Geheimhaltungspflichten bei M&A Transaktionen
Der richtige Umgang mit sensiblen bzw. vertraulichen Daten bei M&A Transaktionen gewinnt zunehmend an Bedeutung. Neben den Vorgaben aus dem Datenschutzrecht sowie dem Kartell- und Wettbewerbsrecht gibt es Vertraulichkeitspflichten, die sich aus den bestehenden Verträgen der Zielgesellschaft ergeben können. Diese Vertraulichkeitspflichten aus bestehenden Verträgen werden in vielen Transaktionen meist nicht ausreichend gewürdigt oder sogar übersehen, was in jüngster Vergangenheit immer häufiger zu außergerichtlichen Streitigkeiten führt.
Umgang mit vertraglichen Vertraulichkeitspflichten
In der Praxis enthalten Vertraulichkeitsklauseln in bestehenden Verträgen der Zielgesellschaft meist keine Öffnungsklauseln, die eine Offenlegung der entsprechenden Verträge im Rahmen von M&A-Transaktionen erlauben. Daher stellt sich die Frage, wie im Rahmen einer Due Diligence des Käufers mit diesen Verträgen umzugehen ist.
Grundsätzlich ist der Regelungsgehalt derartiger Klauseln so ausgestaltet, dass die in dem Vertrag enthaltenen Bestimmungen vertraulich zu behandeln sind und daher Dritten kein Zugriff auf die vertraulichen Inhalte gewährt werden darf. Bei Zuwiderhandlung besteht die Gefahr einer außerordentlichen Kündigung durch den Vertragspartner und/oder einer Schadensersatzpflicht der Zielgesellschaft.
Das Problem an dieser Stelle ist, dass Verkäufer im Rahmen eines Share Deals (anders als beim sog. Asset Deal) der Gesellschafter der Zielgesellschaft ist. Verpflichteter im Hinblick auf die Vertraulichkeitsregelung ist aber die Zielgesellschaft als Vertragspartei des Dritten. Im Rahmen der Due Diligence haben sowohl Käufer als auch Verkäufer ein ausgeprägtes Interesse an der Offenlegung zumindest der wesentlichen Verträge der Zielgesellschaft. Der Käufer möchte ein möglichst belastbares Bild von der rechtlichen Situation der Zielgesellschaft gewinnen und insbesondere kommerzielle Faktoren aus etwa den wesentlichen Kundenverträgen analysieren, um seine Kaufentscheidung zu unterstützen. Der Verkäufer möchte für die Zwecke des Haftungsausschlusses bei Garantieverletzungen eine möglichst breite Offenlegung, damit dem Käufer die offengelegten Informationen als bekannt gelten. Die Zielgesellschaft hingegen möchte nicht etwaigen Folgen aus der Verletzung von Vertraulichkeitspflichten ausgesetzt werden. Insoweit besteht hier ein Interessenkonflikt.
Lösungsansätze zur Vermeidung von Vertraulichkeitsverletzungen
Um die Schwierigkeiten aufzulösen und Folgen von Vertraulichkeitsverletzungen zu vermeiden, gibt es verschiedene Ansätze:
- Einholung der Zustimmung des Vertragspartners: Naheliegend erscheint zunächst die Einholung der Zustimmung der Vertragspartner zur Offenlegung der Verträge. Allerdings wird ein Gesellschafter, der über den Verkauf seiner Beteiligung verhandelt, seine Verkaufsabsichten nicht preisgeben wollen. Bei für die Zielgesellschaft besonders relevanten Verträgen kann es sich aber ergeben, dass der Verkäufer mit bestimmten Vertragspartnern auch im Vorfeld der Veräußerung spricht, um sicherzustellen, dass bestimmte Verträge nicht durch eine Veräußerung der Zielgesellschaft beendet werden können. In diesem Falle wäre die Einholung der Zustimmung der Offenlegung (in abgestimmter Form) selbstverständlich zu empfehlen.
- Schwärzung sensibler Informationen: Wenn eine vollständige Offenlegung aufgrund bestehender Vertraulichkeitsverpflichtungen nicht möglich ist, können sensible Informationen (insbesondere die Konditionen) in den Dokumenten geschwärzt werden. Dies schützt zumindest die Vertraulichkeit sensibler Daten und ermöglicht dennoch im ersten Schritt eine ausreichende Prüfung der Vertragsinhalte durch den Käufer.
- Clean Team Ansatz: Der neben der Schwärzung vermutlich praktikabelste Ansatz dürfte es sein, dass auf Seiten des potentiellen Käufers ein sog. Clean Team (wie auch bei kartell- und wettbewerbsrechtlich sensitiven Sachverhalten üblich) eingerichtet wird. Das können etwa die rechtlichen Berater des Käufers oder bestimmte ausgewählte nicht-operativ tätige Personen auf Seiten des Käufers sein, die jeweils mit einer eigenen Vertraulichkeitsverpflichtung zur Wahrung der Vertraulichkeit verpflichtet werden.
- Einsatz professioneller Datenräume: Zur Wahrung der Vertraulichkeit bietet es sich gerade bei sensiblen Informationen und Dokumenten an, diese nur in besonders geschützten Datenräumen von professionellen Anbietern zur Verfügung zu stellen. Derartige Datenräume ermöglichen z.B. den Download von Dokumenten zu verhindern und den Zugriff effektiv auf einen sehr kleinen Personenkreis einzuschränken. Darüber hinaus kann der Zugriff auf diese Dokumente dokumentiert werden.
Handlungsempfehlungen für die Praxis
Das Spannungsfeld zwischen Offenlegungsbedürfnissen sowie (vertraglichen) Vertraulichkeitspflichten ist erkennbar komplex und das richtige Vorgehen oft nur schwer zu bestimmen. Unterschiedliche Phasen einer Transaktion bieten unterschiedliche Möglichkeiten.
Verkäufern wird geraten, bereits in der Vorbereitungsphase der Transaktion die wesentlichen Verträge im Hinblick auf bestehende Vertraulichkeitsverpflichtungen zu prüfen. Dies geschieht bestenfalls im Zusammenhang mit der ebenfalls empfehlenswerten Prüfung von sog. Change-of-Control Klauseln in den Verträgen.
Es empfiehlt sich außerdem, derartige Themen bereits früh in der Term Sheet Phase, in welcher üblicherweise die Parameter der Transaktion festgeschrieben werden, anzubringen. Vor allem ein Clean Team Ansatz sollte auch zur Vorbereitung auf Käuferseite möglichst frühzeitig kommuniziert werden. Generell reduziert eine frühzeitige Auseinandersetzung mit diesem Thema das Risiko und den Aufwand während der Transaktion.

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