November 2020 Blog

Chinas neues Export­kontroll­gesetz

Am 17. Oktober 2020 hat der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses der Volksrepublik China das erste chinesische Gesetz zur Exportkontrolle (Export Control Law, „ECL“) verabschiedet, welches am 1. Dezember 2020 in Kraft tritt. Die weitreichenden Kontrollbefugnisse und Sanktionen des ECL dürften erhebliche Auswirkungen auf den internationalen Exporthandel haben.

Die wichtigsten Regelungen des ECL im Überblick

Der sachliche Anwendungsbereich des ECL ist sehr weit gefasst. Die chinesische Exportkontrolle erstreckt sich auf alle Güter, welche „die nationale Sicherheit und die nationalen Interessen Chinas gefährden könnten“. Zu den kontrollierten Gütern gehören daher nicht nur Güter mit doppeltem Verwendungszweck, militärische Güter und nukleare Güter, sondern auch alle sonstigen Güter (einschließlich Technologien und Dienstleistungen), die eine Relevanz für die Aufrechterhaltung der nationalen Sicherheit oder die Erfüllung von Antiproliferations- und anderen internationalen Verpflichtungen haben (können). Ausfuhrkontrolllisten sollen künftig Aufschluss über die generell kontrollierten sowie über nur vorübergehend kontrollierte Güter geben.

Auch der räumliche Anwendungsbereich des Gesetzes ist denkbar weit: Sowohl Unternehmen mit, als auch solche ohne Niederlassung in China werden künftig einer umfassenden Exportkontrolle unterworfen; das Gesetz verfolgt insoweit einen extraterritorialen Ansatz. Erfasst sind nicht nur die physische Ausfuhr kontrollierter Güter, sondern auch sonstige Bereitstellungen der o.g. Güter an Ausländer in- und außerhalb Chinas, ebenso wie Durchfuhren, Umladung, Versand und – wie sich bereits in den Gesetzesentwürfen angedeutet hatte – der (nicht näher definierte) Re-Export von Gütern. Insoweit erfolgt eine erkennbare Annäherung an das US-Exportkontrollrecht. Angesichts der weiten Definitionen im ECL bleibt der konkrete Umfang der Kontrolle, insbesondere im Bereich des Re-Exports, gleichwohl bislang noch unklar. Dieser wird voraussichtlich erst durch die angekündigten Umsetzungsvorschriften sowie die Kontrolllisten und die praktische Anwendung an Kontur gewinnen.

Durchsetzung und Sanktionen

Bei Verstoß gegen Bestimmungen des ECL drohen Exporteuren und anderen am Ausfuhrgeschäft Beteiligten empfindliche Geldbußen sowie die Beschlagnahme des durch das Geschäft Erlangten. Bei schweren Verstößen kann auch die zeitweise Aussetzung des Geschäftsbetriebs, ein Eintrag in das Sozialkreditsystem oder sogar ein genereller (vorübergehender oder sogar dauerhafter) Ausschluss eines Unternehmens bzw. einer verantwortlichen natürlichen Person vom Exportgeschäft drohen. Darüber hinaus können zoll- und strafrechtliche Konsequenzen gezogen werden. Auch Verstöße von Organisationen und Einzelpersonen außerhalb von China sollen nach der Konzeption des ECL geahndet werden. Zudem wird künftig eine „schwarze“ Liste von Importeuren und Endverwendern geführt, welche gegen das ECL verstoßen haben (z.B. indem sie von der angekündigten Endverwendung der Güter abgewichen sind) oder sonst die nationale Sicherheit oder die nationalen Interessen Chinas gefährden. Mit derart gelisteten Personen dürfen Exporteure regelmäßig keine Geschäftsbeziehungen mehr eingehen.

Zur Durchsetzung der Exportkontrollbestimmungen regelt das ECL weitreichende behördliche Untersuchungs- und Eingriffsbefugnisse im Hinblick auf alle mit einem Exportgeschäft in Verbindung stehenden Personen und Unternehmen. Von diesen können mithin künftig auch deutsche und andere europäische Unternehmen betroffen sein.

Schließlich sieht das ECL ausdrücklich vor, dass China, sollte ein Staat Exportkontrollmaßnahmen zum Nachteil Chinas ergreifen, nunmehr entsprechende Gegenmaßnahmen gegen das Land ergreifen kann.

Auswirkungen auf die Praxis

Das chinesische Exportkontrollgesetz erweitert den Anwendungsbereich der Exportkontrolle im Vergleich zur bisherigen Rechtslage erheblich und eröffnet den chinesischen Behörden mit unbestimmten Rechtsbegriffen wie „nationale Interessen und nationale Sicherheit“ einen extrem weiten Ermessensspielraum. Es ist zu hoffen, dass die angekündigten detaillierten Umsetzungsregelungen und Erläuterungen hier künftig – möglichst einschränkende – Konkretisierungen liefern werden.

In jedem Fall erhöhen die weitreichenden Regelungen aber bereits ab Inkrafttreten des ECL im Dezember die Gefahr für europäische Unternehmen mit China-Geschäft in den Fokusbereich der o.g.  Sanktionen zu geraten. Auch wenn also die konkrete Umsetzung noch aussteht, ist es ratsam, für die  betroffenen Unternehmen sich bereits jetzt mit den neuen Vorgaben auseinanderzusetzen und ihre Compliance-Strategie nötigenfalls anzupassen. Bei Fragen hierzu unterstützen wir Sie gern gemeinsam mit unseren Kollegen aus dem Shanghaier Büro und unserem China Desk.

Eine – inoffizielle – englische Fassung des ECL finden Sie hier.

Nina Kunigk, Rechtsanwältin
Marian Niestedt, Rechtsanwalt
beide Hamburg

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