Wasserstoffprojekte im Rahmen der TEN-E Verordnung
Seit dem 28. April 2024 ist die neue Delegierte Verordnung (EU) 2024/1041 der Kommission (die „Unionsliste“) zur Verordnung (EU) 2022/869 zu Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur (TEN-E Verordnung) in Kraft. Erstmals umfasst die Liste auch 65 Elektrolyseure und Wasserstoffinfrastrukturprojekte.
Hintergrund der Unionsliste
Mit der TEN-E Verordnung soll die Energieinfrastruktur der europäischen Mitgliedsstaaten durch grenzüberschreitende Projekte ausgebaut und verbunden werden. Es soll der Energiebinnenmarkt gefördert, die Versorgungssicherheit gestärkt sowie erneuerbare Energien integriert und gefördert werden.
Die TEN-E Verordnung ist anwendbar auf die Vorhaben, die in der Unionsliste aufgeführt werden. Alle zwei Jahre erlässt die EU Kommission – gestützt auf Artikel 3 Absatz 4 der TEN-E Verordnung – im Rahmen eines delegierten Rechtsaktes die Unionsliste. Sie benennt dort die Projects of Common Interest (PCI) und Projects of Mutual Interest (PMI). PCI sind wichtige Infrastrukturvorhaben, die den europäischen Binnenmarkt vollenden sollen. PMI sind grenzüberschreitende Energieinfrastrukturprojekte von der EU mit Drittländern (z.B. Großbritannien).
Priorisierung im Genehmigungsverfahren und Transparenz
Die Vorhaben, die als PCI bzw. PMI in der Unionsliste aufgeführt werden, profitieren von diesem Status aus verschiedenen Gründen. Im Rahmen der Genehmigungsverfahren erhalten sie nach Artikel 7 Absatz 3 der TEN-E Verordnung den national höchstmöglichen Status. In Deutschland bedeutet das zum Beispiel, dass sie im überragenden öffentlichen Interesse liegen. Zudem regelt die TEN-E Verordnung zahlreiche Fristen für das Genehmigungsverfahren, das in einen Vorantragsabschnitt und den formalen Genehmigungsabschnitt unterteilt wird. Insgesamt soll das Genehmigungsverfahren maximal dreieinhalb Jahre dauern, die Fristen können aber verlängert werden.
Außerdem sollen die Mitgliedstaaten für die PCI und die PMI eine zentrale Anlaufstelle („One-Stop-Shop“) einrichten, Artikel 8 Absatz 1 TEN-E Verordnung. Dieser dient der Optimierung der Genehmigungsverfahren und soll als zuständige nationale Behörde im Interesse der Effizienz und Transparenz und einer verbesserten Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten die Verfahren koordinieren und erleichtern. In Deutschland übernimmt diese Aufgabe die Bundesnetzagentur. Die Bundesnetzagentur agiert in diesem Zusammenhang als Kontaktstelle zwischen den zuständigen Behörden in Deutschland, den zentralen Anlaufstellen/One-Stop-Shops anderer Mitgliedsstaaten und der Kommission. Die Bundesnetzagentur ist als One-Stop-Shop nicht zwingend auch Genehmigungsbehörde. Die nationalen Zuständigkeiten werden durch die TEN-E Verordnung nicht geändert.
Ein weiteres Ziel der TEN-E Verordnung ist, in allen relevanten Angelegenheiten der Genehmigungsverfahren für PCI7PMI höchstmögliche Standards in Bezug auf Transparenz und die Beteiligung der Öffentlichkeit sicherzustellen. So soll gemäß Artikel 9 Absatz 4 der TEN-E Verordnung vor Beginn des Genehmigungsverfahrens mindestens eine Anhörung der Öffentlichkeit (Vorabkonsultation) durchgeführt werden. Darüber hinaus soll der Vorhabenträger ein eigenes Konzept für die Beteiligung der Öffentlichkeit erstellen.
Förderung
PCI und PMI können EU-Förderungen erhalten, soweit sie die Anforderungen des Fonds Connecting Europe Facility (CEF) erfüllen. Der CEF ist ein Fonds der Europäischen Union. Er soll den Ausbau transeuropäischer Transport-, Energie- und digitale Infrastrukturnetze für unionsweite Infrastrukturinvestitionen und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bereich erneuerbarer Energie fördern. Die Vorhabenträger der PCI und PMI können im Rahmen der jährlich veröffentlichten Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen die Finanzhilfen beantragen. Für die Erteilung der Fördermöglichkeit wird der Beitrag zur Erreichung der Klimaziele zur Dekarbonisierung bewertet und geprüft, in welchem Stadium sich das Vorhaben befindet. Maßgeblich für die Entscheidung ist obendrein die Höhe des Finanzbedarfs.
Vorhaben der Unionsliste
Zu den erstmals enthaltenen Wasserstoffinfrastrukturprojekten zählen unter anderem „Baltic Sea Hydrogen Collector“, „AquaDuctus“ und die „CHE Pipeline“. Die Wasserstoffverbindungsleitung „Baltic Sea Hydrogen Collector“ verbindet Schweden, Finnland und Deutschland über eine Offshore-Wasserstoff-Pipeline im Ostseeraum. Mit dem Projekt „Aquaductus“ soll eine Offshore-Wasserstoffpipeline in der deutschen Nordsee gebaut werden, die große Mengen an in der Nordsee gewonnenen grünem Wasserstoff zum europäischen Festland und der dort entstehenden Wasserstoffinfrastruktur transportieren soll. Von der norwegischen Westküste (Mongstad/Kollsnes) nach Norddeutschland soll die Offshore-Wasserstoff-Pipeline „CHE Pipeline“ entstehen.
Fazit und Ausblick
Der Status als PCI und PMI in der Unionsliste sorgt für schnellere Genehmigungsverfahren und die Möglichkeit der Koordinierung durch den „One-Stop-Shop“. Die Öffentlichkeit wird frühzeitig beteiligt und das Zulassungsverfahren für die Infrastrukturprojekte transparent gestaltet. Die EU fördert PCI und PMI im Rahmen des Connecting Europe Facility Programm.
Mit der Einbeziehung als PCI und PMI in die Unionsliste zur TEN-E Verordnung treibt die EU Wasserstoffinfrastrukturprojekte weiter voran. Dies ist ein weiterer wichtiger Schritt für die Dekarbonisierung der EU-Industrie und für eine sichere und nachhaltige Energieversorgung. Die EU möchte dadurch den Anteil an erneuerbarem und Co2-armen Wasserstoff deutlich steigern.