Das neue Telekommunikationsgesetz tritt am 01.12.2021 in Kraft
Das lange erwartete Gesetz zur Umsetzung des Europäischen Kodex für die Elektronische Kommunikation wird am 01.12.2021 in Kraft treten. Die Umsetzungsfrist für die entsprechende Richtlinie (EU) 2018/1972 (TK-Kodex) ist bereits am 20.12.2020 abgelaufen. Nach langen und kontroversen Diskussionen wurde der Entwurf des neuen Telekommunikationsgesetzes am 22.04.2021 im Bundestag verabschiedet. Am 07.05.2021 stimmte der Bundesrat dem Gesetzesentwurf zu. Zur Vermeidung eines Vermittlungsausschussverfahrens zu einigen bis zuletzt umstrittenen Themen sicherte die Bundesregierung in einer Protokollerklärung letzte Änderungen im neuen Telekommunikationsgesetz im Rahmen eines parallelen Gesetzgebungsverfahrens zur Regelung des Datenschutzes in der elektronischen Kommunikation zu.
Ein zentrales Anliegen des neuen Telekommunikationsgesetzes ist die Erweiterung des Anwendungsbereichs auf sog. Over-the-top (OTT-) Dienste. Dies geschieht mit der Einführung des Begriffs des „interpersonellen Telekommunikationsdienstes“, der u.a. internetbasierte E-Mail- und Messenger-Dienste erfasst.
Das neue Telekommunikationsgesetz (TKG) verfolgt als ein wesentliches Ziel die Schaffung eines neuen Ordnungsrahmens, der Impulse für einen schnelleren und flächendeckenden Ausbau von Gigabitnetzen in Deutschland setzt. Hierfür sollen gezielt Anreize für Investitionen und Innovationen geschaffen werden, um einen marktgetriebenen Ausbau der digitalen Infrastruktur zu fördern.
In der Marktregulierung setzt das neue TKG auf eine Reduzierung staatlicher Regulierungseingriffe. Kommerzielle Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern und marktmächtigen Unternehmen sowie freiwillige Verpflichtungszusagen marktmächtiger Unternehmen sollen verstärkt die regulatorischen Rahmenbedingungen gestalten und den Netzausbau vorantreiben. Gleichzeitig erfolgt eine Erweiterung regulatorischer Eingriffsmaßnahmen, indem – unter engen Voraussetzungen – nunmehr die Auferlegung von Zugangsverpflichtungen auch gegenüber Unternehmen ohne beträchtliche Markmacht ermöglicht wird. Ein solcher Zugang zu bereits vorhandener Infrastruktur soll den Netzausbau in Gebieten erleichtern, in denen der Aufbau alternativer Infrastrukturen wirtschaftlich risikoreich ist.
Ebenfalls im Sinne der Förderung von Investitionen in Gigabitnetze führt das neue TKG ein „Glasfaserbereitstellungsentgelt“ ein. Diese Regelung ist aus der sehr kontrovers geführten Diskussion um die Abschaffung des sog. „Nebenkostenprivilegs“ hervorgegangen. Das „Nebenkostenprivileg“ ermöglicht bisher die Umlage der monatlichen Grundgebühren für Breitbandanschlüsse über die Nebenkostenrechnung. Diese seit den 80er Jahren bestehende Regelung in der Betriebskostenverordnung kollidiert mit der unionsrechtlichen Vorgabe der Wahlfreiheit des Verbrauchers bezüglich seines Anbieters von Kommunikationsdiensten. Nach einer Übergangsfrist bis zum 30.06.2024 entfällt nunmehr das bisherige „Nebenkostenprivileg“. Das neu eingeführte „Glasfaserbereitstellungsentgelt“ ist nur unter bestimmten Voraussetzungen umlagefähig, dabei muss sichergestellt sein, dass der Mieter in der Wahl seines Anbieters für einen Glasfaseranschluss frei ist.
Im Bereich des Kundenschutzes bringt das neue TKG zahlreiche Änderungen. Der TK-Kodex sieht hier eine Vollharmonisierung der unionsrechtlichen vorgesehenen Verbraucherrechte vor. Unter anderem ist hier die Einführung unabhängiger Vergleichsinstrumente vorgesehen, die dem Endnutzer einen objektiven Vergleich zwischen unterschiedlichen Angeboten mit Blick auf Preis und Dienstequalität ermöglichen sollen. Neu ist auch ein Minderungsrecht für Verbraucher, wenn die vertraglich vereinbarte Datenübertragungsrate von der tatsächlich bereitgestellten abweicht. Neue Vorschriften wie etwa die Vorgabe einer Vertragszusammenfassung als Wirksamkeitsvoraussetzungen für einen Vertragsabschluss stellen die Unternehmen in der operativen Umsetzung vor Herausforderungen.
Für die Frequenzordnung enthält das künftige TKG ebenfalls eine Reihe neuer Regelungen. So wird beispielsweise der bisher gesetzlich verankerte Vorrang eines Versteigerungsverfahrens bei der Frequenzvergabe in Knappheitssituationen entfallen. Weiter sieht das neue Gesetz nunmehr Rechtsgrundlagen für eine Auferlegung von Roaming-Verpflichtungen vor.
Zu den vieldiskutierten Neuerungen zählt die Einführung eines individuellen Rechts auf Versorgung mit Telekommunikationsdiensten, das insbesondere auch einen hochwertigen Internetzugang umfasst.
Der bisher im TKG geregelte Datenschutz für die elektronische Kommunikation wird in ein neues Gesetz ausgelagert. Künftig soll ein „Telekommunikations-Telemedien-Datenschutz-Gesetz“ (TTDSG) die bisher getrennt geregelten Datenschutzvorschriften für Telekommunikationsanbieter und Telemedienanbieter zusammenführen und das Verhältnis zum allgemeinen Datenschutz klarer regeln. Dieses Gesetz soll gleichzeitig mit dem neuen TKG am 01.12.2021 in Kraft treten.
Insgesamt finden sich zahlreiche und detaillierte Neuerungen, mit denen der Gesetzgeber eine Modernisierung des Telekommunikationsrechts erreichen will.
Dr. Grace Nacimiento, Rechtsanwältin
Düsseldorf