Mai 2021 Blog

Neufassung der Dual-use-Verordnung

Voraussichtlich noch im Mai 2021 wird die Neufassung der Dual-use-Verordnung im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Diese wird für die Wirtschaftsbeteiligten verschiedene Änderungen mit sich bringen, auf die sie sich rechtzeitig vor dem Inkrafttreten der Verordnung 90 Tage nach Ihrer Veröffentlichung einstellen müssen.

Überblick

Nach der formalen Annahme der Neufassung der Dual-use-Verordnung durch das Europäische Parlament am 25. März 2021 und durch den Rat am 10. Mai 2021, soll diese voraussichtlich Anfang Juni 2021 im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden. Sie wird mit einer Übergangsfrist von 90 Tagen, also voraussichtlich Ende August/Anfang September 2021, in Kraft treten und dann die derzeit geltende Dual-use-Verordnung (EG) Nr. 428/2009 ersetzen. Die grundlegende Systematik im Bereich der Kontrolle von Dual-Use-Gütern wird dabei zwar beibehalten. Gleichwohl sind mit der Nachfassung verschiedene materiell-rechtliche Änderungen verbunden:

„Catch-all“-Klausel für Güter der digitalen Überwachung

Die Novelle sieht eine Catch-All-Klausel für die Ausfuhr von nicht-gelisteter digitaler Überwachungs- und Abhörtechnik vor. Die Ausfuhr solcher Güter wird genehmigungspflichtig sein, wenn der Ausführer von der zuständigen Behörde davon unterrichtet worden ist, dass die betroffenen Güter ganz oder teilweise für die Verwendung im Zusammenhang mit interner Repression und/oder der Begehung schwerwiegender Verstöße gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht bestimmt sind oder bestimmt sein können. Wird einem Ausführer aufgrund von „im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht erlangten Erkenntnissen“ bekannt, dass nicht-gelistete Güter für digitale Überwachung für eine der vorgenannten kritischen Verwendungen bestimmt sind, trifft den Ausführer eine Unterrichtungspflicht gegenüber der zuständigen Behörde. Es wird weder konkretisiert, wann eine schwerwiegende Menschrechtsverletzung vorliegt, noch welche Sorgfaltspflicht die Wirtschaftsbeteiligten zu beachten haben. Für die Risikoanalyse dürfte es jedoch maßgeblich auf innerbetriebliche Compliance Programme ankommen, die insbesondere von der Größe, der Struktur und dem Umfang der Geschäftstätigkeit des jeweiligen Unternehmens abhängen.

Kontrollen auf Basis nationaler Listen eines anderen Mitgliedstaates

Wenn ein EU-Mitgliedstaat Dual-use-Güter auf einer nationalen Kontrollliste listet und diese Listung im Amtsblatt veröffentlicht ist, kann dies zu einer Genehmigungspflicht in anderen EU-Mitgliedstaaten führen, wenn die zuständige Behörde den Ausführer darüber informiert hat, dass die Ausfuhr der Güter aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verhinderung von Terroranschlägen, oder aus Menschenrechtserwägungen bedenklich ist.

Technische Unterstützung

Künftig wird die technische Unterstützung von der Dual-Use-Verordnung erfasst. Es besteht dann ein Genehmigungserfordernis für die Bereitstellung von technischer Unterstützung im Zusammenhang mit gelisteten Dual-Use-Gütern, wenn Anhaltspunkte für eine sensitive Endverwendung bestehen oder die zuständige Behörde den Ausführer über eine solche sensitive Endverwendung informiert hat.

Die Verordnung definiert „technische Unterstützung“ als jede technische Hilfe im Zusammenhang mit Reparaturen, Entwicklung, Herstellung, Montage, Erprobung, Wartung oder jeder anderen technischen Dienstleistung. Sie kann in Form von Anleitung, Beratung, Ausbildung, Weitergabe von praktischen Kenntnissen oder Fertigkeiten oder in Form von Beratungsdiensten erfolgen, einschließlich der Unterstützung mittels elektronischem Träger, telefonisch oder in verbaler Form.

Neue Allgemeingenehmigungen

Es werden zwei neue Allgemeingenehmigungen geschaffen: Zum einen wird es eine Allgemeingenehmigung für den konzerninternen Export von Software und Technologie an Tochter- und Schwestergesellschaften im Hinblick auf bestimmte Güter in privilegierte Destinationen geben (EU007). Voraussetzung ist allerdings bei der Ausfuhr an eine Tochtergesellschaft, dass diese vollständig im Eigentum und unter der Kontrolle des Ausführers stehen muss, und bei der Ausfuhr an eine Schwestergesellschaft, dass diese unmittelbar und vollständig von der gleichen Muttergesellschaft gehalten und kontrolliert wird. Zum anderen wird auf EU-Ebene eine Allgemeingenehmigung für die Ausfuhr von Verschlüsselungsgüter geschaffen (EU008), ausgenommen in bestimmte Länder wie China oder Saudi-Arabien. Für Ausfuhren nach Australien, Island, Japan, Kanada, Neuseeland, Norwegen, die Schweiz einschließlich Liechtenstein, das Vereinigte Königreich sowie die USA findet ohnehin die EU001 Anwendung. In Deutschland wird der Gebrauch der nationalen Allgemeingenehmigung 16 (Telekommunikation und Informationssicherheit) weiterhin möglich sein.

Sonstige Änderungen

  • Darüber hinaus wird eine Genehmigung für Großprojekte (als Sonderform der Einzel- oder Sammelausfuhrgenehmigung) mit einer grundsätzlich maximalen Geltungsdauer von vier Jahren eingeführt (in hinreichend begründeten Fällen, die sich aus der Laufzeit des Projekts ergeben, kann die Geltungsdauer auch darüber hinausgehen).
  • Der Anwendungsbereich der Genehmigungspflichten für Vermittlungstätigkeiten in Bezug auf gelistete Güter wird erweitert.
  • Es wird der  Informationsaustausch zwischen den nationalen Behörden und der Kommission, aber auch zwischen den Genehmigungs- und Zollbehörden der EU-Mitgliedstaaten, verstärkt.
  • Zudem  wurden einige Definitionen, darunter diejenige des „Ausführers“, überarbeitet.

Weitere Informationen

Ausführlichere Informationen erhalten Sie in unserem Webinar zur Neufassung der Dual-use-Verordnung am 22. Juni 2021, zu dem Sie sich hier anmelden können.

Marian Niestedt, Rechtsanwalt
Hamburg

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