November 2014 Blog

Vereinbarung über Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 7 % der Auftragssumme ist unwirksam

AGB Klauseln des Auftraggebers in einem Bauvertrag, wonach Gewährleistungsansprüche bis zur vorbehaltlosen Annahme der Schlusszahlung durch den Auftraggeber durch eine Bürgschaft in Höhe von
7 % der Auftrags- bzw. Abrechnungssumme gesichert sind, benachteiligen den Auftragnehmer unangemessen und sind daher unwirksam.

Sachverhalt

Der der Entscheidung zugrunde liegende Bauvertrag sieht in den Besonderen Vertragsbedingungen vor, dass der Auftragnehmer nach Vertragsschluss eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 5 % der Auftragssumme zu stellen hat, die neben Vertragserfüllungs- auch Gewährleistungsansprüche absichert. Zusätzlich ist ein Gewährleistungseinbehalt in Höhe von 2 % der Abrechnungssumme vereinbart, die durch eine Gewährleistungsbürgschaft abgelöst werden kann. Die Rückgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft ist unter anderem an die Bedingung geknüpft, dass der Auftraggeber die Schlussrechnung vorbehaltlos annimmt.

Entscheidung des BGH

Der BGH bestätigt und verschärft in seinem Urteil vom 1. Oktober 2014 seine am 5. Mai 2011 ergangene Entscheidung, nach der Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers, wonach Gewährleistungs- und Überzahlungsansprüche des Auftraggebers bis zur vorbehaltlosen Abnahme der Schlussrechnung in Höhe von 10 % der Auftrags- bzw. Abrechnungssumme gesichert sind, den Auftragnehmer unangemessen benachteiligen und deshalb unwirksam sind.

Die Übersicherung des Auftraggebers bzw. die unangemessene Benachteiligung ergeben sich daraus, dass die Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers nicht nur durch die Gewährleistungs-, sondern auch durch die Vertragserfüllungsbürgschaft abgesichert werden. Da die Rückgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft erst nach der vorbehaltlosen Annahme der Schlussrechnung erfolgen muss, kann der Auftraggeber diese auch noch längere Zeit nach der Abnahme behalten. Eine vorbehaltlose Annahme der Schlussrechnung ist keinesfalls selbstverständlich und diesbezügliche Streitigkeiten können sich unter Umständen mehrere Jahre hinziehen. Der Auftraggeber hätte dann für diesen Zeitraum (Gewährleistungs-)Bürgschaften in Höhe von insgesamt 7 % der Auftrags- bzw. Abrechnungssumme in der Hand.

Das widerspricht der Rechtsprechung des BGH, wonach Gewährleistungsbürgschaften (für den Zeitraum nach der Abnahme) maximal 5 % der Auftrags- bzw. Abrechnungssumme betragen dürfen.

Die streitgegenständliche Sicherungsabrede, wonach Bürgschaften zur Sicherung von Gewährleistungsansprüchen in Höhe von insgesamt 7 % der Auftrags- bzw. Abrechnungssumme gestellt werden müssen, benachteiligt den Auftragnehmer mithin unangemessen und ist deshalb unwirksam. Folge der Unwirksamkeit der Sicherungsabrede ist der ersatzlose Wegfall der Verpflichtung zur Stellung einer Vertragserfüllungs- bzw. Gewährleistungsbürgschaft.

Fazit und Ausblick

Der BGH bestätigt mit dieser Entscheidung noch einmal, dass die Kumulation mehrerer Sicherheiten - die isoliert betrachtet wirksam sind - zur Unwirksamkeit der entsprechenden Sicherungsabreden führen kann. 

Die streitgegenständlichen Regelungen der Besonderen und Zusätzlichen Vertragsbedingungen stammen aus dem Vergabehandbuch des Bundes. Da öffentliche Auftraggeber die Regelungen des Vergabehandbuchs vereinbaren, wirkt sich die Entscheidung auf eine Vielzahl von Verträgen aus.

(BGH, Urteil vom 01. Oktober 2014 - VII ZR 164/12;
BGH Urteil vom 05. Mai 2011 - VII ZR 179/10)

Melanie Eilers, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht

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