Automatischer Informationsaustausch mit der Türkei über Daten von Bankkonten
Seit dem Jahr 2014 besteht die Möglichkeit, dass zwischen zahlreichen Staaten Daten über Bankkonten automatisch ausgetauscht werden können. Damit sollen internationale Steuerverkürzungen bekämpft werden. Auch die Türkei gehört zu den Unterzeichnerstaaten des entsprechenden Abkommens. Seit 2017 haben bereits etliche Staaten am automatischen Informationsaustausch teilgenommen. Am 01. Juli 2020 veröffentlichte Deutschland bzw. das Bundesministerium der Finanzen (BMF) die „Staatenaustauschliste 2020“, in der zwischenzeitlich 100 Länder aufgeführt sind. In dieser Liste findet sich erstmals auch die Türkei.
Daraufhin hat das türkische Finanzministerium im Herbst 2020 auf seiner Homepage ein „Informationshandbuch“ für den AIA veröffentlicht. Darin wird ausgeführt, welche Länder von der Türkei in den AIA einbezogen werden. Deutschland, die Niederlande, Belgien, Österreich und Frankreich sind jedoch ausdrücklich ausgenommen. Obwohl die Entscheidungen der Länder über die Erteilung von Informationen unilateral sind, basiert der automatische Informationsaustausch auf dem Gegenseitigkeitsprinzip. Es wird daher erwartet, dass die Türkei auch Deutschland bald auf die Liste aufnimmt. Wann und wie die Türkei Kontoinformationen an die deutschen Finanzbehörden übermittelt, ist es derzeit unklar.
Was versteht man unter dem Automatischen Informationsaustausch?
Laut dem Abkommen sind türkische Finanzinstitute (Banken und Versicherungen) verpflichtet, Informationen zu Konten, deren Inhabern, Kontosalden und Erträgen wie Zinsen, Dividenden und Veräußerungsgewinne an die türkischen Steuerbehörden zu melden. Diese leiten die Meldungen dann an die deutschen Steuerbehörden weiter. Im Gegenzug meldet Deutschland Entsprechendes an die Türkei. Betroffen sind alle bestehenden Bankkonten bei türkischen Finanzinstituten, deren Kontoinhaber (natürliche und juristische Personen) in Deutschland ansässig sind und die in Deutschland der Steuerpflicht unterliegen. Es werden Informationen zu Konten in der Türkei an die deutschen Steuerbehörden übermittelt. Dieser Austausch umfasst u.a. Informationen zu Kontoinhaber, Kontosalden und Erträgen wie Zinsen, Dividenden, Veräußerungsgewinnen sowie Einnahmen aus bestimmten Versicherungsverträgen.
Die jeweiligen Steuerbehörden prüfen dann, ob die ausländischen Einkünfte steuerlich deklariert wurden. Ist dies nicht der Fall, steht der Vorwurf einer Steuerhinterziehung im Raum. Der automatische Informationsaustausch kann außerdem Folgewirkungen haben. Hat jemand beispielsweise in Deutschland in der Vergangenheit Privatinsolvenz angemeldet und angegeben, er verfüge über kein Vermögen mehr und aufgrund der Meldung würde bekannt werden, dass er noch ein Konto mit größeren Summen in der Türkei hat, würde eine Insolvenzstraftat vorliegen. Auch bei erhaltenen Transferleistungen wie Arbeitslosengeld, Hartz IV, Elterngeld, Baukindergeld etc. könnte es unerwartet unangenehme Folgen geben.
Konsequenzen
Falls die deutschen Steuerbehörden Kenntnis erhalten, dass Erträge aus Quellen in der Türkei nicht oder nicht zutreffend in Deutschland steuerlich erklärt worden sind, werden sie regelmäßig von einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung ausgehen. Eine vorsätzliche Steuerhinterziehung kann mit Geldstrafe bis zu 50.000 Euro oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren, in schweren Fällen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, bestraft werden.
Abhilfe
Gerade wenn der Automatische Informationsaustausch zwischen der Türkei und Deutschland sich zeitlich verzögert, kann die bis dahin verbleibende Zeit dazu genutzt werden, die formalen Voraussetzungen einer strafbefreienden Selbstanzeige zu klären und herbeizuführen. Mit einer rechtzeitig erstatteten strafbefreienden Selbstanzeige besteht die Möglichkeit, den Weg in die Steuerehrlichkeit zurückzufinden. Ist eine Selbstanzeige rechtzeitig und wirksam eingereicht, bleibt man straffrei. Diese muss jedoch erstattet werden, bevor die Steuerstraftat als „entdeckt“ gilt.
Dr. Gökce Uzar Schüller, Avukat
Frankfurt a.M.