Mai 2016 Blog

eCommerce: Drohende Abmahnwelle wegen Verletzung von Informationspflichten

Seit Anfang dieses Jahres müssen Betreiber von Internetseiten, mit denen Produkte oder Dienstleistungen an Endverbraucher vertrieben werden, einen Link auf eine neue, von der Europäischen Kommission betriebene Streitschlichtungswebsite setzen. Unterbleibt dieser Hinweis, liegt nach einer jüngsten Entscheidung des LG Bochum ein abmahnfähiger Wettbewerbsverstoß vor. Das Gericht hat damit einer neuen Abmahnwelle den Weg bereitet.

Rechtsgrundlage

Mit der zu Beginn des Jahres in Kraft getretenen Verordnung (EU) Nr. 524/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 soll durch Einrichtung einer Europäischen Plattform zur Online-Streitbeilegung (so genannte „OS-Plattform“) „eine unabhängige, unparteiische, transparente, effektive, schnelle und faire außergerichtliche Online-Beilegung von Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmern ermöglicht“ werden. Die OS-Plattform wird als zentrale Anlaufstelle für Verbraucher und Unternehmer in allen Amtssprachen der Organe der Europäischen Union kostenfrei zur Verfügung stehen und im Verhältnis zwischen Online-Händlern und Verbrauchern beiden Seiten die Möglichkeit geben, im Streitfall nationale Stellen für die alternative Streitbeilegung anzurufen. Die Einrichtung der OS-Plattform steht in der Verantwortung der Europäischen Kommission.
Die Verordnung richtet sich an in der EU niedergelassene Unternehmer, die Online-Kaufverträge oder Online-Dienstleistungsverträge zum Abschluss mit in der EU ansässigen Verbrauchern anbieten sowie in der Union niedergelassene Online-Marktplätze. Diese Anbieter sind nach der Verordnung verpflichtet, auf ihren Websites für Verbraucher leicht zugänglich einen Link zur OS-Plattform einzustellen. Die Internetseite zu der OS-Plattform ist unter diesem Link abrufbar. Darüber hinaus sind die Angaben zur Online-Streitbeilegung in die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Anbieters aufzunehmen. Die Unternehmer müssen ferner ihre E-Mail-Adresse angeben.

Urteil des LG Bochum

Wie das Landgericht Bochum mit dem nun bekannt gewordenen Urteil bestätigt hat, kann ein fehlender Link zur Plattform von einem Wettbewerber als Wettbewerbsverstoß abgemahnt werden.

Beachtlich an dieser Entscheidung ist, dass der Verstoß unabhängig davon als relevant angesehen wurde, ob in Deutschland bereits eine Streitbeilegung erfolgt. Auch kam es dem Gericht nicht darauf an, dass zum Erlass der einstweiligen Verfügung noch nicht einmal die OS-Plattform abrufbar war. „Denn selbst wenn heute in Deutschland noch keine Streitbeilegung stattfindet, so steht damit nicht fest, dass bei später entstehenden Streitigkeiten aufgrund bis heute abgeschlossener Verträge diese Plattform in Deutschland immer noch nicht zur Verfügung steht. Von daher muss diese Information jetzt erteilt werden, damit der Verbraucher sie in einem späteren Zeitpunkt nutzten kann. Denn eine Streitigkeit muss nicht kurzfristig nach Vertragsschluss entstehen, sie kann auch zu einem deutlich späteren Zeitpunkt zumindest innerhalb der Gewährleistungsfrist auftreten. Von daher ist das Fehlen der Information und des Links auch eine spürbare Beeinträchtigung des Verbrauchers“.

Was zu tun ist

Jeder Anbieter, der im eCommerce Waren oder Dienstleistungen zum Bezug durch Verbraucher in der EU anbietet, sollte auf seiner Webseite umgehend einen Link auf die OS-Plattform setzen. Anderenfalls drohen Abmahnungen durch Wettbewerber wegen Ansprüchen insbesondere auf Unterlassung, die auch im Wege einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden können. Dem korrespondieren Aufwendungsersatzansprüche (Anwaltskosten des Gegners) und im Falle einer streitigen Auseinandersetzung Gerichtskosten. Zusätzlich ist eine Kontakt-E-Mail-Adresse des Plattform- oder Webshop-Betreibers anzugeben. Darüber hinaus sind die allgemeinen Geschäftsbedingungen zu ergänzen.

LG Bochum, Urteil vom 31. März 2016 (Az. 14 O 21/16)

Christian Kusulis; Rechtsanwalt
Dr. Stefan Drackert, Rechtsanwalt
beide Frankfurt a.M.

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