März 2024 Blog

Pflicht zur Ladung (unbekannter) Erben zur Gesellschafterversammlung

Das OLG Brandenburg hat mit Beschluss vom 2. Januar 2024 klargestellt, dass die Erben eines verstorbenen Gesellschafters grundsätzlich auch dann zur Gesellschafterversammlung geladen werden müssen, wenn die Satzung das Ruhen der Gesellschafterrechte vorsieht. Sind die Erben unbekannt, ist zu diesem Zweck eine Nachlasspflegschaft anzuregen und der Nachlasspfleger als Vertreter der Erben zu laden.

Sachverhalt

Nach Versterben ihres einzigen Mitgesellschafters – der zum Zeitpunkt seines Todes auch alleiniger Geschäftsführer der Gesellschaft war und dessen Erben unbekannt sind – beschloss die Antragstellerin unter Verzicht auf alle gesetzlichen und/oder satzungsrechtlich vorgeschriebenen Formen und Fristen der Einberufung, Ankündigung und Durchführung einer Gesellschafterversammlung, dass sie zur alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführerin der Gesellschaft bestellt werde.

Für den Tod eines Gesellschafters sah der Gesellschaftsvertrag vor, dass nur die Mitgesellschafter nachfolgeberechtigt seien und dass ein Geschäftsanteil im Falle des Übergangs auf einen nicht nachfolgeberechtigten Erben auf Verlangen der Gesellschaft auf einen Mitgesellschafter zu übertragen und diese Übertragung der Gesellschaft anzuzeigen sei. Zudem sollen die Gesellschafterrechte mit Ausnahme des Gewinnbezugsrechts bis zur Übertragung und Anzeige bei der Gesellschaft ruhen.

Auf den Antrag der Antragstellerin auf Löschung ihres Mitgesellschafters als Geschäftsführer und ihre Eintragung als Geschäftsführerin ordnete das zuständige Registergericht durch Zwischenverfügung an, dass die Antragstellerin eine Nachlasspflegschaft anzuregen und den Nachlasspfleger zur Gesellschafterversammlung zu laden habe.

Die Antragstellerin legte hiergegen Beschwerde beim OLG Brandenburg ein.

Entscheidung

Die Beschwerde der Antragstellerin hatte allein deswegen Erfolg, weil die formellen Anforderungen für eine Zwischenverfügung nicht vorgelegen haben.

Das OLG Brandenburg teilte im Übrigen jedoch die Rechtsauffassung des Registergerichts, wonach die Bestellung der Antragstellerin als Geschäftsführerin nicht ohne Ladung eines Vertreters der (wenn auch unbekannten) Erben erfolgen kann. Insoweit stellte es klar, dass zwar Beschränkungen des Teilnahmerechts eines Gesellschafters durch die Anordnung von gemeinsamer Vertretung mehrerer an einem Geschäftsanteil Berechtigter zulässig seien, dass sich aus der Mitgliedschaft ergebende Teilnahmerecht eines Gesellschafters aber unverzichtbar sei.

Nach Auffassung des OLG Brandenburg sei den Regelungen im Gesellschaftsvertrag vorliegend nicht zu entnehmen, dass die Rechtsnachfolge durch die Erben ausgeschlossen sein soll, sondern lediglich, dass die Gesellschafterstellung nur bei Verlangen der Gesellschaft auf einen Mitgesellschafter zu übertragen sei. Auf Grundlage des Gesellschaftsvertrages sei zudem unklar, welche rechtlichen Folgen es hat, wenn die Gesellschaft dieses Verlangen nicht ausübt. Denkbar wäre aus Sicht des OLG Brandenburg eine Fortführung der Gesellschaft mit den Erben oder der Übergang der Gesellschaft in die Liquidation.

Würde man die Regelungen im Gesellschaftsvertrag daher so auslegen, dass die Einberufung und Beschlussfassung ohne Kenntnis der Erben oder eines vor deren Ermittlung berufenen Nachlasspflegers erfolgen könne, wäre es möglich Beschlüsse zu fassen, die den Interessen der durch den Erbfall berufenen Gesellschaftern zuwiderliefen.

Praxishinweis

Der Beschluss des OLG Brandenburg verdeutlicht wieder einmal die nicht zu unterschätzende Relevanz von Nachfolgeregelungen. Bei der Errichtung des Gesellschaftsvertrages sollte somit darauf geachtet werden, dass dieser für den Fall des Versterbens eines Gesellschafters eindeutige und vor allem abschließende Nachfolgeregelungen enthält, welche den Interessen des Gesellschafterkreises angemessen Rechnung tragen.

(OLG Brandenburg, Beschl. vom 2.1.2024 – 7 W 66/23)

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