Dezember 2012 Blog

Änderungen des Wertpapier- und Vermögensanlagenprospektrechts

Zur nationalen Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur EU-Prospektrichtlinie sind zum 1. Juli 2012 umfangreiche Änderungen des Wertpapierprospektgesetzes in Kraft getreten. Zudem ist die unmittelbar geltende EU-Prospektverordnung geändert worden.

Das öffentliche Angebot von Wertpapieren darf in Deutschland nicht ohne Veröffentlichung eines entsprechenden Prospekts erfolgen. Der Prospekt ist vor dem Angebot der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vorzulegen, die diesen dahingehend prüft, ob die gesetzlichen Vorgaben eingehalten und der Prospekt im Wesentlichen verständlich und widerspruchsfrei ist. Gesetzliche Grundlage für Wertpapierprospekte ist in erster Linie das Wertpapierprospektgesetz (WpPG) sowie die europäische Prospektverordnung (ProspektVO).

Auch das öffentliche Angebot von „Vermögensanlagen", bei denen es sich nicht um Wertpapiere, sondern beispielsweise Beteiligungen an geschlossenen Fonds handelt, unterliegt der Prospektpflicht. Diese war bisher im Verkaufsprospektgesetz (VerkProspG) sowie der Vermögensanlagen-Verkaufsprospektverordnung (VermVerkProspV) geregelt.

Änderung des Wertpapierprospektrechts

Zur nationalen Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur EU-Prospektrichtlinie sind zum 1. Juli 2012 umfangreiche Änderungen des Wertpapierprospektgesetzes in Kraft getreten. Zudem ist die unmittelbar geltende EU-Prospektverordnung geändert worden.

Eine Erleichterung sehen die Änderungen insoweit vor, als die Obergrenzen für Ausnahmen von der Prospektpflicht für Klein- und Daueremissionen sowie für prospektfreie Angebote über Wertpapiere mit einem Mindestbetrag von 100.000,00 EUR je Anleger bzw. einer Mindeststückelung von 100.000,00 EUR (bisher jeweils 50.000,00 EUR) erhöht wurden. Erleichterte Prospektanforderungen gelten etwa für Emissionen kleinerer und mittlerer Unternehmen (KMU) sowie Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung. Die EU-Prospektverordnung regelt zudem, dass auch bei Bezugsrechtskapitalerhöhungen, die sich ausschließlich an Altaktionäre richten, die erleichterten Prospektanforderungen gelten. Bisher wurde in diesen Angeboten nach deutschem Verständnis allerdings kein öffentliches Angebot gesehen, so dass auch keine Prospektpflicht bestand. Hierzu weist die BaFin darauf hin, dass künftig Bezugsrechtskapitalerhöhungen, die ausschließlich Altaktionären angeboten werden, auch in Deutschland als „öffentliche" und damit prospektpflichtige Angebote gelten (vgl. BaFinJournal 07/12, S. 10).

Neben weiteren Regelungen etwa zur Erweiterung des Anwendungsbereichs der Prospektfreiheit von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen, einer Angleichung der Definitionen des „qualifizierten Anlegers" im Wertpapierprospektgesetz und dem des „professionellen Kunden" nach dem Wertpapierhandelsgesetz und der Abschaffung des „jährlichen Dokuments" (§ 10 WpPG a.F.), betrifft eine entscheidende Änderung die neuen Vorgaben zu Form und Inhalt der obligatorischen „Zusammenfassung des Prospekts". Während die Emittenten hier in der Vergangenheit noch weitgehend frei waren, sieht die EU-Prospektverordnung nunmehr eine verbindliche Auflistung für die zentralen Angaben vor. Nicht relevante Informationsbestandteile der Liste müssen in der Zusammenfassung mit dem Wort „entfällt" gekennzeichnet werden. Zudem darf die Zusammenfassung nicht mehr als 7 % des Prospektumfangs oder nicht mehr als 15 Seiten betragen, ohne dass Querverweise auf andere Teile des Prospekts zulässig wären.

Besonders weitreichende Änderungen ergeben sich für den Bereich der so genannten „Basisprospekte". Auf Grundlage eines Basisprospekts kann ein Emittent mehrere Emissionen in einem Prospekt zusammenfassen. Zur einzelnen Emission werden dann „Endgültige Bedingungen" der konkreten Emission veröffentlicht. Die EU-Prospektverordnung regelt hier im Einzelnen, welchen Inhalt der Basisprospekt, eine Wertpapierbeschreibung und die endgültigen Bedingungen jeweils haben müssen bzw. dürfen. Die Verordnung legt zudem Form und Inhalt der Endgültigen Bedingungen endgültig fest. Nach der Neuregelung sind nunmehr dreiteilige Basisprospekte (Registrierungsformular, Wertpapierbeschreibung und Zusammenfassung) zulässig.

Änderung des Vermögensanlagenrechts

Bereits am 1. Juni 2012 sind umfassende Änderungen auch im Bereich der Vermögensanlagen in Kraft getreten. Insbesondere ist das frühere Verkaufsprospektgesetz mit Wirkung vom 1. Juni 2012 aufgehoben worden. An seine Stelle tritt das neue Vermögensanlagengesetz (VermAnlG). Vermögensanlagen sind insbesondere etwa Anteile an geschlossenen Fonds. Werden diese im Inland öffentlich angeboten, sind die Maßgaben des Vermögensanlagengesetzes zu beachten. Wie bisher ist der Anbieter grundsätzlich zur Veröffentlichung eines Verkaufsprospekts verpflichtet.

Mit der Einführung des Vermögensanlagegesetzes sowie der Änderung der entsprechenden Vermögensanlagen-Verkaufsprospektverordnung gelten künftig neue, strengere Vorgaben insbesondere für die Prospekterstellung. Insgesamt werden die Anforderungen und die Überprüfungen durch die BaFin dem Wertpapierprospektbereich angeglichen. Entsprechend werden die Prospekte von der BaFin nicht mehr nur auf Vollständigkeit, sondern auch auf Verständlichkeit und Widerspruchsfreiheit geprüft.

Zu den in der Vermögensanlagen-Verkaufsprospektverordnung geregelten Mindestangaben zählen in Zukunft auch etwa Risiken, die sich daraus ergeben, dass der Emittent Fremdkapital einsetzt oder der Anleger für den Erwerb der Anteile ein Darlehen aufnimmt. Ferner sieht die Verordnung vor, dass die „Hauptmerkmale der Anteile der Anleger" dargestellt sowie noch detaillierter als bisher Angaben zu durch den Erwerb, die Verwaltung oder die Veräußerung der Anlage für den Anleger entstehenden Kosten und (an „hervorgehobener Stelle") Angaben zur Gesamthöhe von Provisionen als absoluter Betrag sowie als Prozentangabe in Bezug auf den Gesamtbetrag der angebotenen Vermögensanlagen gemacht werden. Künftig sind ferner umfassendere Informationen zu den Gründungsgesellschaftern des Emittenten zwingend. Dies betrifft etwa Vorstrafen oder Insolvenzverfahren innerhalb der letzten fünf Jahre oder Aufhebungen von bankaufsichtsrechtlichen Erlaubnissen. Erweiterte Angabepflichten gelten auch im Hinblick auf Verbindungen zwischen den Gründungsgesellschaftern bzw. Gesellschaftern und dem Emittenten bzw. im Zusammenhang mit dem Anlageobjekt. Die erweiterten Offenlegungspflichten gelten auch für die Mitglieder der Geschäftsführung oder des Vorstands, der Aufsichtsgremien und Beiräte des Emittenten oder den Treuhänder oder andere Personen, die die Herausgabe oder den Inhalt des Verkaufsprospekts bzw. des Angebots wesentlich beeinflusst haben.

Weitere neue Regelungen betreffen etwa die Pflicht zur Erstellung eines Jahresberichts auch durch solche Unternehmen, die nicht zur Offenlegung eines Jahresabschlusses nach dem Handelsgesetzbuch verpflichtet sind. Bisher konnte hier ein Hinweis auf die fehlende Aufstellung und Prüfung des Jahresabschlusses genügen.

Nach § 13 VermAnlG muss künftig neben dem Verkaufsprospekt auch ein „Vermögensanlagen-Informationsblatt" (VIB) erstellt werden, welches nicht mehr als drei DIN-A4-Seiten umfassen darf und die „wesentlichen Informationen über die Vermögensanlagen in übersichtlicher und leicht verständlicher Weise" enthalten muss.

Die Prospekthaftung bei fehlerhaften oder fehlendem Verkaufsprospekt ist nunmehr in §§ 20, 21 VermAnlG geregelt. In § 22 VermAnlG findet sich die Haftungsgrundlage für ein unrichtiges Vermögensanlagen-Informationsblatt. Maßgeblich erweitert wurden dabei die Fristen der Prospekthaftung. Der Anbieter haftet nicht mehr nur noch für Erwerbsgeschäfte innerhalb von höchstens sechs Monaten nach dem ersten öffentlichen Angebot der Vermögensanlagen, sondern für Erwerbe innerhalb eines Zeitraums von bis zu zwei Jahren. Die bisher in vielen Fällen anwendbaren spezialgesetzlichen Verjährungsfristen von höchstens drei Jahren seit der Veröffentlichung des Prospekts, ohne dass es dabei auf eine Kenntnis des Anlegers vom Prospektfehler ankam, sind gestrichen worden. Daher gilt nunmehr die allgemeine zivilrechtliche Verjährung. Auch Prospekthaftungsansprüche verjähren somit grundsätzlich drei Jahre nachdem der Anspruch entstanden und der Anleger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat zum Jahresende.

Neuregelungen für den Vertrieb von Vermögensanlagen

Zum 1. Juni 2012 werden die vorgenannten Vermögensanlagen auch bankaufsichtsrechtlich anders behandelt und zählen nun zu den Finanzinstrumenten im Sinne des Kreditwesengesetzes (vgl. § 1 Abs. 11 KWG). So genannte „freie" Vermögensanlagen-Vermittler, die bisher in der Regel keine besondere Erlaubnis benötigten, müssen künftig eine spezielle Erlaubnis beim Gewerbeaufsichtsamt beantragen. Andererseits sind im Kreditwesengesetz die Ausnahmetatbestände für Unternehmen, die gewisse Tätigkeiten als Dienstleistungen für andere erbringen, erweitert worden.

Dr. Patrick Wolff, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

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