September 2023 Blog

Gesellschafterausschluss: Zwei Streitfragen zur Ausschließungsklage geklärt

Gesellschafter einer Zwei-Personen-GmbH können eine Ausschließungsklage unmittelbar gegen den anderen Gesellschafter erheben. Der auf einem Urteil beruhende Ausschluss eines GmbH-Gesellschafters wird bereits mit Rechtskraft des Urteils wirksam, also unabhängig von der Zahlung der dem Gesellschafter zustehenden Abfindung.

Klagebefugnis

In seinem Urteil vom 11. Juni 2023 hat der BGH zunächst ausgeführt, dass die Ausschließungsklage grundsätzlich von der GmbH zu erheben ist. Die strittige Frage, ob in einer Zwei-Personen-GmbH den Gesellschaftern ein eigenes Klagerecht zur Ausschließung des jeweils anderen zusteht, hatte der BGH bisher offenlassen und nunmehr im Einklang mit der überwiegenden Auffassung bejaht. Danach kann der Gesellschafter einer Zwei-Personen-GmbH unter den Voraussetzungen der actio pro socio die Ausschließungsklage gegen den anderen Gesellschafter selbst erheben.

Wirksamkeit der Ausschließung

Der BGH hatte bisher die Ausschließung eines Gesellschafters durch Gestaltungsurteil an die Bedingung geknüpft, dass der betroffene Gesellschafter binnen einer im Urteil festzusetzenden angemessenen Frist den ebenfalls im Urteil zu bestimmenden Gegenwert für seinen Geschäftsanteil (Abfindung) erhält (sog. „Bedingungslösung“). Diese Rechtsauffassung hat der BGH in seinem Urteil vom 11. Juni 2023 explizit zu Gunsten der „Haftungslösung“ aufgegeben. Danach gilt: Wird ein Gesellschafter wegen Vorliegens eines wichtigen Grundes ohne statutarische Regelung durch Urteil aus der GmbH ausgeschlossen, wird die Ausschließung des betroffenen Gesellschafters bereits mit Rechtskraft des Urteils wirksam und ist nicht durch die Leistung der Abfindung bedingt.

Der BGH hatte schon für den Fall, dass die Satzung eine Einziehung des Gesellschaftsanteils per Gesellschafterbeschluss gestattet, entschieden, dass bereits mit der Mitteilung eines entsprechenden Einziehungsbeschlusses an den betroffenen Gesellschafter die Einziehung wirksam wird (sofern der Einziehungsbeschluss weder nichtig ist noch für nichtig erklärt wird) und nicht erst nach Zahlung der Abfindung. Die bei der Einziehung per Gesellschafterbeschluss für diese Lösung sprechenden Erwägungen lassen sich nach Ansicht des BGH auf die Ausschließung eines Gesellschafters ohne statutarische Regelung durch Urteil übertragen. Daher sei auch hier der Haftungslösung der Vorzug zu geben.

Der BGH weist insoweit darauf hin, dass die Haftungslösung eine für die Gesellschaft problematische, oftmals unzumutbare Schwebezeit vermeide, die bestehen würde, wenn der Gesellschafter zwar ausgeschlossen, aber bis zur Zahlung der Abfindung noch ein grundsätzlich stimmberechtigter Gesellschafter ist. Der ausscheidende Gesellschafter sei trotz eines Ausscheidens vor Abfindungszahlung hinreichend geschützt, da die verbleibenden Gesellschafter dem ausgeschiedenen Gesellschafter anteilig auf Zahlung der Abfindung haften, wenn die Fortsetzung der Gesellschaft unter Verzicht auf Maßnahmen zur Befriedigung des Abfindungsanspruchs des ausgeschiedenen Gesellschafters als treuwidrig anzusehen ist. Zudem wird der Auszuschließende durch das vorrangig gläubigerschützende Gebot der Kapitalerhaltung davor geschützt, seine Mitgliedschaft zu verlieren: Sofern zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung feststeht, dass die Abfindung nicht ohne Verletzung von § 30 Abs. 1 GmbHG gezahlt werden kann, darf eine Ausschließung nicht erfolgen. Schließlich verweist der BGH darauf, dass auch eine Satzungsregelung zulässig ist, wonach im Falle eines rechtmäßigen Ausschließungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung der betroffene Gesellschafter seine Gesellschafterstellung grundsätzlich mit sofortiger Wirkung verliert, also unabhängig von der Zahlung der dem Gesellschafter zustehenden Abfindung.

(BGH Versäumnisurteil v. 11.7.2023 – II ZR 116/21)

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