Gericht bestätigt Schnabelbehandlung von Puteneintagsküken als gelebten Tierschutz – Tierrechtsgruppe unterliegt mit Eilantrag
Verwaltungsgericht Stuttgart lehnt Eilantrag eines Tierrechtsvereins ab und befasst sich umfassend mit den Anforderungen an das Kürzen von Schnabelspitzen bei Puten als gelebten Tierschutz zur Verhinderung von sog. Beschädigungspicken.
Sachverhalt
Nachdem einer Brüterei eine befristete Erlaubnis zur Schnabelbehandlung mittels Infrarot-Methode erteilt worden war, legte ein in Baden-Württemberg nach Landesrecht verbandsklagebefugter Tierrechtsverein hiergegen zunächst Widerspruch ein. Auf Antrag der Brüterei ordnete das zuständige Veterinäramt unverzüglich die sofortige Vollziehung der erteilten Erlaubnis an. Zur Begründung führte das Veterinäramt unter anderem aus, dass es im Interesse des Tierschutzes zur Vermeidung von erheblichen Verletzungen in der Putenhaltung zulässig sei, die Schnäbel von Eintagsküken zu kürzen. Dabei verwies es darauf, dass die Voraussetzungen einer Genehmigung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 des Tierschutzgesetzes (TierSchG) vorlägen und es nach dem heutigen Stand der Wissenschaft bei der Haltung von Puten zur Vermeidung von Schmerzen und Leiden weiterhin notwendig sei, das Schnabelkürzen vorzunehmen.
Der Tierrechtsverein beantragte daraufhin im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die der Brüterei erteilte Erlaubnis zum Kürzen der Schnabelspitzen. Zur Begründung führte der Verein unter anderem aus, dass die Erteilung einer Erlaubnis zum Schnabelkupieren in der Brüterei rechtswidrig und strafrechtlich relevant sei. Auch wenn sich die Genetik der Puten nicht sofort verändern lasse, könnten doch die Haltungsbedingungen sofort verändert werden.
Grundlegende Entscheidung
Mit Beschluss vom 12. August 2024 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart den Antrag des Tierrechtsvereins abgelehnt. Die auf § 6 Abs. 3 Nr. 2 TierSchG gestützte Erlaubnis erweise sich bei summarischer Prüfung als rechtmäßig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen seien erfüllt. Insbesondere sei nach summarischer Prüfung ausreichend glaubhaft gemacht worden, dass der Eingriff im Hinblick auf die vorgesehene Nutzung der Tiere unerlässlich ist.
Das Gericht hat betont, dass die grundsätzliche Notwendigkeit des Schnabelkürzens nicht in Frage zu stellen sein dürfe. Die Kürzung der Schnabelspitzen bei Puten werde zur Verhinderung von sog. Beschädigungspicken und den damit einhergehenden erheblichen Verletzungen durchgeführt. Es handele sich um ein multifaktorielles Geschehen, dessen Ursachen und Verhütung nicht vollständig geklärt seien. Ob die Haltungsbedingungen so angepasst werden können, dass ein Beschädigungspicken vollständig oder zumindest weit überwiegend ausgeschlossen werden kann, sei weiterhin Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion. Vor dem Hintergrund, dass die erteilte Erlaubnis voraussichtlich rechtmäßig sei, ist die Kammer zu dem Ergebnis gekommen, dass dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehung der Erlaubnis der Vorzug gegenüber einem Wiederherstellen der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs einzuräumen sei.
Praktische Auswirkungen
Mit der Entscheidung wurden die Rechte der tierhaltenden Betriebe gestärkt und nun erstmals auch in einem verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren klargestellt, dass die grundsätzliche Notwendigkeit des Schnabelkürzens bei Puteneintagsküken Teil des gelebten Tierschutzes in der Putenhaltung ist.
(VG Stuttgart, Beschluss vom 12. August 2024, Az: 15 K 2478/24)

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