Januar 2020 Blog

Kein Arbeits­ver­hält­nis zwischen einem Internet­plattf­orm­an­bieter und sog. Crowd­worker

Das Landesarbeitsgericht München (LAG) hat entschieden, dass eine Vereinbarung eines sog. Crowdworkers mit dem Betreiber einer Internetplattform kein Arbeitsverhältnis darstellt. Crowdworking ist eine Möglichkeit für Unternehmen, ihre Arbeitsaufträge über das Internet schnell und ohne einen Bewerbungsprozess zu vergeben und dann erledigen zu lassen. Dabei werden die Aufträge meist über Internetplattformen (sog. Crowdsourcing-Plattformen) angeboten und je nach Auftrag/Projekt von einem Crowdworker oder auch mehreren Crowdworkern bearbeitet.

Sachverhalt

Die Beklagte betreibt eine Internetplattform und führt unter anderem für Markenhersteller Kontrollen der Warenpräsentation im Einzelhandel oder in Tankstellen durch. Diese Aufträge werden dann über eine „Crowd" an „Crowdworker“ vergeben.

Im vorliegenden Fall bestand zwischen der Internetplattform und dem Crowdworker eine sog. „Basisvereinbarung“. Anhand dieser Vereinbarung konnten über eine App die angebotenen Aufträge, die in einem selbst gewählten Radius von bis zu 50 km lagen, übernommen werden. Nach Übernahme ist ein Auftrag nach bestehenden Vorgaben innerhalb von zwei Stunden abzuarbeiten. Eine Verpflichtung, einen Auftrag anzunehmen oder einen Auftrag anzubieten, bestand allerdings nicht.

Die Entscheidung

Das LAG entschied, dass zwischen dem Betreiber der Internetplattform und dem Crowdworker mangels eines Arbeitsvertrages kein Arbeitsverhältnis bestehe. Die „Basisvereinbarung“ erfülle nicht die gesetzlichen Anforderungen eines Arbeitsvertrages. Ein Arbeitsvertrag liege nur dann vor, wenn der Vertrag die Verpflichtung zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit vorsehe. Das bedeutet insbesondere, dass konkrete Vorgaben hinsichtlich Zeit, Ort und Inhalt der geschuldeten Leistung vereinbart sind und der Arbeitnehmer auch in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers eingebunden ist. Entscheidend sei die Durchführung des Vertrages. Mangels einer Verpflichtung zur Erbringung von Leistungen stelle die „Basisvereinbarung“ keinen Arbeitsvertrag dar. Die „Basisvereinbarung“ konnte daher als ein bloßer Rahmenvertrag auch per E-Mail wirksam gekündigt werden.

Ob jeweils durch das Anklicken eines Auftrags ein befristetes Arbeitsverhältnis begründet wurde, hat das LAG nicht entschieden. Da die Unwirksamkeit einer Befristung nur innerhalb von einer Frist von drei Wochen gerichtlich geltend gemacht werden kann, die der Kläger nicht eingehalten hatte, war dies für die Entscheidung nicht relevant. Das LAG hat die Revision zugelassen.

(LAG München, 8 Sa 146/19 vom 04.12.2019)

Praxishinweis

Durch die Digitalisierung ergeben sich immer mehr Möglichkeiten, Aufträge und Arbeiten von Dritten schnell erledigen zu lassen.

Trotz der Entscheidung des LAG sollten Unternehmen weiterhin achtsam sein. Ob schlussendlich ein Arbeitsverhältnis begründet wird oder nicht, unterliegt einer einzelfallbezogenen Betrachtung. Sollte ein Crowdworker wiederholt Aufträge desselben Auftraggebers abarbeiten, zeitliche und örtliche Vorgaben erhalten und womöglich die Betriebsmittel des Auftraggebers verwenden, so ergeben sich hieraus Indizien, dass ein Arbeitsverhältnis bestehen könnte. In dem Fall, treffen das Unternehmen die üblichen Arbeitgeberpflichten.

Julia Kusmijtschuk, Rechtsanwältin
Frankfurt a. M.

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