Februar 2023 Blog

Inkrafttreten des EU-Embargos für russische Erdölerzeugnisse und des Preisdeckels für derartige Erzeugnisse zum 5. Februar 2023

Nachdem bereits zum 5. Dezember 2022 ein Einfuhrverbot und eine Preisobergrenze für auf dem Seeweg transportiertes Rohöl mit Ursprung in oder ausgeführt aus Russland in Kraft getreten waren, traten zum 5. Februar 2023 das Einfuhrverbot und die Preisobergrenze für russische Erdölerzeugnisse in Kraft.

Inhalt und Umfang der Beschränkungen

Das Einfuhrverbot für Rohöl und Erdölerzeugnisse mit Ursprung oder Herkunft Russland war bereits mit der Verordnung (EU) 2022/879 vom 3. Juni 2022 im Rahmen des Sechsten Sanktionspakets und die Preisobergrenze mit der Verordnung (EU) 2022/1904 vom 6. Oktober 2022 im Rahmen des Achten Sanktionspakets in die Russland-Embargo-Verordnung (EU) Nr. 833/2014 (VO 833/2014) eingefügt worden. Ziel beider Instrumentarien ist es, die russischen Öleinnahmen zu begrenzen, die für eine Finanzierung des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs gegen die Ukraine eingesetzt werden. Um den EU-Mitgliedsstaaten jedoch ausreichend Zeit für die Erschließung neuer Versorgungsquellen und die Sicherung ihrer Energieversorgung zu geben, waren relativ lange Übergangsfristen vorgesehen worden, die nunmehr zum 5. Februar 2023 auch in Bezug auf Erdölerzeugnisse – bis auf wenige Ausnahmen für bestimmte Länder – ausgelaufen sind.

Das Embargo für Erdölerzeugnisse mit Ursprung in oder ausgeführt aus Russland ist in Art. 3m VO 833/2014 niedergelegt. So ist es nach Art. 3m Abs. 1 und 2 VO 833/2014 verboten, russische Erdölerzeugnisse, die in Anhang XXV der VO 833/2014 gelistet sind, unmittelbar oder mittelbar zu kaufen, in die EU einzuführen oder zu verbringen sowie darauf bezogenen Dienstleistungen und Finanzierungen zu erbringen. Ausnahmen und Befreiungen von diesen Verboten sind in Art. 3m Abs. 3 lit. b und c, 5, 6, 7 und 9 VO 833/2014 geregelt.

Die Preisobergrenze für russische Erdölerzeugnisse ist hingegen in Art. 3n VO 833/2014 niedergelegt und betrifft den Handel und Transport zwischen Drittstaaten (einschließlich Russland). Nach Art. 3n Abs. 4 VO 833/2014 ist es verboten, in Anhang XXV aufgeführte russische Erdölerzeugnisse mit Drittländern zu handeln, in diese zu vermitteln oder in diese zu befördern und nach Art. 3n Abs. 1 VO 833/2014 ist zudem die Erbringung darauf bezogener Dienstleistungen und Finanzierungen untersagt, es sei denn, der Einkaufspreis pro Barrel für diese Erzeugnisse liegt unterhalb der in Anhang XXVIII niedergelegten Preisobergrenze (Art. 3n Abs. 6 lit. a VO 833/2014).

Die Preisobergrenze für Erdölerzeugnisse wurde –wie auch bereits zuvor die Preisobergrenze für russisches Rohöl – innerhalb der „Price Cap Coalition“ abgestimmt, der neben der EU die USA, das Vereinigte Königreich, Kanada, Japan und Australien angehören. Nachdem sich die „Price Cap Coalition“ am 4. Februar 2023 auf eine Preisobergrenze verständigt hatte, wurde diese zunächst durch den Rat auf der Ebene der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossen (Beschluss (GASP) 2023/252 vom 4. Februar 2023). Anschließend wurde der Beschluss durch die Durchführungsverordnung (EU) 2023/251 vom selben Tag umgesetzt. Durch diese wurde eine weitere Tabelle in Anhang XXVIII der VO 833/2014 eingefügt, in der insgesamt 44 verschiedene Erdölerzeugnisse (unter Nennung ihres KN-Codes) aufgeführt sind – samt der für sie jeweils geltenden Preisobergrenze. Für die aufgeführten Erdölerzeugnisse werden jedoch nicht jeweils individuelle Preisobergrenzen festgelegt, sondern es werden zwei Gruppen von Erzeugnissen gebildet, für die jeweils eine einheitliche Preisobergrenze gilt. Während als Preisobergrenze für „Premium-to-crude“-Erdölerzeugnisse wie Diesel, Kerosin und Benzin USD 100/Barrel festgelegt wird, beträgt die Preisobergrenze für „Discount-to-crude“-Erdölerzeugnisse wie Heizöl und Naphtha USD 45/Barrel.

Parallel zur Durchführungsverordnung (EU) 2023/251 wurde die Verordnung (EU) 2023/250 erlassen, die den Art. 3n VO 833/2014 derart ändert, dass durch Einfügen eines neuen lit. e in Abs. 6 eine Übergangsfrist von 55 Tagen eingeführt wird für Schiffe, die Erdölerzeugnisse mit Ursprung in Russland befördern, die vor dem 5. Februar 2023 erworben und auf das Schiff verladen und vor dem 1. April 2023 entladen werden. Zudem wird der Wortlaut des Art. 3n Abs. 11 VO 833/2014 angepasst. Dieser sieht nunmehr vor, dass die Funktionsweise des Preisobergrenzenmechanismus, einschließlich des Anhangs XXVIII und der Verbote in Art. 3n Abs. 1 und 4 VO 833/2014, bis Mitte März 2023 und danach alle zwei Monate überprüft und die Preise erforderlichenfalls angepasst werden, wobei die Preisobergrenze mindestens 5 % unter dem durchschnittlichen Marktpreis für russische Erdölerzeugnisse liegen soll (Art. 3n Abs. 11 VO 833/2014).

Reaktion Russlands auf das Inkrafttreten der Beschränkungen

Als Reaktion auf die von der „Price Cap Coalition“ beschlossene Preisobergrenze für russisches Rohöl und die angekündigte Festlegung einer Preisobergrenze für russische Erdölerzeugnisse hatte der russische Präsident am 27. Dezember 2022 den Ukaz Nr. 961 erlassen. Dieser Ukaz sieht ein Lieferverbot von russischem Rohöl und russischen Erdölerzeugnissen an alle Zwischenlieferanten und Endabnehmer vor, wenn diese eine Preisobergrenze, also den Ölpreisdeckel anwenden. Maßgeblich sind entsprechende vertragliche Preisbestimmungen. Der russische Präsident kann Ausnahmen genehmigen.

Das Lieferverbot für Rohöl trat am 1. Februar 2023 in Kraft. Den Beginn des Lieferverbots für Erdölerzeugnisse sollte die russische Regierung noch festlegen. Insgesamt gelten die Verbote zunächst befristet bis 1. Juli 2023. Die russische Regierung war zudem aufgefordert, eine Liste der von diesem Ukaz betroffenen Warencodes für Rohöl und Erdölerzeugnisse zu veröffentlichen und weitere Durchführungsbestimmungen festzulegen.

Dies ist mit der Verordnung Nr. 118 der russischen Regierung vom 28. Januar 2023 geschehen. Diese bestimmt den Warencode (nach der Nomenklatur außenwirtschaftlicher Tätigkeit der Eurasischen Wirtschaftsunion), in Bezug auf den das vorstehende Lieferverbot gelten soll, nämlich 2709 00 900 – „Erdöl und Erdölerzeugnisse aus bituminösen Gesteinen, andere“ –, wobei der Warencode vorrangig ist, nicht die Warenbezeichnung.

Weiterhin wird ein Monitoring eingeführt um die Einhaltung des Ukazes Nr. 961 regelmäßig zu überwachen. Hierbei arbeiten insbesondere das russische Energieministerium und der russische Föderale Zolldienst zusammen. Russische juristische und natürliche Personen, die Lieferverträge über Rohöl und Erdölerzeugnisse mit in der Verordnung gelisteten Warencodes abgeschlossen haben, dürfen in den Lieferverträgen (einschließlich Kommissionsverträge u.a.) keine Regelungen zum Ölpreisdeckel zulassen und müssen dies bis hin zum Endabnehmer sicherstellen. Verstöße hiergegen sind der zuständigen Zollbehörde und dem Energieministerium innerhalb von 5 Arbeitstagen ab Bekanntwerden mitzuteilen und innerhalb von 30 Kalendertagen zu beheben und die Zollbehörde ist wiederum innerhalb von weiteren 5 Arbeitstagen nach Ablauf dieser Frist hierüber zu informieren. Zum Nachweis sind der Zollbehörde u.a. der Vertrag und entsprechende Erklärungen vorzulegen.

Bei Verstoß gegen das Anwendungsverbot des Ölpreisdeckels untersagt die Zollbehörde die Ausfuhr. Dies wird sowohl den Russischen Eisenbahnen als auch Transneft mitgeteilt, um die Ausfuhr auch wirksam zu verhindern. Gleiches gilt, wenn ein festgestellter Verstoß durch den russischen Lieferanten in der o.g. Frist nicht behoben werden kann.

Das russische Energieministerium hat bis zum 1. März 2023 im Einvernehmen mit dem Finanzministerium ein Überwachungsverfahren des Preises für zur Ausfuhr bestimmtes Erdöl festzulegen.

Die Regierungsverordnung Nr. 118 trat am 1. Februar 2023 in Kraft und gilt für Rohöl und Erdölerzeugnisse, die ab dem 1. Februar 2023 aus Russland ausgeführt werden. Mithin gilt das Lieferverbot für Erdölerzeugnisse bei Anwendung des Ölpreisdeckels ebenfalls ab 1. Februar 2023.

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