Januar 2022 Blog

Zum aktuel­len Stand der End­lager­planung und -realisierung in Deutsch­land anlässlich der De­batte um die Taxo­nomie der Atom­energie auf EU-Ebene

Die EU-Kommission hat am 31. Dezember 2021 einen Vorschlag zur Klassifizierung der Atomenergie gemäß der Taxonomie-Verordnung der EU vorgelegt. Darin stuft sie bestimmte Atomkraftvorhaben als nachhaltige Wirtschaftstätigkeit ein.

Unter diese Einstufung sollen unter anderem der Bau neuer, bis 2045 genehmigter Atomkraftwerke sowie die Anpassung bestehender Kraftwerke, für die bis 2040 eine Laufzeitverlängerung genehmigte wurde, fallen. Sie müssen den neuesten technischen Standards entsprechen.

Der Vorschlag wird noch beraten. Zunächst wurden die Mitgliedstaaten konsultiert. Die Frist für die Übermittlung ihrer Stellungnahmen endete am 21. Januar 2022. Die Bundesregierung hat ihre Ablehnung gegenüber dem Vorschlag, die Atomenergie gemäß der Taxonomie-Verordnung zu klassifizieren, in ihrer Stellungnahme klar zum Ausdruck gebracht. Aus ihrer Sicht sei Atomenergie nicht nachhaltig.

Atomausstieg in Deutschland

In Deutschland ist der Atomausstieg seit 2011 gesetzlich beschlossen. Seitdem wird er kontinuierlich umgesetzt. Erst Ende 2021 wurden drei weitere Meiler abgeschaltet: Brokdorf, Grohnde und Grundremmingen C. Aktuell sind noch drei Atomkraftwerke in Betrieb, nämlich Isar 2 in der Nähe von Landshut (Bayern) sowie die Reaktoren im Emsland in Niedersachsen und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg. Diese Atomkraftwerke gehen Ende 2022 vom Netz. Dann wird in Deutschland kein Atomkraftwerk mehr in Betrieb sein. SPD-Generalsekretär Kühnert hat betont, dass selbst bei einem Inkrafttreten der Kommissionsvorschläge der deutsche Atomausstieg nicht in Frage gestellt werde.

Endlager(planung) als Voraussetzung für ökologisch nachhaltige Atomenergie

Die Präsidentin der Europäischen Kommission von der Leyen hat darauf verwiesen, dass der Vorschlag die Klassifizierung der Atomenergie gemäß der Taxonomie-Verordnung an bestimmte Bedingungen knüpfe. Zu diesen Bedingungen gehört unter anderem, dass der jeweilige Mitgliedstaat ein Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle in Betrieb hat und Pläne für den Betrieb eines Endlagers für hochradioaktive Abfälle ab 2050 vorlegen kann.

Endlagerung in Deutschland

Dadurch veranlasst soll der aktuelle Stand der Endlagerung in Deutschland in den Blick genommen werden. Der Bund hat mit der Planung und Realisierung der Endlager bereits begonnen; ein betriebsbereites Endlager für den Atommüll gibt es jedoch noch nicht. Beim Atommüll handelt sich um radioaktive Stoffe, die nach ihrer Nutzung nicht mehr benötigt werden und auch nicht anderweitig genutzt werden können. Das trifft zum Beispiel auf verbrauchte Brennelemente aus den Atomkraftwerken, aber auch auf Anlagenteile mit radioaktiven Bestandteilen zu.

Suche nach einem Standort für das Endlager für hochradioaktive Abfälle

Die verbrauchten Brennelemente stellen den überwiegenden Anteil an den hochradioaktiven Abfällen dar, für die derzeit noch ein geeigneter Endlagerstandort in Deutschland gesucht wird. Das Standortauswahlgesetz (StandAG), das 2013 erlassen und 2017 komplett neu gefasst wurde, regelt das Verfahren zur Auswahl des Endlagerstandorts. Es muss nach der gesetzlichen Definition der Standort sein, der in Deutschland die bestmögliche Sicherheit für eine Million Jahre gewährleistet, vgl. § 1 Absatz 2 Satz 1 StandAG. Bis 2031 soll dieser gefunden sein, vgl. § 1 Absatz 5 Satz 2 StandAG.

Der Ablauf wird durch die §§ 13 bis 21 StandAG geregelt: Das Verfahren beruht auf vier Phasen. Die erste Phase umfasst zunächst das Ermitteln von Teilgebieten in Deutschland, die günstige geologische Bedingungen für die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle erwarten lassen. Dieser Schritt wurde mit der Veröffentlichung des Zwischenberichts Teilgebiete im Herbst 2020 durch die Vorhabenträgerin, der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), abgeschlossen. Nach Maßgabe gesetzlich festgelegter Kriterien und unter Beteiligung der Öffentlichkeit wird die BGE diese große Fläche der Teilgebiete im weiteren Prozess eingrenzen. Sie wird aus den Teilgebieten einen Vorschlag für bestimmte, übertägig zu erkundende Standortregionen ermitteln. Aufgrund der durch die übertägige Erkundung gewonnenen Erkenntnisse wird die BGE die möglichen Endlagerstandorte weiter eingrenzen. Sie wird eine untertägige Erkundung der in diesem gestuften Auswahlprozess verbliebenden Standorte durchführen. Das Verfahren endet mit dem abschließenden Standortvergleich und einem Standortvorschlag der BGE. Das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) prüft den Vorschlag des Vorhabenträgers einschließlich des zugrunde liegenden Standortvergleichs von mindestens zwei Standorten. Die Entscheidung über den Standort wird schließlich vom Bundestag und Bundesrat als Gesetz beschlossen. Erst danach kann das Endlager als solches fachrechtlich genehmigt und errichtet werden. 2050 soll das Endlager in Betrieb gehen.

Bau eines Endlagers für schwach- und mittelradioaktive Abfälle

Neben den hochradioaktiven Abfällen treten die schwach- und mittelradioaktiven Abfälle auf. Sie fallen vor allem beim Betrieb und Rückbau von Atomkraftwerken an, aber auch in Forschungseinrichtungen, in der Industrie und Medizin. Für diese wurde 2002 das ehemalige Bergwerk Schacht Konrad in Niedersachsen als erstes Endlager Deutschlands genehmigt und derzeit zum Endlager umgebaut. Mit einer Fertigstellung ist nicht vor 2027 zu rechnen.

Fazit

Bis zur Vollendung des in Deutschland bereits beschlossenen Atomausstiegs dauert es noch. Diskussionen um die Atomenergie, allen voran um die nukleare Entsorgung, wird es in Deutschland daher auch losgelöst von der aktuellen Debatte um ihre Klassifizierung durch die europäische Taxonomie-Verordnung geben. 

COMMISSION DELEGATED REGULATION (EU) …/... of XXX amending Delegated Regulation (EU) 2021/2139 as regards economic activities in certain energy sectors and Delegated Regulation (EU) 2021/2178 as regards specific public disclosures for those economic activities (Entwurf für die Regierungen der 27 EU-Mitgliedstaaten, offizielle Präsentation voraussichtlich nach dem 21. Januar 2022)

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