Mai 2020 Blog

Update: Bundes­regie­rung kritisiert Gesetzes­ent­wurf zur Reform der Schrift­form im Miet­recht

Die Bundesregierung hat zu dem Gesetzesentwurf des Bundesrates zur Reform des Schriftformerfordernisses nach § 550 BGB Stellung genommen und Kritik an der geplanten Neuregelung geübt. Wie geht es nun mit dem Gesetzvorhaben weiter?

Übersicht

Im Dezember 2019 brachte der Bundesrat einen Gesetzesentwurf zur Reform der Schriftform im Mietrecht auf den Weg, der eine vollständige Streichung des aktuellen § 550 BGB und eine Neuregelung in § 566 Abs. 3 BGB-E vorsieht. Über den Gesetzesentwurf haben wir bereits in der Januar-Ausgabe unseres Newsletters berichtet. In der Fachliteratur wie in der Praxis ist der Gesetzesentwurf auf breite Zustimmung gestoßen.

Stellungnahme der Bundesregierung

Umso mehr überrascht die kritische Stellungnahme der Bundesregierung. Zwar ist ihr das Problem in der Praxis bekannt, dass sich Parteien aus taktischen Gründen auf eine Formunwirksamkeit wegen Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis des § 550 des BGB berufen, um sich so aus unliebsam gewordenen Verträgen zu befreien. Allerdings hält sie den vom Bundesrat vorgeschlagenen Gesetzesentwurf „für einerseits zu weitgehend und andererseits nur bedingt geeignet, das angestrebte Ziel zu verwirklichen“. Folgende Kritikpunkte bringt die Bundesregierung an:

  1. Die Geltung der vorgeschlagenen Änderung im Wohnraummietrecht, obwohl dort mangels praktischer Probleme kein Handlungsbedarf bestünde. Die Auswirkungen der Neuregelung im Wohnraummietrecht seien „erheblich“ und würden im aktuellen Entwurf nicht beachtet. Die geplante Neuregelung führe zu einer Schutzlücke im Wohnraummietrecht. Zwar existiere dort neben § 550 BGB mit § 575 Abs. 1 BGB eine weitere Vorschrift, die für Zeitmietverträge die Schriftform erfordert. Diese Norm sieht ein solches Erfordernis jedoch nur für die Mitteilung des Befristungsgrundes vor, nicht aber für andere Vertragsbestimmungen und habe daher einen engeren Anwendungsbereich als § 550 BGB. Für besondere Wohnraummietverhältnisse nach § 549 Abs. 2 BGB ist § 575 BGB nicht anwendbar, sodass nach Ansicht der Bundesregierung auch dort eine Schutzlücke entstünde.
     
  2. Der bisherige Gesetzesentwurf sei unausgewogen, da er nur ein einseitiges Wahlrecht zugunsten des Vermieter-Erwerbers vorsehe. Dies führe nicht zu mehr Investitionssicherheit auf Mieterseite. Außerdem bestünde die Gefahr, dass sich der ursprüngliche Vermieter weiterhin – mittelbar durch Veräußerung an nahestehende Personen oder verbundene Unternehmen und anschließende Kündigung durch den Vermieter-Erwerber – unliebsam gewordener Mietverträge entledigen könnte.
     
  3. Es stehe zu befürchten, „dass eine Aufweichung des Schriftformerfordernisses die praktische Verbreitung schriftlicher Verträge im gesamten Mietrecht zurückgehen lassen würde“.

Bewertung und Ausblick

Die Kritik der Bundesregierung vermag nicht zu überzeugen. Den vermeintlichen Schutzlücken wirkt der Gesetzesentwurf durch das Widerspruchsrecht des Mieters entgegen, sodass dieser sowohl im Gewerbe- als auch im Wohnraummietrecht hinreichend geschützt ist. Es steht zur Disposition des Mieters, ob er dieses Widerspruchsrecht ausübt und dadurch den Mietvertrag ohne Einbeziehung der schriftformwidrig getroffenen Vereinbarung gelten lässt oder nicht. Damit sind seine Interessen ebenfalls angemessen berücksichtigt. Dass sich der Vermieter durch Übertragung des Eigentums an dem Mietobjekt an nahestehende Personen oder verbundene Unternehmen eigenmächtig unliebsamer Mieter entledigt, ist praxisfern und nicht nachvollziehbar. Dieser Einwand geht an der Realität vorbei, da er weder die damit verbundenen Notargebühren noch die daraus resultierende Grunderwerbsteuerpflicht auf Seiten des Erwerbers berücksichtigt. Ebenso fernliegend erscheint es, dass die Neuregelung zu einem Rückgang schriftlicher Vereinbarungen im Mietrecht führen soll. Denn beiden Parteien ist aus Dokumentations- und Beweiszwecken (nicht zuletzt vor Gericht) an einer schriftlichen Vereinbarung gelegen.

Der Gesetzesentwurf wird nun im Bundestag beraten. Sodann wird der vom Bundestag verabschiedete Gesetzesbeschluss für einen zweiten Durchgang dem Bundesrat zugeleitet. In welcher Form die geplante Schriftformreform tatsächlich in Kraft treten wird, ist damit noch völlig offen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit der Bundestag die Kritik der Bundesregierung in seinem Gesetzesbeschluss berücksichtigen wird.

Bundestag-Drucksache 19/17034 vom 06.02.2020

Katharina Lanio, Rechtsanwältin
Frankfurt a. M.

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