September 2016 Blog

Schutz von ausländischen Investitionen in der Türkei nach dem Putschversuch

Nach dem Putschversuch vom 15. Juli 2016 in der Türkei hat die türkische Regierung einige schnelle Maßnahmen für ausländische und nationale Investoren ergriffen, um für diese ein sicheres Umfeld zu gewährleisten. Lesen Sie hier die wichtigsten Maßnahmen im Überblick. 

Pressemitteilung der Börsenaufsichtsbehörde bezüglich Aktienrückkauf

Am 21. Juli 2016 gab die türkische Börsenaufsichtsbehörde (Sermaye Piyasası Kurumu – „SPK“) in einer Pressemitteilung ihren Beschluss bekannt, die bisher auf 10% des Grundkapitals oder des einbezahlten Gesellschaftskapitals gemäß dem türkischen Handelsgesetzbuch festgesetzte Aktienrückkaufquote aufzuheben. 

Gemäß Beschluss dürfen Öffentliche Unternehmen ihre eigenen Aktien an der Börse ohne jede Einschränkung erwerben, sofern sie öffentlich ihren Handel auf der türkischen Veröffentlichungsplattform (Kamuyu Aydınlatma Platformu) offen legen. Ob öffentliche Unternehmen ein Rückkaufprogramm haben oder nicht, hängt von einer Entscheidung der Generalversammlung des Unternehmens ab. Diese umgehend ausgeführte Entscheidung der SPK beabsichtigt, jede künstliche Verkleinerung des Marktes zu verhindern, Kursschwankungen an der Börse Istanbul (Borsa Istanbul) zu vermeiden und negative Auswirkungen auf Aktien für kleine Unternehmen und Investoren zu minimieren sowie zu mildern.

Maßnahmen zur Verbesserung des Investitionsumfeldes

Am 9. August 2016 wurde ein Änderungsgesetz (Gesetz Nr. 6728) zur Verbesserung der Investitionsumgebung im Amtsblatt veröffentlicht. Folgende Gesetze werden geändert:

  • Änderung des Konkursgesetzes Nr. 2004
    Im Hinblick auf einen Konkursaufschub müssen folgende Gesetzesänderungen nach dem bisher dreimonatigen Ausnahmezustand beachtet werden:
    • Für den Fall eines Antrags auf Konkursaufschub wurden die Anforderungen an die einzureichenden Informationen und Dokumente konkretisiert. Stellt der Antragsteller den Antrag nicht innerhalb einer zweiwöchigen Notfrist, so wird dieser abgelehnt und über das Vermögen des Antragstellers wird unmittelbar das Konkursverfahren eröffnet.
    • Antragsteller, die bereits von einem Konkursaufschub profitiert haben, können einen erneuten Antrag nicht innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Aufschubzeitraums stellen.
    • Diese Aufschubfristen können nur um ein Jahr verlängert werden; anders die jetzige Rechtslage, welche einen Aufschub um 4 Jahre erlaubt.
    • Jeder Antragsteller kann während dieses Verfahrens nur ein neu überarbeitetes Konzept bezüglich der Wiederausrichtung eines Unternehmens einreichen.
  • Änderung des Stempelsteuergesetz Nr. 488
    • Eine künftige Erhöhung des Vertragswertes, für welche die Stempelsteuer von dem Höchstbetrag erhoben wurde, unterliegt nicht der Stempelsteuer.
    • Wenn ein Dokument mehr als eine Regelung bezüglich Sicherheiten und Garantien enthält, wird die Stempelsteuer jeweils einmal erhoben.
    • Geldbeträge, die als Anzahlung, für verfallene Ansprüche, Lohnabzüge sowie Strafklauseln in Verträgen dienen, unterliegen nicht der Stempelsteuer, sofern sie nicht Gegenstand einer individualvertraglichen Abrede sind.
  • Änderung des Einkommensteuergesetzes Nr. 193
    • Die Lohneinkommen der Mitarbeiter von ausländischen Verwaltungssitzen, die keinen Hauptsitz und keinen Schwerpunkt der Geschäftsaktivitäten in der Türkei haben, sind von der Einkommensteuer unter der Voraussetzung befreit, dass für die Arbeit die Lohnzahlungen in Fremdwährung erbracht werden.

Neues Gesetz über die Steueramnestie in der Türkei

Am 19. August 2016 wurde zudem ein neues Gesetz über die Umstrukturierung bestimmter Forderungen (Gesetz Nr. 6736“) im Amtsblatt veröffentlicht. Das Gesetz enthält eine umfassende Restrukturierung von Steuerstrafen, Zollsteuern, Versicherungsprämien, Gruppenversicherungsprämien, Rentenabzüge, Arbeitslosigkeitsversicherungsprämien, Sozialversicherungsprämien, allgemeine Krankenkassenprämien und alle anderen Steuern, Abgaben, Gebühren und Beiträge. Beabsichtigt ist, die öffentliche Schuldenlast zu reduzieren, indem sie Steuerzahlern ermöglicht, ihre Schuldenlast umzugestalten.

Es ist darauf hinzuwiesen, dass das Gesetz Steuern, Prämien, Strafen etc. für den Zeitraum vor dem 30. Juni 2016 umfasst. Steuerzahler, die von den Gesetzesbestimmungen profitieren wollen, müssen dies bis zum 30. Oktober 2016 beantragen. Anträge, die nach Ablauf der Frist eingereicht werden, werden von diesem Gesetz nicht erfasst.

Folgende Änderungen sind ebenfalls von großer praktischer Bedeutung:

  • Rabatt auf Kfz-Steuer und Verkehrsstrafen
  • Einen Rabatt von 50% zusätzlich zum Betrag, welcher auf der Grundlage des Erzeugerpreisindexes (PPI) berechnet wird, wenn die Steuerschulden im Voraus bezahlt werden,
  • Aktualisierung der PPI-Marge auf Verzugszinsen bis zum 30. Juni 2016
  • Nachlass von 50% auf Strafen für einfache und besondere Unregelmäßigkeiten, welche nicht mit den zugrunde liegenden Steuern in Verbindung stehen,
  • Steuerzahler (natürliche oder juristische Personen), die Geld, Gold, Devisen, Wertpapiere und andere Kapitalmarktinstrumente bis zum 31. Dezember 2016 in die Türkei zurückführen, können frei über diese Vermögenswerte verfügen,
  • Ermäßigung von bis zu 80% der Steuerlast, wenn der Steuerstreit gütlich gelöst ist,
  • Berichtigung von Unternehmensaufzeichnungen ohne jegliche Strafe und Zinsen möglich
  • Unternehmen, die von der freiwilligen Erhöhung des Basissteuersatzes bezüglich der Körperschaftssteuer, Quellensteuer und Mehrwertsteuer ab 2011 profitieren wollen, haben das Recht, ohne Steuerprüfung ihre Konten aus den vergangenen Jahren zu schließen,
  • Unternehmen können ihre nicht angemeldeten Einnahmen und Gewinne anzeigen, ohne Strafen oder Zinsen befürchten zu müssen, wenn sie die Steuer diesbezüglich nachzahlen,
  • Zahlung der Umschuldung per Kreditkarte möglich,
  • Schulden in Höhe von 50 TRY oder weniger, die vor dem 31. Dezember 2011 entstanden sind, werden gestrichen.

Dr. Gökçe Uzar Schüller, Avukat (Rechtsanwältin)
München, Istanbul

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