Dezember 2012 Blog

Suchmaschinen, Datenbanken und das Urheberrecht

Suchmaschinen, Datenbanken und das Urheberrecht

Verletzt jemand, der eine Software anbietet, mit der man im Internet Datenbanken anderer Anbieter nach bestimmten Angeboten durchforsten kann, die Urheberrechte an diesen Datenbanken? Mit dieser Frage hat sich der BGH in einem Urteil befaßt, dessen Gründe kürzlich veröffentlicht wurden.

Der Anbieter einer Software bewirbt diese als „Powersuchmaschine zur schnellen und effizienten Suche von Neu- und Gebrauchtwagen im Web“. Mit ihr könne man gleichzeitig auf vierzig Internetautobörsen nach dem Traumauto suchen, die Ergebnisse würden einheitlich und übersichtlich mit Fotos dargestellt, weitere Details wie Preis, Kilometerstand oder Motor könnten als Ordnungs- und Selektionskriterium verwendet werden. Gegen die Verwendung dieser Software wehrt sich der Betreiber einer Online-Autobörse. Er meint, die Powersuchmaschine, die eine Suche u. a. in seiner Datenbank ermöglicht, ohne dass dabei das Portal selbst aufgerufen wird, über welches die Datenbank direkt zugänglich ist, beeinträchtige sein Geschäft und verletze seine Rechte als Hersteller der Datenbank. Tatsächlich ist nicht zu leugnen, dass ein Geschäftsmodell, bei dem Geld im Wesentlichen mit Werbung, nicht mit den Inhalten verdient wird, erheblich beeinträchtigt wird, wenn man die Inhalte verwenden kann, ohne die Webseite aufzurufen, denn der Werbekunde zahlt für eben diese Aufrufe. Neben einer Verletzung seines Urheberrechts machte der Kläger eine wettbewerbswidrige Behinderung und einen unerlaubten Eingriff in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb geltend.

Der BGH verneinte eine Verletzung der Rechte des Klägers und wies die Klage ab. Eine Urheberrechtsverletzung liege nicht vor. Zwar sei die online zugängliche Autobörse eine Datenbank im Sinne der einschlägigen Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes. Die Rechte an dieser Datenbank würden aber durch den Hersteller der Software und deren Nutzer nicht verletzt. Zuerst stellte der BGH fest, dass natürlich der Hersteller der Software nicht eigenhändig Rechte des Klägers an seiner Datenbank verletzt, weil er nur ein Tool zur Verfügung stellt, das andere nutzen, ohne dass irgend eine gemeinschaftliche Handlung beider vorläge. Auch eine Haftung des beklagten Softwareherstellers als Teilnehmer rechtswidriger Handlungen der Nutzer oder als sog. Störer scheide aber aus, weil auch die Nutzer nicht rechtswidrig handelten. Das Urheberrechtsgesetz, insoweit beruhend auf einer europäischen Richtlinie, schützt die Datenbankhersteller u. a. vor einer Vervielfältigung der Daten, allerdings nur dann, wenn wesentliche Teile der Datenbank betroffen sind, die Vervielfältigung systematisch geschieht oder eine vergleichbare Beeinträchtigung der Datenbank vorliegt. Eine solche Beeinträchtigung konnte der BGH in diesem Fall nicht erkennen. Zwar nutzten die Nutzer die Datenbank regelmäßig, typischerweise aber nur selektiv und zur eigenen Information. Zwar würden durch die Nutzer Daten übernommen, das aber nur in dem Umfang, der dem individuellen Suchinteresse entspreche. Das mag, so der BGH, in Summe eine erhebliche Beeinträchtigung der Datenbank darstellen, in Fällen wie dem geschilderten aber deshalb nicht, weil die Nutzer nicht gemeinsam handelten, vielmehr jeder für sich. Gegen eine Beeinträchtigung allein der Werbemöglichkeiten, die darin liegt, dass die Suchmaschine den Zugriff auf die Daten auch ohne Einstieg über das Portal des Klägers ermöglicht, schütze das Urheberrecht nicht. Bei all dem, so der BGH, spiele eine wesentliche Rolle, dass der Anbieter der Datenbank, der Kläger, deren Inhalte im Internet selbst öffentlich zugänglich gemacht habe, nicht etwa den Zugriff technisch oder vertraglich wirksam derart beschränkt habe, dass die Verwendung durch eine Suchmaschine technisch ausgeschlossen sei.

Der BGH spricht in diesem Urteil erneut aus, dass jemand, der Inhalte im Internet öffentlich zugänglich macht, sich regelmäßig gegen eine im Internet übliche Verwendung dieser Inhalte nicht wehren kann. Er weist damit umgekehrt den Weg, der zum Schutz solcher Inhalte führt: Technische und vertragliche Maßnahmen, die den Zugriff auf berechtigte, ggf.: zahlende Nutzer beschränken. Es wird aus dem Urteil nicht ganz deutlich, ob der BGH nicht sehen mag, dass nicht mit den Daten, trotz ihres Wertes, Geld zu verdienen ist, sondern eben nur mit der Werbung, oder ob er schlicht, und sehr gut vertretbar, den Schutz des Geschäftsmodells werbefinanzierter Angebote als solcher im geltenden Urheberrecht  nicht angelegt sieht.

(BGH Urt. v. 22.6.2011, I ZR 159/10 – Automobil-Onlinebörse)

Dr. Kristofer Bott, Rechtsanwalt u. Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

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