August 2019 Blog

Teilweise Steuer­befreiung des carried interest bei ge­werb­lich ge­präg­ten Private Equity-und Ven­ture Capi­tal-Fonds

In einem jüngst veröffentlichten Urteil hat der Bundesfinanzhof über die Besteuerung des carried interest bei gewerblich geprägten Private Equity- und Venture Capital-Fonds veröffentlicht. Für die Praxis sehr erfreulich, hat der Bundesfinanzhof entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung entschieden, dass der carried interest auch bei gewerblich geprägten Fonds teilweise von der Steuer befreit ist.

Hintergrund – Besteuerung des carried interest

Die Initiatoren, Manager und/oder Berater eines Fonds erhalten neben ihrem proportionalen Gewinnanteil, der ihrem Anteil an dem Fonds entspricht (team commitment), regelmäßig auf der zweiten Stufe der Gewinnverteilung zusätzlich eine weitere, disproportionale Gewinnbeteiligung aus dem Fonds, für die geleisteten immateriellen Beiträge, die z.B. 20% betragen kann, bei einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung in Höhe von z.B. nur 0,15% (carried interest). Der carried interest unterliegt bei den einzelnen Empfängern der Besteuerung. In § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist am 30. Juli 2004 mit dem Gesetz zur Förderung von Wagniskapital eine explizite Regelung geschaffen worden, mit der der carried interest in eine Tätigkeitsvergütung umqualifiziert wird, wenn der Fonds eine vermögensverwaltende Gesellschaft ist.

Diese Regelung wurde seinerzeit eingeführt, um die Auffassung des Bundesministerium der Finanzen („BMF“) gesetzlich abzusichern. Das BMF ging davon aus, dass es sich beim carried interest, der aus einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft stammt, um eine steuerpflichtige Tätigkeitsvergütung seitens der Mitgesellschafter für die Initiatoren und nicht um ggf. nicht steuerbare Einkünfte gemäß § 23 EStG handele, was bis zum Zeitpunkt der Einführung des § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG umstritten war. Als Teil des damals geschlossenen Kompromisses unterliegt der carried interest i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG nach § 3 Nr. 40a EStG dem Teileinkünfteverfahren, so dass 40% der carried interest-Einkünfte von der Steuer befreit sind. Wäre der carried interest als Veräußerungsgewinn weiterhin § 23 EStG unterfallen, hätte er bei Realisierung nach einem Jahr steuerfrei vereinnahmt werden können. Mittlerweile unterfällt die Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften von unter 1% im Privatvermögen nicht mehr § 23 EStG, sondern § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG, so dass eine steuerfreie Vereinnahmung des carried interest aus Veräußerungsgewinnen nicht mehr ohne weiteres möglich ist.

Entscheidung des BFH

Gleichwohl hat die Einführung des § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG lange nicht alle steuerrechtlichen Unklarheiten im Zusammenhang mit dem carried interest beseitigt. So war bis zur Entscheidung des BFH ungeklärt, wie der carried interest zu behandeln ist, wenn es sich nicht um eine vermögensverwaltende Gesellschaft, sondern um eine gewerblich geprägte Gesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG handelt. Die Finanzverwaltung war der Auffassung, der carried interest sei Teil der gewerblichen Einkünfte i.S.d. § 15 EStG, jedoch handele es sich beim Bezug des carried interest um eine Tätigkeitsvergütung, mit der Folge, dass das Teileinkünfteverfahren für Veräußerungsgewinne und Dividendenbezüge nach § 3 Nr. 40 lit. a) und lit. d) EStG nicht anwendbar sei. Es solle sich nach Auffassung der Finanzverwaltung also um voll steuerpflichtige gewerbliche Einkünfte handeln. Dem hat der BFH nun widersprochen. Zunächst hat der BFH klargestellt, dass der carried interest nicht § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG unterfalle, wenn es sich bei dem Fonds als auch dem carry-Vehikel um gewerblich geprägte Personengesellschaften i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG handele. Außerdem hat der BFH ausgeführt, dass es sich beim carried interest im Streitfall um keine Tätigkeitsvergütung handele, sondern um eine Gewinnverteilungsabrede, vor allem weil der carried interest nur zu zahlen war, wenn tatsächlich Gewinn erwirtschaftet wurde. Im Ergebnis soll der carried interest damit dem Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 lit. a) und lit. d) EStG unterliegen und ist somit zu 40% von der Steuer befreit.

Folgen für die Praxis

Die Entscheidung des BFH schafft begrüßenswerte Klarheit im Hinblick auf die Einordnung des carried interest in gewerblich geprägten Personengesellschaftsstrukturen. Es bleibt abzuwarten, wie das BMF und die Finanzverwaltungen der Länder auf das Urteil reagieren werden. Gegebenenfalls ist das Urteil im streitigen Verfahren durchzusetzen. Im Übrigen hat das Urteil zwar längst nicht alle Unklarheiten beseitigt, aber dafür einiges an zusätzlicher Rechtssicherheit gebracht. Fonds, die sich bislang vor gewerblich geprägte Fondsstrukturen gescheut haben, könnten das Urteil zum Anlass nehmen, um über neue Strukturen nachzudenken. Denn gewerbliche Fondsstrukturen können dem Management mehr unternehmerische Freiheiten bieten, als vermögensverwaltende Gesellschaften, bei denen strikt auf die Einhaltung bestimmter Kriterien zu achten ist.
Urteil des BFH vom 11. Dezember 2018 (veröffentlicht 29.05.2019)

Dr. Michael Engel, Rechtsanwalt/Steuerberater
Frankfurt am Main

 

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