschwert. Es bleibt zwar auch weiterhin zulässig, Mitarbeiter als Zeitarbeitskräfte einzustellen und diese zeitnah ihrem früheren Arbeitgeber zu überlassen. Soweit der Leiharbeitnehmer aber in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung aus einem Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher ausgeschieden ist, muss der Leiharbeitnehmer zwingend in der Höhe vergütet werden, in der vergleichbare Arbeitnehmer des Entleihers vergütet werden. Damit wird diese spezielle Ausprägung der Arbeitnehmerüberlassung im Regelfall wirtschaftlich unattraktiv.

  • Eine neue Vorschrift des AÜG gestattet es der Bundesregierung, eine verbindliche Lohnuntergrenze in Höhe der tariflichen Mindestentgelte zu bestimmen. Auch wenn hier aus politischen Gründen der Begriff des Mindestlohns vermieden und keine gesetzliche Festlegung der Lohnhöhe erfolgt, führt der Erlass einer solchen Rechtsverordnung praktisch gerade zu einer solchen Mindestvergütung. Die Bundesregierung wird die erforderliche Rechtsverordnung voraussichtlich im Sommer 2011 erlassen. Alle Leiharbeitnehmer werden dann Anspruch auf eine Vergütung in Höhe von mindestens EUR 7,79 im Westen und EUR 6,89 im Osten haben.

  • Zukünftig hat jeder Leiharbeitnehmer Anspruch auf Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen unter den gleichen Bedingungen, zu denen vergleichbare Arbeitnehmer des Entleihers Zugang erhalten. Zu den Gemeinschaftseinrichtungen zählen beispielsweise Betriebskindergärten, Kantinen und Parkplätze. Ausnahmen sind nur gestattet, soweit dies aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist. Leiharbeitnehmer müssen vom Entleiher zudem über freie Stellen in allen Betrieben des Entleiherunternehmens unterrichtet zu werden. Das Entleiherunternehmen kann diese Verpflichtung z. B. durch einen Aushang oder eine Verlautbarung im Intranet erfüllen.

Fazit:
Die Arbeitnehmerüberlassung wird ihre immer größere Bedeutung für die Wirtschaft auch in Zukunft nicht verlieren. Sowohl Entleiher als auch Verleiher sollten sich jedoch frühzeitig mit den neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen befassen, um Schadensersatzansprüche der Leiharbeitnehmer oder Bußgelder zu vermeiden.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Jan T. Hartmann

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