August 2023 Blog

Keine umfassende Verzinsung von Gerichtskosten­vorschüssen

Wer klagt, muss einen Gerichtskostenvorschuss einzahlen. Wie der Bundesgerichtshof (BGH) nunmehr klargestellt hat, steht dem Kläger für den gezahlten Vorschussbetrag eine Verzinsung lediglich ab dem Zeitpunkt des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrages, der erst nach dem Urteil gestellt werden kann, zu.

Prozessanwälte dürften das Thema kennen. In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten soll die Klage gem. § 12 Abs. 1 GKG erst nach Zahlung des Gerichtkostenvorschusses zugestellt werden; nur ausnahmsweise ist ein Gerichtkostenvorschuss nicht erforderlich. Soweit eine Vorschusspflicht besteht, erfolgt daher unmittelbar nach Einreichung der Klage die Zahlung des Gerichtskostenvorschusses an die Gerichtskasse. Gewinnt der Kläger seinen Prozess, steht dem Kläger gegen den Beklagten ein „prozessualer“ Anspruch auf Erstattung des gezahlten Vorschusses nebst Verzinsung zu, § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO.  Danach werden die Zinsen aber erst ab Eingang des Kostenfestsetzungsantrags (im Falle des § 105 Abs. 3 ZPO ab der Verkündung des Urteils) mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB verzinst. Für den (ggf. mehrjährigen) Zeitraum ab Einzahlung des Vorschusses bis zum Eingang des erstinstanzlichen Kostenfestsetzungsantrags steht dem Kläger daher auch im Falle eines Obsiegens kein Zinsanspruch zu. Bei größeren Beträgen, insbesondere bei einer längeren Verfahrensdauer, kann es daher zu einem „Zinsverlust“ in einer durchaus beachtlichen Größenordnung kommen.

Was zu der Frage führt, ob der in diesem Zeitraum erlittene Zinsschaden möglicherweise mit Hilfe eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruches erfolgreich geltend gemacht werden kann (ähnlich wie notwendige und angemessene Anwaltshonorare, die über die Gebühren gem. Rechtsanwaltsvergütungsgesetz – RVG –  hinausgehen).

Diese Frage wird von den Gerichten sowie der Literatur unterschiedlich beantwortet. In seinem Urteil vom 26. April 2023 hat der BGH nunmehr im Einklang mit der herrschenden Meinung entschieden, dass diese Möglichkeit nicht besteht. Der BGH führt aus, dass ein etwaiger materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch wegen eines verauslagten Gerichtskostenvorschusses im laufenden Zivilprozess und im Nachgang hierzu nicht durchsetzbar sei. Zur Begründung verweist der BGH darauf, dass diese Kosten mit denjenigen identisch seien, die im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden können oder geltend gemacht worden sind, so dass der prozessuale Kostenerstattungsanspruch damit vorrangig ist. Ergänzend stellt der BGH klar, dass die Auffassung, wonach der Vorrang des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs gegenüber materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüchen nur eingreife, soweit die jeweilige Position von § 91 ZPO erfasst sei, was für eine Verzinsung verauslagter Gerichtskosten bis zum Zeitpunkt des Antrags auf Kostenfestsetzung nicht der Fall sei, nicht zuträfe. Es werde verkannt, dass der Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen nicht unabhängig von der Hauptforderung betrachtet werden kann, mit deren Erfüllung der Schuldner in Verzug geraten sein muss.

(BGH Urt. v. 26.4.2023 – VIII ZR 125/21)

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