Oktober 2016 Blog

Dreijährige statt 30-jährige Verjährungsfrist für öffentlich-rechtlichen Kostenersatzanspruch

Der Grundsatz, dass öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche erst nach 30 Jahren verjähren, ist durch eine jüngst veröffentlichte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) ins Wanken geraten. Jedenfalls für öffentlich-rechtliche Kostenersatzansprüche aus Auftragsbeziehungen gilt danach eine bloß dreijährige Verjährungsfrist.

Sachverhalt

Die Verwaltung der Bundesautobahnen (und sonstiger Bundesfernstraßen) obliegt den Ländern, doch handeln diese dabei im Auftrag des Bundes. Von den Ländern bei der Autobahnverwaltung getätigte Sachausgaben – wie etwa die Kosten der Fahrbahnentwässerung – können die Länder vom Bund ersetzt verlangen. Das Land Berlin hatte für lange Zeit seine Entwässerungskosten gegenüber dem Bund nicht geltend gemacht und begehrte sie nun für den Zeitraum von 1977 bis 2003. Der Bund berief sich auf Verjährung.

Entscheidung

Zu Recht, wie das BVerwG nun entschieden hat. Für den öffentlich-rechtlichen Kostenersatzanspruch aus der Auftragsverwaltung fehlt zwar eine eigene Verjährungsvorschrift, jedoch finden darauf die sachnächsten bürgerlich-rechtlichen Verjährungsregelungen entsprechende Anwendung. Für den vergleichbaren Aufwendungsersatzanspruch des Beauftragten nach bürgerlichem Recht gilt die allgemeine Verjährungsfrist – und diese beträgt seit der Schuldrechtsmodernisierung im Jahr 2001 nur noch drei Jahre. Demgegenüber war vor der Schuldrechtsmodernisierung eine Verjährungsfrist von 30 Jahren die Regel gewesen.

Das BVerwG wendet in seiner Entscheidung die Drei-Jahres-Regel auf die Kostenersatzansprüche des Landes Berlin an und bejaht folglich die Verjährung. Das Gericht betont dabei, dass die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung durch die kurze Verjährungsfrist nicht über Gebühr eingeschränkt wird. Denn die Länder kennen schließlich ihre Sachausgaben und können sie gegenüber dem Bund zeitnah geltend machen. Außerdem trägt die kurze Verjährung dem Interesse an einer planbaren und zeitnahen Belastung öffentlicher Haushalte Rechnung.

Bedeutung für die Praxis

Die hier vorgestellte Entscheidung des 9. Senats des BVerwG betrifft zwar den speziellen Ersatzanspruch bei der Auftragsverwaltung, doch lassen sich die Überlegungen auf Ersatzansprüche aus anderen öffentlich-rechtlichen Auftragsverhältnissen übertragen. Auch bei sonstigen öffentlich-rechtlichen Erstattungsansprüchen greifen wesentliche Argumente aus der neuen Entscheidung – so etwa bei Erstattungsansprüchen nach Rücknahme oder Widerruf eines Geldleistungsverwaltungsakts, bei denen der 3. Senat des BVerwG bislang von einer dreißigjährigen Verjährungsfrist ausgeht. Insofern bleibt abzuwarten, ob das BVerwG zu einer einheitlichen Linie finden wird. Vor dem Hintergrund der hier vorgestellten Entscheidung ist eine zügige Geltendmachung öffentlich-rechtlicher Erstattungsansprüche aber in jedem Fall zu empfehlen.

(BVerwG, Urteil vom 15. Juli 2016, Az.: 9 A 16.15)

Dr. Jan Felix Sturm, Rechtsanwalt
Dr. Michael Kleiber, Rechtsanwalt
beide Hamburg

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