Januar 2013 Blog

Verschärfung des EU-Iran-Embargos

Der Rat der Europäischen Union (EU) hat das Embargo gegen den Iran weiter verschärft. Teilweise sind die neuen EU-Sanktionen bereits in Kraft ­getreten, teilweise bedürfen sie erst noch der Umsetzung in unmittelbar geltendes Recht.

Die neuen Sanktionen – die für den Iran-Handel ganz erhebliche Konsequenzen haben – sind im Wesentlichen im Beschluss 2012/635/GASP vom 15. Oktober 2012 niedergelegt. Dieser ist hinsichtlich der Personenlistungen mit der am 16. Oktober 2012 im EU-Amtsblatt erfolgten Veröffentlichung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 945/2012 bereits in geltendes Recht umgesetzt worden, in seinen übrigen Teilen jedoch noch nicht unmittelbar rechtsverbindlich. Zusätzlich erfolgte am 4. Dezember 2012 eine praktisch bedeutsame Berichtigung der Iran-Embargo-Verordnung (EU) Nr. 267/2012. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die neuen Embargomaßnahmen.

Neue Personenlistungen

Durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 945/2012 wurden zahlreiche weitere Personen (bzw. Organisationen/Einrichtungen) in Anhang IX der Iran-Embargo-Verordnung gelistet und damit den geltenden Finanzsanktionen unterworfen. Dies bedeutet, dass ihr Auslandsvermögen eingefroren wird und das so genannte Bereitstellungsverbot des Artikels 23 Abs. 3 der Iran-Embargo-Verordnung mit Wirkung vom 16. Oktober 2012 auch hinsichtlich dieser Personen gilt. Ihnen dürfen mithin weder unmittelbar noch mittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden (d.h. Vermögenswerte jeder Art – insbesondere Waren und geldwerte Dienstleistungen). Es gelten insoweit keinerlei Übergangsfristen oder Altfallregelungen. Eventuell vor dem 16. Oktober 2012 erteilte Genehmigungen und Nullbescheide des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) treten infolge der Erweiterung des Anhangs IX unmittelbar außer Kraft, soweit sie durch die Änderungen betroffen sind. Gelistet wurden insbesondere die iranischen Ministerien für Energie und Erdöl sowie die staatliche National Iranian Oil Company (NIOC) und 20 ihrer Tochtergesellschaften (zusätzlich wurde mit Wirkung zum 7. November 2012 noch eine niederländische NIOC-Tochter in der Verordnung Nr. 1016/2012 vom 6. November 2012 gelistet). Diese Entwicklung ist – auch für europäische und insbesondere deutsche Exporteure – von erheblicher Tragweite, da es sich bei der NIOC um das mit Abstand bedeutendste Unternehmen im iranischen Erdöl- und Erdgassektor handelt. Bemerkenswert ist allerdings, dass zahlreiche (100%ige) NIOC-Tochtergesellschaften, wie zum Beispiel die im internationalen Handel besonders aktive Pars Oil & Gas Company (POGC), nicht gelistet wurden. Daraus jedoch auf die unproblematische Zulässigkeit weiteren Geschäftsverkehrs mit solchen nicht-gelisteten Gesellschaften zu schließen, wäre voreilig und sehr riskant: Denn in der bisherigen Rechtspraxis konnten auch Lieferungen an nicht-gelistete Unternehmen gegen das mittelbare Bereitstellungsverbot verstoßen, wenn diese Unternehmen von einem gelisteten Unternehmen kontrolliert werden. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie weit das mittelbare Bereitstellungsverbot reicht und ob es insbesondere gegenüber diesen nicht-gelisteten NIOC-Töchtern gilt oder nicht. Diese Frage wird derzeit auf verschiedenen Ebenen diskutiert und harrt noch einer abschließenden Klärung.

Ratsbeschluss 2012/635/GASP vom 15. Oktober 2012

Wie bereits ausgeführt, ist der Beschluss 2012/635/GASP vom 15. Oktober 2012 (abgesehen von den oben genannten Personenlistungen und einer Detailregelung in der Verordnung Nr. 1067/2012 vom 14. November 2012 für den Bereich der Energieversorgungssicherheit) noch nicht unmittelbar rechtsverbindlich und bedarf noch der Umsetzung durch eine später zu verabschiedende EU-Ratsverordnung. Mit einer solchen Umsetzung ist innerhalb der nächsten Wochen zu rechnen. Die wichtigsten Regelungen des GASP-Beschlusses betreffenden folgende Bereiche:

  • Einfuhr- und Transportverbot für iranisches Erdgas
  • Weitere neue güterbezogene Verbote (u.a. Verbote für den Verkauf, die Lieferung oder die Weiterangabe von Grafit und Rohmetallen oder Metallhalberzeugnissen sowie Software für bestimmte industrielle Prozesse an den Iran)
  •  Befristung der Altfallregelung im Energie- und Petrochemie-Sektor (bis zum 15. April 2013)
  • Besondere Verbote betreffend den maritimen Sektor (u.a. Verbote betreffend wesentliche Schiffsausrüstung und -technologie, Einflaggungs- und Klassifikationsdienste, Lieferung von Schiffen, die für die Beförderung oder Lagerung von Öl und petrochemischen Erzeugnissen bestimmt sind, sowie das Verbot, für Iran neue Öltankschiffe zu bauen oder sich an deren Bau zu beteiligen oder diesbezüglich technische Hilfe oder Finanzmittel/Finanzhilfen bereitzustellen).
  • Neue Maßnahmen im Finanzbereich (Verschärfung der Vorschriften für Geldtransfers und Beschränkung der Gewährung von Exportkrediten, -garantien oder -versicherungen durch die EU-Mitgliedstaaten)

Berichtigung der Iran-Embargo-Verordnung

Ergänzend sei noch auf die Berichtigung der Iran-Embargo-Verordnung hingewiesen, die am 4. Dezember 2012 im EU-Amtsblatt veröffentlicht wurde. Es handelt sich zwar lediglich um Korrekturen einzelner Bestimmungen in den Vorschriften und Güterlisten, diese können jedoch im Einzelfall erhebliche praktische Bedeutung entfalten. So wurde z.B. die Definition nicht-elektronischer Geldtransfers berichtigt und überdies klargestellt, dass Meldungen/Genehmigungen bei Überweisungen von einer in der EU ansässigen iranischen Person/Gesellschaft vom Kreditinstitut des Auftraggebers (und nicht des Begünstigten) an die Bundesbank zu richten sind.

Fazit

Da sich der Iran aus Sicht der EU bislang nicht ernsthaft auf Verhandlungen einlässt, um den Bedenken der internationalen Gemeinschaft wegen seines Nuklearprogramms Rechnung zu tragen, hielt es der Rat der EU für erforderlich, zusätzliche restriktive Maßnahmen gegen Iran zu verabschieden. Die jüngste Sanktionsrunde ist dabei ersichtlich von dem außen- und sicherheitspolitischen Bestreben geprägt, den wirtschaftlichen Druck auf das iranische Regime nochmals deutlich zu erhöhen. Es bleibt abzuwarten, ob die neuerliche Embargoverschärfung dazu beiträgt, den Iran dazu zu bewegen, sich auf eine für die internationale Staatengemeinschaft akzeptable Lösung des Konflikts um sein Atomprogramm einzulassen. Bis auf weiteres können jedoch die im Iran-Handel tätigen europäischen Firmen die nach wie vor vorhandenen Spielräume für legale Geschäfte nutzen. Sie tun allerdings angesichts der bei Embargoverstößen drohenden empfindlichen Strafen weiterhin gut daran, vor jeder einzelnen Transaktion die Rechtslage sehr genau zu prüfen.

In Ergänzung zu der vorstehenden überblicksartigen Darstellung entnehmen Sie bitte weitere Einzelheiten zu diesem Thema dem jüngst veröffentlichten Beitrag von Dr. Lothar Harings und Dr. Gerd Schwendinger, der in der Ausgabe Nr. 9/2012 der vom F.A.Z.-Institut herausgegebenen Online-Zeitschrift „ExportManager“ erschienen und hier abrufbar ist.

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