Keine Quotierung erdienter Urlaubsansprüche bei Wechsel von Voll- in Teilzeit
Hat ein Arbeitnehmer noch Resturlaubstage aus seiner Vollzeittätigkeit und wechselt dann zu einer Teilzeittätigkeit, darf die Zahl der Tage des bezahlten Jahresurlaubs wegen des Übergangs in eine Teilzeitbeschäftigung nicht verhältnismäßig gekürzt werden. Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden und damit eine in vielen Unternehmen gelebte Praxis für unzulässig erklärt.
Zum Sachverhalt
Der Entscheidung des BAG lag ein Sachverhalt zugrunde, bei dem der Kläger ab dem 15. Juli 2010 in eine Teilzeittätigkeit wechselte und nicht mehr an fünf, sondern nur noch an vier Tagen in der Woche arbeitete. Während seiner Vollzeittätigkeit hatte der Kläger im Jahr 2010 keinen Urlaub. Die Beklagte meinte, dem Kläger stünden angesichts des tariflichen Anspruchs von 30 Urlaubstagen bei einer Fünftagewoche nach seinem Wechsel in die Teilzeittätigkeit im Jahr 2010 nur die 24 von ihr gewährten Urlaubstage zu (30 Urlaubstage geteilt durch fünf mal vier). Der Kläger war der Ansicht, ihm stünden 27 Urlaubstage zu. Eine anteilige Kürzung seines Urlaubs für die erste Jahreshälfte sei unzulässig. Sein Anspruch bestehe daher aus 15 Tagen für die Monate Januar bis Juni und zwölf Tagen für Juli bis Dezember 2010.
Die Entscheidung des BAG
Das BAG gab dem Kläger Recht und verwies auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), wonach eine Diskriminierung von Teilzeitgeschäften vorliege, wenn die Zahl der Urlaubstage, die der Arbeitnehmer im Kalenderjahr bereits erworben hat, wegen des Wechsels in die Teilzeit rückwirkend gekürzt wird. Das in der Vergangenheit auch vom BAG vertretene Argument, der erworbene Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub werde nicht vermindert, weil er in Urlaubswochen ausgedrückt unverändert bleibe, habe der EuGH in seiner Entscheidung vom 13. Juni 2013 (Az. C-415-12) ausdrücklich verworfen. Daher halte das BAG an seiner bisherigen Rechtsprechung, wonach die Urlaubstage grundsätzlich umzurechnen sind, wenn sich die Zahl der Arbeitstage verändert, nicht mehr fest.
Hinweis für die Praxis
Konsequenz des Urteils ist, dass Beschäftigten während der Vollzeitbeschäftigung anteilig erworbener Urlaub auch während der Teilzeitbeschäftigung noch zusteht. Eine Quotierung erdienter Urlaubsansprüche findet also nicht statt. Hat ein Mitarbeiter beispielsweise noch 20 Resturlaubstage aus seiner Vollzeittätigkeit und wechselt dann zu einer Teilzeittätigkeit mit z.B. zwei Arbeitstagen pro Woche, bleiben die 20 Resturlaubstage erhalten, so dass der Arbeitnehmer 10 Wochen Resturlaubsanspruch in die Teilzeit „mitnimmt“. Um Probleme wie in dem Beispielsfall zu vermeiden, sollten Arbeitnehmer dazu angehalten werden, ihren Urlaub vor dem Wechsel in eine Teilzeitbeschäftigung zu nehmen.
(BAG, Urteil vom 10. 02.2015 – 9 AZR 53/14)
Marius Bodenstedt, Rechtsanwalt