Vorsicht bei Unterlassungserklärungen
Wer sich vertraglich verpflichtet, bestimmte Handlungen zu unterlassen, kann seine Verpflichtung nicht mit dem Argument beseitigen, sie habe von Gesetzes wegen eigentlich gar nicht bestanden. Etwas anderes gilt nur, wenn sich nachträglich wesentliche Umstände ändern, insbesondere das Gesetz oder die höchstrichterliche Rechtsprechung dazu. Diesen Grundsatz hat der Bundesgerichtshof in einer markenrechtlichen Auseinandersetzung bekräftigt.
Der Beklagte, auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Anspruch genommen, wurde mit dem – zutreffenden – Argument nicht gehört, sein Verhalten sei eigentlich gar keine Markenverletzung gewesen. Er hatte aber eine Unterlassungserklärung abgegeben.
Es ist eigentlich selbstverständlich. Eine Unterlassungsverpflichtung, auch wenn sie auf eine Abmahnung hin oder sonst im Wege einer Unterlassungserklärung eingegangen wird, ist Teil eines Vertrages. Einen Vertrag kann man nicht einseitig deshalb beenden, weil man ihn in Kenntnis der Rechtslage nicht abgeschlossen hätte, erst recht nicht, wenn man ihn in tentativ zutreffender Einschätzung der Rechtslage gleichwohl abgeschlossen hat, etwa, um einen Rechtsstreit zu vermeiden. Die eigenen Rechte und Pflichten vor Abschluss eines Vertrages zu prüfen, obliegt jeder Vertragspartei selbst. Ein Irrtum darüber berechtigt weder zur Anfechtung, noch zur Kündigung des Vertrages, und stellt auch keinen Wegfall der Geschäftsgrundlage dar.
Diese Grundsätze müssen vor Abschluss einer Unterlassungsverpflichtung besonders erinnert werden. Zwar haben nämlich Unterlassungserklärungen den Vorteil, einen Rechtsstreit ohne Inanspruchnahme der Gerichte, also jedenfalls ohne darauf entfallende Kosten beizulegen. Deshalb sind sie verführerisch. Der Kaufmann schließt lieber Verträge, kümmert sich um den Geschäftsbetrieb und gibt kein Geld für Gerichte aus. Allerdings gilt die Unterlassungsverpflichtung im Prinzip zeitlich unbeschränkt und ziehen schuldhafte Verstöße – einfache Fahrlässigkeit reicht - typischerweise die Pflicht zur Zahlung einer Vertragsstrafe nach sich. Nicht möglich ist, sich unter Vorbehalt späterer Prüfung der Rechtslage zu verpflichten. Eine Unterlassungserklärung muss bedingungslos abgegeben werden, sonst lässt sie den Unterlassungsanspruch - wenn ein solcher besteht - nicht entfallen.
Dem Urteil lag ein Sachverhalt zugrunde, der in Markensachen häufig ist, nämlich die Benutzung eines mit einer eingetragenen Marke nur teilweise übereinstimmenden Zeichens. Die Beklagten nutzten eine Wortkombination, fishtail-parka, u.a. in Domains, um Textilien zu verkaufen, nämlich u.a. Parkas, die ihres Aussehens wegen als Fishtail-Parkas bezeichnet werden. Für den Kläger war und ist eine Marke „fishtailparkas“ eingetragen. Diese Marke ist aber schutzfähig nur deshalb, weil sie über einen zusätzlichen, unterscheidungskräftigen Bildbestandteil verfügt, siehe hier.
Das – für fishtailparkas - beschreibende Wort „fishtailparka“ ist also – für fishtailparkas - nicht geschützt und nicht schutzfähig, vielmehr frei verwendbar. Den Bildbestandteil hatten die Beklagten nicht verwendet. Deshalb hätte man ihnen die Benutzung der Wörter nicht gerichtlich verbieten können. Gleichwohl gingen die Beklagten, um die Sache günstig zu lösen, eine Unterlassungsverpflichtung ein. Später versuchten sie, die Marke löschen zu lassen, weil sie beschreibend sei. Das Patent- und Markenamt (DPMA) teilte die Auffassung der Klägerin, dass „fishtailparkas“ als Marke nicht schutzfähig sei, löschte die Marke aber nicht, eben des zusätzlichen Bildbestandteils wegen. Die Beklagten meinten, bei dieser Sachlage sich an die Unterlassungserklärung nicht halten zu müssen, und nutzten „fishtailparkas“ weiterhin. Der Klage des Markeninhabers auf Zahlung einer Vertragsstrafe gab der BGH in letzter Instanz recht, mit den eingangs wiedergegebenen Grundsätzen. Dass die Unterlassungserklärung nicht hätte abgegeben werden müssen, weil eine gesetzliche Unterlassungspflicht (aus dem Markengesetz) nicht bestand, rechtfertigt nicht, die gleichwohl eingegangene vertragliche Verpflichtung aufzuheben, erst recht dann nicht, wenn die Beklagten, so der BGH, in Kenntnis der Zweifelhaftigkeit des aus wirtschaftlichen Erwägungen auf eine gerichtliche Klärung verzichten.
Zuletzt stellte der BGH fest, dass dann, wenn – wie vorliegend – die Gesellschaft aufgrund des Handelns ihrer Organe, z.B. ihres Geschäftsführers, haftet, eine Vertragsstrafe nicht sowohl von ihr, als auch von den handelnden Organ geschuldet wird, sondern nur einmal. Gesellschafter und Organ haften als Gesamtschuldner, der Gläubiger kann sich den Schuldner aussuchen.
(BGH Urteil v. 8. Mai 2014 – I ZR 210/12 – fishtailparka)
Dr. Kristofer Bott, Rechtsanwalt, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz