Dezember 2012 Blog

M2Trade, Take Five, Delcantos Hits und Kommunikationsdesigner – Urteile zum Urheberrecht

M2Trade, Take Five, Delcantos Hits und Kommunikationsdesigner - Urteile zum Urheberrecht

Bei Beendigung eines urheberrechtlichen Nutzungsvertrages fällt das Nutzungsrecht des Lizenznehmers automatisch zurück an den Urheber/Lizenzgeber, nicht hingegen erlischt das davon abgeleitete Nutzungsrecht eines etwaigen Unterlizenznehmers („Sukzessionsschutz"). Wenn Urheber ihre Werke zu gemeinsamer Verwertung durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts verbinden, können sie, falls ein Nutzungsvertrag der Gesellschaft mit Dritten eine unangemessen niedrige Vergütung vorsieht, vom Vertragspartner der Gesellschaft verlangen, dass dieser in die Änderung des Vertrags einwilligt, auch wenn sie selbst nicht Vertragspartner sind und der Gesellschaft ein Anspruch auf angemessene Vergütung nicht zusteht. Wirksam und vergütungspflichtig schließlich ist ein urheberrechtlicher Nutzungsvertrag grundsätzlich auch dann, wenn das vermeintliche Werk tatsächlich gar nicht urheberrechtsschutzfähig ist.

Der Bundesgerichtshof hat in einer Reihe von Urteilen, deren Entscheidungsgründe in den letzten Wochen veröffentlich wurden, wichtige Aussagen zur Zuordnung von Nutzungsrechten getroffen.

Die Urteile M2Trade und Take Five vom 19.7.2012 (Az. I ZR 24/11 bzw. I ZR 70/10) betrafen Sachverhalte, in welchen der Inhaber eines Nutzungsrechts einem Dritten, dieser wieder einem weiteren Lizenznehmer eine (Unter-)Lizenz erteilt hatte. Der erste Fall betraf Rechte an einer Software, der zweite Musikverlagsrechte an dem bekannten Jazz-Titel von Paul Desmond. Die Verträge zwischen dem Inhaber des Nutzungsrechts und dem Hauptlizenznehmer waren durch Kündigung des Hauptlizenzgebers bzw. durch einvernehmliche Vertragsaufhebung beendet worden.

In beiden Fällen wandten sich die Hauptlizenzgeber gegen die weitere Nutzung durch den Unterlizenznehmer. Während die Musikverlagsrechte zur ausschließlichen Nutzung eingeräumt worden waren, bestanden bei den Softwarelizenznehmern nur einfache Nutzungsrechte. Im Software-Fall war der Hauptlizenznehmer insolvent. Die jeweiligen Kläger vertraten die nachvollziehbare Auffassung, die beklagten Unterlizenznehmer dürften Software resp. Musik nicht mehr nutzen, wenn der Vertrag mit dem Lizenzgeber, von dem sie, die Beklagten, ihre Nutzungsrechte ableiteten, nicht mehr bestehe. Der BGH hat dem widersprochen. Zwar falle mit der Beendigung des Lizenzvertrages das dem Lizenznehmer eingeräumte Nutzungsrecht automatisch zurück an den Lizenzgeber. Das ist sonst im Rechtsverkehr nicht so, vielmehr hat der ursprüngliche Rechteinhaber, z.B. der Verkäufer oder Vermieter einer Sache, nur einen Anspruch darauf, dass ihm das Eigentum und/oder der Besitz wieder eingeräumt werden. Im Urheberrecht gelte, so der BGH - in Abkehr von einer früheren Entscheidung, aber im Einklang mit der überwiegenden Mehrheit der Rechtsliteratur -, dieser Grundsatz jedoch nicht. Allerdings müsse der vertragstreue Unterlizenznehmer in seinem Vertrauen auf den Fortbestand des Nutzungsrechts geschützt werden.

Besonders im Fall der Insolvenz des Hauptlizenznehmers/Unterlizenzgebers ist das von erheblicher praktischer Bedeutung. Bestünde ein solcher Schutz nicht, würde das Nutzungsrecht des Unterlizenznehmers trotz eigener Vertragstreue entfallen, ohne dass er das verhindern könnte.

Zahlungen des Unterlizenznehmers an den Unterlizenzgeber, so der BGH, könne der Hauptlizenzgeber von seinem Vertragspartner herausverlangen, im Fall der Insolvenz allerdings nur im Verbund mit anderen Insolvenzgläubigern, als Masseanspruch.

Eine nicht unerhebliche Gesetzeslücke hat der BGH im Urteil „Kommunikationsdesigner" (Urt. v. 23.2.2012, Az. I ZR 6/11) geschlossen. Das UrhG sieht in § 32 vor, dass der oder die Urheber von ihrem Vertragspartner unter Umständen, dann nämlich, wenn die vereinbarte Vergütung unangemessen niedrig ist, einen Anspruch auf Einwilligung in eine angemessene Vergütung der Nutzung ihrer Werke haben. Wie aber, wenn der oder die Urheber nicht Vertragspartner des Nutzers sind? Der Fall kann in der Lizenzkette - die Urheber räumen einem anderen das Recht zur Nutzung ein, der einem Dritten, usw. - nicht vorkommen, wohl aber in dem gar nicht seltenen Fall, dass sich die Urheber zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammenschließen, um ihre Werke durch diese zu verwerten. Hierfür erhalten die Gesellschafter von der Gesellschaft regelmäßig überhaupt keine - ggf. nach § 32 UrhG anzupassende - Vergütung, weil der Gesellschaftsvertrag kein Austauschvertrag (Einräumung von Nutzungsrechten gegen Entgelt) ist, sondern ein Vertrag, der auf die gemeinsame Verwirklichung des Gesellschaftszwecks gerichtet ist. In dieser Situation hatte das Instanzgericht die Klage der Urheber zurückgewiesen; die Urheber hätten direkt mit dem Verwerter kontrahieren müssen. Der BGH hat das Urteil aufgehoben und zu erneuter Verhandlung zurückverwiesen. § 32 Abs. 1 S.3 UrhG, der den Anspruch auf Einwilligung in eine Vertragsänderung mit angemessener Vergütung vorsieht, sei auf diesen Fall entsprechend anzuwenden - wohl auch, so der BGH, auf eine OHG, wohl nicht, ohne dass es auf das eine oder andere angekommen wäre, auf eine GmbH.

Zuletzt hat der BGH den gleichfalls nicht seltenen Fall entschieden, dass über Leistungen - im Fall ging es um mittels Computers produzierte Musikstücke - Verträge in der Annahme geschlossen werden, die Leistungen seien urheberrechtlich geschützt. Manchmal ist das indes nicht der Fall.

Wenn sich herausstellt, dass kein Urheberrechtsschutz besteht - welchen Einfluss hat das auf den Fortbestand des Vertrages? Ist er unwirksam? Kann der „Lizenznehmer" wegen Irrtums anfechten, oder kündigen? Muss er weiter Lizenzgebühren zahlen? - Bei technischen Schutzrechten oder im Designrecht kommt das gleichfalls häufig vor, weil sich die Schutzfähigkeit einer Erfindung oder einer Gestaltung häufig nicht mit Sicherheit beurteilen lässt. Man spricht von „Leerübertragungen".

Hier gilt seit langem, dass die Wirksamkeit des Vertrages und die Zahlungspflicht des Nutzers nicht berührt werden. Jedenfalls dann und solange, wenn bzw. wie der Lizenznehmer durch den Vertrag faktisch eine Position erlangt, die der der Einräumung eines Nutzungsrechts an einer schutzfähigen Leistung gleich steht - der BGH spricht von einer „wirtschaftlichen Vorzugsstellung" -, bleibt der Vertrag, wie er ist. Das leuchtet z.B. bei einem Patent oder Geschmacksmuster ein, das nicht schutzfähig, wohl aber noch im Register eingetragen ist (sog. Scheinrecht). Der BGH überträgt diese Grundsätze nun auch auf das Urheberrecht. Regelmäßig kann der Vertrag allerdings außerordentlich gekündigt werden, und dann erlischt auch die Zahlungspflicht des „Lizenznehmers". Etwas anders gilt allerdings, und so war es im vorliegenden Fall, wenn die Parteien - hier ging es um den GEMA-Berechtigungsvertrag - ausdrücklich vereinbart haben, dass eine Vergütung nur für die Einräumung von Rechten an tatsächlich schutzfähigen Werken geschuldet sein soll. Dann ist, wenn sich die Schutzunfähigkeit herausstellt, auch kein Nutzungsentgelt geschuldet (BGH Urt. v. 2.2.2012, I ZR 162/09 - Delcantos Hits).

(BGH, Urteile vom 19.7.2012 - Az. I ZR 24/11 und I ZR 70/10; Urteil vom 23.2.2012 - I ZR 6/11; Urteil vom 2.2.2012 - I ZR 162/09)
Dr. Kristofer Bott, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

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