Februar 2024 Blog

Verfahrensbeschleunigung durch weitere Digitalisierung von Planungs- und Genehmigungsverfahren 

Zum Jahreswechsel hat der Gesetzgeber ein Bündel von Änderungen verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften erlassen, das die Arbeit vieler Verwaltungsbehörden in Deutschland langfristig digitalisieren und vereinfachen wird.

Hintergrund

Bereits im Zuge der Corona-Pandemie hatte der Gesetzgeber das Plansicherstellungsgesetz (PlanSiG) erlassen, das eine Digitalisierung wesentlicher Verfahrensschritte ermöglichte. Mit dem Fünften Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften sowie zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (BGBl. 2023 I Nr. 344 vom 08.12.2023) überführt der Gesetzgeber den Großteil dieser Regelungen nun dauerhaft in das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht. Um den Bundesländern ausreichend Zeit zu gewähren, die Regelungen auch in ihre Landesverwaltungsverfahrensgesetze zu übernehmen, hat er das PlanSiG erneut um ein weiteres Jahr bis zum 31. Dezember 2024 verlängert.

Neuerungen durch die VwVfG-Novelle

Mit der Novelle werden die Instrumente zur Digitalisierung der Öffentlichkeitsbeteiligung langfristig in das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) aufgenommen. Darüber hinaus nutzt der Gesetzgeber die Gelegenheit, um die Möglichkeiten zur elektronischen Ersetzung gesetzlich angeordneter Schriftformerfordernisse zu erweitern.  

Öffentliche Bekanntmachung im Internet (§ 27a VwVfG)

Mit der Neufassung des § 27a VwVfG ordnet der Gesetzgeber nunmehr eine zwingende Bekanntmachung im Internet für alle Verwaltungsverfahren an, für die eine Rechtsvorschrift eine öffentliche oder ortsübliche Bekanntmachung vorsieht. Dies gilt insbesondere für die in § 73 Abs. 5 VwVfG vorgesehene ortsübliche Bekanntmachung der Auslegung der Planunterlagen in einem Planfeststellungsverfahren.

Bereits nach der bis zum 31. Dezember 2023 geltenden Fassung des § 27a VwVfG sollte die Behörde die Bekanntmachung auch im Internet veröffentlichen. Mit der Neuformulierung des § 27a VwVfG erhebt der Gesetzgeber die Bekanntmachung im Internet nun zu einer behördlichen Pflicht und zu einer formellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzung des jeweiligen Verwaltungsverfahrens.

Zu beachten ist, dass § 27a VwVfG die Anforderungen an die öffentliche oder ortsübliche Bekanntmachung nicht abschließend regelt, sondern eine zusätzliche Anforderung daran stellt. Soweit die Rechtsvorschriften, die eine öffentliche oder ortsübliche Bekanntmachung anordnen, eigene formelle Anforderungen daran stellen, sind auch diese weiterhin zu beachten.

Auslegung im Internet (§ 27b VwVfG)

Darüber hinaus müssen Dokumente, für die das Gesetz eine Auslegung vorschreibt gemäß § 27b VwVfG n.F. fortan zwingend im Internet veröffentlicht werden. Zusätzlich sind die Unterlagen auf mindestens eine andere Weise zugänglich zu machen.

Die Neuregelung, auf die nunmehr im Rahmen der Regelungen über das Anhörungsverfahren im Planfeststellungsverfahren (§ 73 VwVfG) Bezug genommen wird, verlegt den Schwerpunkt der Auslegung von der bisherigen körperlichen Auslegung in den Gemeinden auf die Veröffentlichung im Internet. Durch die Anordnung (mindestens) einer weiteren Weise der Zugänglichmachung, etwa in Form der bisherigen körperlichen Auslegung, wird die Erreichbarkeit auch für solche Personen gewährleistet, die das Internet nicht nutzen (können).

Online-Konsultation nun auch im VwVfG (§ 27c VwVfG)

Mit § 27c VwVfG werden die während der Corona-Pandemie durch das PlanSiG eingeführten digitalen Instrumente zur Erörterung mit Verfahrensbeteiligten oder der Öffentlichkeit dauerhaft in das VwVfG überführt. Danach kann eine gesetzlich angeordnete Erörterung, insbesondere ein Erörterungstermin, eine mündliche Verhandlung oder eine Antragskonferenz, auch weiterhin durch eine Onlinekonsultation oder eine Video- oder Telefonkonferenz ersetzt werden.

Anders als bei einer Video- oder Telefonkonferenz erfolgt die Erörterung bei einer Online-Konsultation schriftlich. Den zur Teilnahme Berechtigten wird dabei im Rahmen einer Frist Gelegenheit gegeben, sich schriftlich oder elektronisch zu äußern. Die Einwendungen und gegebenenfalls die Rückäußerungen der Vorhabenträgerin oder des Vorhabenträgers fließen anschließend in die Prüfung der Planfeststellungsbehörde ein.

Erweiterung des elektronischen Schriftformersatzes (§ 3a VwVfG)

Das Vorhaben zur Überführung von Regelungen des PlanSiG in das VwVfG hat der Gesetzgeber auch zum Anlass genommen, um die Regelung in § 3a VwVfG zur elektronischen Ersetzung der Schriftform neu zu strukturieren und inhaltlich zu erweitern. So wird ein gesetzlich angeordnetes Schriftformerfordernis nunmehr gemäß § 3a Abs.  1 Nr.  3 VwVfG n.F. beispielsweise auch ausdrücklich durch eine Versendung aus dem „besonderen elektronischen Anwaltspostfach“ (beA) erfüllt.

Fazit und Ausblick

Mit der neuesten Novelle des VwVfG hat der Gesetzgeber den im Rahmen der Corona-Pandemie begonnenen Weg der Digitalisierung von Planungs- und Genehmigungsverfahren fortgeführt. Dies ist notwendig, um insbesondere Planfeststellungsverfahren für wichtige Infrastrukturvorhaben, effizient zu gestalten. Eine stärkere Digitalisierung erleichtert nicht nur die Vorgänge auf Seiten der Behörde, sondern trägt auch den Bedürfnissen der Beteiligten Rechnung. Vor allem die zur Verfügung Stellung von Unterlagen im Internet ist insoweit zeitgemäß. Hierzu hat allerdings bereits der Gesetzgeber im Rahmen der Gesetzesbegründung darauf hingewiesen, dass es hierfür Grundvoraussetzung ist, die Behörden mit den leistungsfähigen technischen Ressourcen auszustatten und ihre Mitarbeiter entsprechend zu schulen.

Als wenig befriedigend ist es zu bewerten, dass neben dem VwVfG die verschiedenen Fachgesetze teilweise abweichende Spezialregelungen zum Verfahren enthalten, die ihrerseits nicht einheitlich gefasst sind (siehe auch unseren Beitrag vom Januar 2024: Auf dem Weg zum „Deutschland-Tempo“ im Energiesektor?). Hierdurch und durch die bloße Vielzahl an Gesetzesänderungen im „Beschleunigungskontext“ samt der hiermit zu beachtenden Übergangsregelungen wird gegenwärtig in vielen Fällen eher das Gegenteil dessen erreicht, was sie bezwecken sollen: Verzögerungen durch zusätzlichem Prüfaufwand und neue Rechtsunsicherheiten.

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